Lübeck. Den immer gleichen Weg zur Arbeit, zum Supermarkt oder zur Kita kennen wir, wie unsere Haustür. Tausendmal gesehen und doch nicht richtig. Für Ingo Schaffenberg (45) ist das anders. Der Lübecker veröffentlicht im Internet jeden Tag ein neues Foto aus Lübeck, aufgenommen in den Straßen der Stadt, auf einem seiner alltäglichen Wege. Über 700 Ansichten sind so schon entstanden.
„Für mich ist das Fotografieren wie eine Atempause zwischen meinen sonstigen Verpflichtungen“, sagt der Mann, der davon nicht wenige hat: er ist Krankenpfleger am UKSH, SPD-Politiker, Sprecher des Vereins Lübecker Flüchtlingshilfe, Hausmann und Vater von Charlotte Marie (2). „Wenn ich zur Arbeit oder zur Kita fahre, nehme ich mir immer etwas mehr Zeit und schaue nach Motiven“, erklärt er sein Vorgehen und hat immer „nur“ sein Smartphone dabei. Keine Spiegelreflex, keinen Blitz, kein Stativ.
Seine Fotos sind Momentaufnahmen und entstehen aus einem Gefühl heraus und innerhalb von Minuten. Aber sie sind kein Produkte der Eile. „Der Kopf muss frei sein“, betont der Kreative. Wenn er dann ein spannendes Motiv entdeckt, lässt er es ein, zwei Minuten auf sich wirken, denkt über Perspektiven nach und speichert das Bild auf seinem iPhone. „Das Bearbeiten mache ich erst abends, wenn das Kind schläft und ich etwas Ruhe habe.“ Für die Bearbeitung hat er sich Apps aufs iPhone geladen und teilt die Fotos danach auf Online-Diensten sozialen Netzwerken und Kurznachrichtendiensten.
„So schicke ich jeden Tag ein neues Bild von unserer Stadt raus“, sagt der Hobbyfotograf, „aber nicht alle sind aktuell.“ Manchmal macht er mehrere an einem Morgen, manchmal tagelang keins. Aber gepostet wird jeden Tag ein neues Motiv. Aufgrund vieler positiver Rückmeldungen will er jetzt gemeinsam mit Dennis Forte (26) von der Agentur für Druck und Medien „druck.foryu“ eine Website aufbauen, um auch Fotos zum Verkauf anzubieten. Außerdem ist die Fotografin Margret Witzke (54) auf ihn aufmerksam geworden. „Ich schaue mir seine Arbeiten seit zwei Jahren an und finde es klasse, wie er immer neue Motive in der Stadt findet.“ Eine Auswahl davon will sie nun Anfang Mai in ihrem Studio in der Fischergrube 23 ausstellen.
Selber als Fotograf zu arbeiten, das hat der 45-Jährige bisher nicht in Erwägung gezogen. „Obwohl ich familiär ,vorbelastet‘ bin.“ Sein Vater hatte in der ehemaligen DDR ein Fotolabor und Schaffenberg junior hat noch gelernt, wie man Fotos entwickelt. „Ich habe heute noch den Formaldehyd-Geruch in der Nase.“ Außerdem ist seine Schwester Fotografin in Magdeburg. Irgendwann sah sie seine Bilder und sagte zu ihm: „Wow, du machst das ja richtig gut. Das wusste ich gar nicht.“ Und Schaffenberg bescheiden: „Ich auch nicht.“
Tipps und Tricks für das Bearbeiten von Fotos
1 Foto aus Lübeck veröffentlicht Ingo Schaffenberg jeden Tag neu. So sind in den vergangenen zwei Jahren über 700 Motive entstanden.
Das Wichtigste dabei ist für ihn nicht großes Equipment, sondern der Blick für das Wesentliche. Trotzdem verrät der Hobbyfotograf gerne mit welchen Tricks und Kniffen er arbeitet.
Für fast alle seine Fotos wählt der Kreative die Einstellung HDR (High Dynamic Range Image). So entstehen Hochkontrastbilder, bei denen große Helligkeitsunterschiede detailreich wiedergegeben werden.
Als kostenlose Apps zur Bildbearbeitung empfiehlt er „Snapseed“ und „Color effects“. Es gibt aber noch diverse weitere. Der Lübecker hat sie auf seinem iPhone gespeichert und nutzt unterschiedliche Effekte oder Filter zur nachträglichen Gestaltung. In der Regel schärft er die Details und entscheidet sich je nach Motiv für Schwarzweiß, Drama, Grunge oder andere Möglichkeiten.
Schaffenberg betont, dass er meist nur ein paar Minuten in die Gestaltung investiert.
Zur Veröffentlichung nutzt der Lübecker Instagram (instagram.com/schaffenberg), Twitter (@schaffenberg) und Facebook. Seine Website (moin-hl.de) befindet sich im Aufbau.
Cosima Künzel