Lübeck. Von Anfang an im Einsatz für das Gesundheitsmobil ist das Lübecker Ehepaar Schröter. „Wir kamen nach sechs Jahren aus Mallorca zurück und wollten etwas tun, wollten uns engagieren“, sagt Dr. Dietrich Schröter, Internist im Ruhestand. Jetzt sitzt der 77-Jährige mit seiner Frau Hannelore (73), die gelernte Krankenschwester ist, im Wohnzimmer der hübschen Wohnung in der Wallstraße. Damals sahen beide ein Bild des soeben aus der Taufe gehobenen Gesundheitsmobils – und wussten sofort: „Das machen wir.“ Seitdem sind Schröters jeden Montag mit dem Gesundheitsmobil in Kücknitz im Einsatz, in der Eisenstraße und bei der Tafel-Ausgabe am Schlesienring.
Gerade die Eisenstraße sei ein Gebiet, in dem viele Alkoholkranke und Drogenabhängige lebten sowie Familien, die mit drei Generationen Hartz IV beziehen, sagt Schröter. Menschen, die sich aus Scham oder in Ermangelung der entsprechenden Körperwahrnehmung nicht in normale Arztpraxen trauten. Barrieren, die wegfallen, wenn sie sich in die Obhut der ehrenamtlichen Helfer des Gesundheitsmobils begeben.
Anfangs, erzählt Hannelore Schröter, sei die Klientel zwar skeptisch gewesen, doch das habe sich schnell gegeben. Man duze sich, bekomme viel Dank und Lob für den Einsatz. „Die Organmedizin“, sagt Internist Schröter, „ist das Geringste. Viele kommen unter irgendeinem Vorwand, wollen aber eigentlich nur reden – über Eheprobleme oder darüber, dass ihnen die eigenen Kinder entgleiten.“ Wenn das engagierte Lübecker Ehepaar zur Tafel-Ausgabe fährt, trifft es auf etwas andere Menschen. „Da gibt es viel Altersarmut, viel Scham“, sagt Hannelore Schröter.
Klassische Besucher des Gesundheitsmobils – stadtweit. Einige wenige Menschen hätten keine Krankenversicherung, erzählt Hannelore Schröter, „oft sind es ehemals Selbstständige, die privat versichert waren und sich das nach einer Insolvenz nicht mehr leisten können.“ Im Gesundheitsmobil erfolgt die Erstversorgung. Da werden dann auch einmal Verbände gewechselt, Schmerztabletten oder Antibiotika ausgegeben. „In akuten Fällen“, sagt Dietrich Schröter, „schicken wir die Leute zu Fachärzten – wir haben ein gutes Netzwerk von niedergelassenen Ärzten.“
Wenn Hannelore und Dietrich Schröter die vergangenen zehn Jahre Revue passieren lassen, dann fallen ihnen negative Erlebnisse – wie der Tod von mehreren Gesundheitsmobil-Besuchern – und viele positive ein. „Wir haben sehr viel Dankbarkeit erfahren, die Arbeit hat uns viel Freude gemacht“, sagt Hannelore Schröter. Und was beiden aufgefallen ist: „Die Menschen, denen es wirklich schlecht geht, schmieden sich zusammen und helfen einander, so gut sie können.“
Jetzt, zum Zehnjährigen des Gesundheitsmobils, hören Schröters auf. Es sei für sie eine Zäsur, künftig möchten sie mehr Zeit für die Enkelkinder haben. Zudem möchte Schröter, der leidenschaftlicher Jazztrompeter ist, sich noch mehr seinem Hobby – er spielt in verschiedenen Bands – widmen.
Das Gesundheitsmobil jedoch muss weiterlaufen. Noch befindet es sich in der Projektphase, wird bislang durch Stiftungsgelder und Spenden finanziert. Die Förderung durch die Damp-Stiftung läuft Ende 2017 aus. Das heißt: Aktuell ist die Fortsetzung gefährdet. Diakoniepastorin Dörte Eitel: „Im öffentlichen und politischen Bewusstsein erfährt das Gesundheitsmobil seit langem eine hohe Wertschätzung. Es wäre wünschenswert, wenn sich verantwortliche Gremien in dieser Situation für uns stark machen würden.“ Projektleiterin Sabine Gritzka wird deutlicher: „Ich würde mir wünschen, dass wir den Status eines Projektes verlieren und zu einer Einrichtung werden, die durch öffentliche Mittel finanziert wird und fest im Gesundheitssystem integriert ist.“
Feier in den Media Docks
„Zehn Jahre Gesundheitsmobil – Gemeinsam gegen Armut“ heißt die Veranstaltung, die am Mittwoch, 27. September, um 19 Uhr in den Media Docks beginnt. Vorgesehen ist ein Gespräch mit Sven Schindler, dem Arzt und Sozialwissenschaftler Prof. Gerhard Trabert sowie Vertretern der Vorwerker Diakonie, der Tafel, der Gemeindediakonie und der Johanniter-Unfallhilfe. Anmeldung unter Telefon 0451/88067203 oder per E-Mail an rose-oertel@gemeindediakonie-luebeck.de. oder waldeck@gemeindediakonie-luebeck.de.
Sabine Risch