Hoher Besuch aus Kiel auf dem Campus – Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz informierte sich bei einem Laborrundgang über ein neues Verfahren zur Zellvermehrung, das an der Lübecker Fraunhofer Einrichtung für Marine Biotechnologie und Zelltechnik (EMB) erfunden wurde. Mit der Produktion von Zellbiomasse in Bioreaktoren können künftig neue Geschäftsfelder für die Medizin, Kosmetik, Diagnostik und die Nahrungsmittelindustrie erschlossen werden. Im Gespräch mit Institutsleiter Prof. Charli Kruse wurde erörtert, wie auch Schleswig-Holsteins Unternehmen von dieser „Plattformtechnologie“ profitieren können.
Zellen sind der wichtigste Baustein einer Vielzahl biotechnologischer Prozesse und sind darüber hinaus ein nachwachsender Rohstoff. Im klinischen Bereich werden für innovative Zelltherapien humane Zellen benötigt, die therapeutisch angewendet werden können. So werden für die neuen Immuntherapien gegen Krebs in speziell kontrollierten Laboren und streng überwachten Verfahren Immunzellen des Patienten vermehrt. Für die Produktion von Impfstoffen sowohl in der Human- also auch in der Veterinärmedizin werden Zellen aus verschiedenen Organismen benötigt. Beispielsweise lassen sich in Fischzellen Impfstoffe für Fische herstellen, die in Aquakulturen gezüchtet werden. Sogar für die Lebensmittelindustrie wird aktuell diskutiert, ob die Züchtung von Zellbiomasse in Bioreaktoren künftig die klassische Tierhaltung zur Fleischproduktion ergänzen könnte. Einige Start-up-Firmen in Holland, Israel oder den USA züchten bereits Muskelgewebe aus Stammzellen, um es als sogenanntes In-vitro-Fleisch oder Clean Meat auf den Markt zu bringen.
Patentiertes Verfahren
Forscherinnen und Forscher der Fraunhofer EMB haben nun eine Technik entwickelt, mit der Zellen in einem Bioreaktor vermehrt werden können. Mittlerweile ist das Verfahren patentiert. Sobald Zellen preiswert und in großen Mengen erzeugt werden können, eröffnen sich dadurch ganz neue Geschäftsfelder und Märkte. Buchholz zeigte sich bei seinem Rundgang beeindruckt. Im Gespräch mit Institutsleiter Kruse wurden weitere wirtschaftsrelevante Themen diskutiert. Beispielsweise stehen unter dem Begriff der nachhaltigen Wirtschaft vor allem Produktionsprozesse im Fokus, die Kreislaufsysteme einsetzen. Die kontrollierte Aufzucht von aquatischen Organismen in Aquakulturen wird für die Lebensmittelproduktion immer wichtiger. Die EMB setzt hier auf integrierte Kreislaufanlagen, die eine nachhaltige Produktion verschiedenster Organismen ermöglichen, wie zum Beispiel Fische und Gemüse (Stichwort Aquaponik) oder Fische, Algen und Muscheln (Salzwasser). Die Entwicklung neuer Technologien für die Aquakultur hat auch für Schleswig-Holstein Potenzial.
Michael Hollinde