Burg a. F. Ausgerechnet im Burger Feuerwehrhaus – wo Politik eigentlich nichts zu suchen hat – ging es Montagabend kräftig zur Sache. Dorthin war der Bau- und Umweltausschuss ausgewichen, um vor großem Publikum das Streitthema Windkraft neu aufzurollen. Mit doppelter Stoßrichtung: Zuerst mussten drei befangene Inselpolitiker (zwei von der CDU, einer von der FWV) den Raum verlassen, danach setzte die Ausschussmehrheit neue Abstandsregelungen durch.
„Der Schutz der Menschen ist mir wichtig.“ Andreas Herkommer
Ein heftiger Kraftakt mit zähem Vorspiel: Mehrere Beschlüsse der März-Sitzung mussten wiederholt werden. Denn die Kommunalaufsicht hatte hinterher die Befangenheit von Kommunalpolitikern angemahnt, die oder deren Familien von der Windkraft profitieren.
Der seit Wochen tobende Streit darüber mit dem Ausschuss-Vorsitzenden Andreas Herkommer (SPD) eskalierte, als Reiner Haselhorst (FWV) beklagte, ihm seien Sitzungsunterlagen vorenthalten worden.
Bürgermeister Jörg Weber (SPD) stärkte der Verwaltung den Rücken: Dies sei kurzfristig nach Rücksprache mit dem Kieler Innenministerium veranlasst worden.
Verdutzte Gesichter überall – denn geheim sind die Fakten, die von jedem im Internet abrufbar sind, nicht. Herkommer räumte ein: „Es ist sicherlich ein symbolischer Akt.“ Nachdem die Betroffenen seine früheren Hinweise zur Befangenheits-Frage nicht ernst genommen hätten, bräuchte sich aber niemand wundern, dass die Kommunalaufsicht darauf reagiere.
Die Gemüter beruhigte das überhaupt nicht. Gunnar Mehnert (WUW) regte an, vorm Verwaltungsgericht endlich eine „saubere Entscheidung“ zu holen. Aber auch Mehnert kritisierte, einige Ausschussmitglieder seien ihrer „ethischen Verpflichtung“, sich selbst für befangen zu erklären, nicht nachgekommen.
Als das Trio Christiane Dittmer, Hinnerk Haltermann und Reiner Haselhorst den Saal verlassen hatte, überraschte die SPD mit einem eigenen Antrag. Er sieht vor allem bei den „Kernorten“ Burg, Petersdorf und Landkirchen einen Mindestabstand zur Windkraft von 1500 Meter und bei allen anderen Orten von 1000 Meter vor. Dazu gehören ausdrücklich auch sogenannte „Splittersiedlungen“ wie Altenteil, wo sich energischer Widerstand formiert hat, weil Windparks womöglich bis zu 400 Meter an Einzelhäuser heranrücken. Zudem will die SPD die maximale Höhe der Windkraftanlagen auf 150 Meter begrenzen.
Mehnert schlug vor, die Abstandsregelung auf zehn mal Höhe (Kernorte) beziehungsweise acht mal Höhe (alle anderen Orte) festzulegen – nach bayerischem Vorbild. Marco Eberle (Grüne) kommentierte: „Wer in Bayern wohnt, ist in diesem Punkt vom Gesetzgeber besser geschützt als in Schleswig-Holstein.“ Das SPD/WUW-Paket wurde mit fünf Ja-, einer Gegen-Stimme und zwei Enthaltungen angenommen und soll jetzt vom Bürgermeister bei der Kieler Landesplanung nachgereicht werden.
Herkommer abschließend: „Ich betrachte es als notwendig, die Menschen zu schützen. Meine Stimme hängt nicht davon ab, dass wir 30 Prozent der Gewerbesteuer von der Windkraft kommen.“
Gerd-J. Schwennsen