Lübeck. Mit einer Randbemerkung auf dem jüngsten SPD-Kreisparteitag lässt der gerade wiedergewählte Kreisvorsitzende Thomas Rother aufhorchen. Rother lobte zunächst vor 100 Delegierten die „herausragende Zusammenarbeit mit den Grünen auf Landesebene“, um dann festzustellen: „Mit den Grünen in Lübeck klappt das nicht.“ Die Konsequenz des Vorsitzenden: „Wir wollen in Zukunft klassische, grüne Themen besetzen, um den Wählern der Grünen ein Angebot zu machen.“
„Wir wollen Themen besetzen, die das grüne Klientel ansprechen.“ Thomas Rother (SPD)
Eine Kampfansage — so ganz nebenbei. Auf LN-Anfrage präzisiert Rother: „Wir wollen verstärkt ökologische Themen in unseren Blickpunkt rücken.“ Der Landschaftsschutz gehört dazu, auch das Thema Elektromobilität sowie die Kulturpolitik. Die SPD sitze in den Aufsichtsräten der städtischen Gesellschaften, in denen diese Themen vorangebracht werden könnten. „Mit den Grünen funktioniert die Zusammenarbeit nicht, weil es innerhalb der Partei unterschiedliche Auffassungen gibt und die Verlässlichkeit fehlt“, sagt Rother. SPD-Fraktionschef Jan Lindenau stößt ins gleiche Horn und kritisiert, „dass die Grünen immer nur Grundsatzdiskussionen führen, die SPD dagegen die Themen konkret vorantreibt“.
Die Umweltpartei reagiert auf die Ankündigungen ausgesprochen entspannt. „Wenn es der Umwelt zugute kommt, haben wir nichts dagegen“, erklärt die Vorstandssprecherin der Grünen, Stephanie Göhler.
„Schön, wenn wir Verbündete bei diesem Thema gewinnen“, sagt Grünen-Fraktionschef Thorsten Fürter. Bislang würden sich die anderen Fraktionen im Rathaus mit umweltpolitischen Vorstößen sehr zurückhalten. Im zuständigen Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung würden die Politiker der Konkurrenz eher sicherheitspolitische Themen vorantreiben.
Tatsächlich steckt hinter der Kampfansage der Sozialdemokraten etwas anderes. Das Verhältnis der einstigen Bündnispartner ist angespannt. Seit in der Bürgerschaft mit wechselnden Mehrheiten und ohne feste Koalitionen Politik gemacht wird, haben die Sozialdemokraten empfindliche Niederlagen einstecken müssen. Im Februar verhinderten auch die Grünen, dass die Schaffung einer Beschäftigungsgesellschaft wenigstens geprüft wird. Die Sorge um Langzeitarbeitslose ist ein SPD-Kernthema. Bei der Schließung von zwei städtischen Altenheimen in den nächsten Jahren stimmten die Grünen mit der CDU, während die SPD die Häuser unbedingt halten wollte. Das Millionenprojekt Kailine stoppten CDU und Grüne gegen die SPD. Auch bei der millionenschweren Sanierung der Musik- und Kongresshalle (MuK) gerieten sich Sozialdemokraten auf der einen und CDU sowie Grüne auf der anderen Seite in die Haare. Bei der jüngsten Senatorenwahl fühlten sich die Grünen von der SPD vorgeführt.
„Die Kommunikation mit den anderen Fraktionen funktioniert besser als die mit der SPD“, sagt Thorsten Fürter. Auch zu Zeiten gemeinsamer Bündnisse sei nicht alles harmonisch gewesen. „Die SPD hat einen fügsamen Juniorpartner erwartet“, berichtet Fürter.
Angefressen ist die SPD, weil die Grünen im nächsten Bürgermeister-Wahlkampf zusammen mit der CDU und anderen Fraktionen einen Kandidaten aufstellen wollen. „Die Anzeichen verdichten sich, dass Bernd Saxe wieder antritt“, erklärt Fürter, „und bei den Grünen gibt es nicht viele Saxe-Freunde.“ Deshalb solle es einen Bewerber gegen Saxe geben. SPD-Vorsitzender Rother: „Auf diese Ankündigung reagieren wir.“
Von Kai Dordowsky