W er zum ersten Mal das satte Gelb einer Schafstelze sieht, denkt vielleicht an einen entflogenen Kanarienvogel, der nicht in unsere Landschaft gehört. Die Schafstelze ist aber eine Verwandte unserer bekannten farblosen Bachstelze, die gern über kurzen Rasen und Hofplätze spaziert.
Die Schafstelze dagegen meidet menschliche Siedlungen, lebt als Bodenbrüter in der Agrarlandschaft. Die Jungen hält es nicht lange in der schönen, sorgfältig mit Haaren ausgekleideten Nestmulde.
Bevor sie fliegen können, rennen sie schon am Boden umher. So erwischt ein möglicher Feind nicht gleich die ganze Brut.Als die Schafstelze vor 30 Jahren selten geworden war, ist etwas passiert, was die Vogelkundler total überrascht hat: Der einstige Wiesenvogel hat erfolgreich Ackerflächen besiedelt. So erfolgreich, dass es jetzt fünfmal so viele Schafstelzen gibt wie damals. Weithin offen muss die Landschaft sein, von Waldrändern hält die Stelze mindestens 100 Meter Abstand ein. Einzelne Büsche und kleine Bäume werden aber gern als Sitzwarte angenommen.
Die heutigen Getreide- und Rapsfelder sind nahezu frei von Wildkräutern und deswegen leben dort immer weniger Insekten. Ob ökologische Landwirtschaft die Bedingungen für Feldvögel wie Schafstelze, Feldlerche und Rebhuhn verbessern kann? Das untersuchen seit 16 Jahren Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität Kiel, gesponsert von Günther Fielmann, der das Projekt auf seinem Ökolandbaubetrieb Hof Ritzerau ins Leben gerufen hat. 40 Brutpaare der Schafstelze haben die Forscher auf der ehemaligen Domäne gezählt.
TEXT: KARSTEN GÄRTNER/FOTO: WOLFGANG BUCHHORN
LN