Neustadt. „Ich bin sehr stolz darauf, was bis heute entstanden ist“, sagt Maria Baumann und verwendet dazu ihren Sprachcomputer „Tobi“. Sie leidet an Friedreich- Ataxie, einer degenerativen Erkrankung des zentralen Nervensystems. Ihre Krankheit lässt es nicht mehr zu, selbst zu sprechen, doch mithilfe von „Tobi“ kann sie sich mit ihrem Gegenüber austauschen und über ihr vielseitiges Hobby, die Malerei, reden. Das Besondere dabei ist, sie fertigt ihre Arbeiten mit dem Mund.
Ausstellung von Maria Baumann
Die Mundmalereien von Maria Baumann sind bis zum
Jahresende im Erdgeschoss, erster Gang links, der
Dana-Ostsee-Seniorenresidenz zu sehen.
Die Adresse: Am Kiebitzberg, Neustadt.
Maria Baumann wurde in Siebenbürgen 1955 geboren. Anfang 1970 erkrankte sie an Multipler Sklerose und als sie acht Jahre später mit ihrer Mutter zur Verwandtschaft nach Bayern reiste, bekam sie dort die Diagnose „Friedreich- Ataxie“. Schätzungen zufolge leben in Deutschland rund 1500 Menschen damit. Zwar gelten therapeutische Möglichkeiten bei dieser Krankheit als begrenzt, doch bei einem Kuraufenthalt lernte Maria Baumann in der Bewegungstherapie die Mundmalerei kennen.
In mehreren Therapiestunden entstand ihr erstes Bild von den „Liebenden Schwänen“. Diese hatte sie zuvor beobachtet und dann auf die Leinwand gebracht. So wurde die Malerei zum großen Hobby, das auch gut durchdacht sein sollte. „Ich habe mir über meinem Zahnarzt in einem Zahnlabor extra ein Mundstück anfertigen lassen, um damit den Pinsel zu halten und zu führen“, erklärt die 61-Jährige.
Bereits seit 1978 lebte sie Neustadt. „Wir haben sie Zuhause gepflegt, bis sie 50 Jahre alt war und haben dann erfahren, dass wir für sie einen Platz im Pflegeheim bekommen können“, erzählt Marias Schwester Johanna Baumann.
Seit 2005 wohnt die Künstlerin in der Dana Ostsee-Seniorenresidenz. Dort kümmerte sich Therapeutin Sabine Mack um sie und unterstützte Maria Baumann bei der Mundmalerei. „Ich mischte die Farben, gab den Pinsel in das Mundstück und Maria legte los. Mit zwei kurzen, gebogenen Strichen war sie dann da, unsere Möwe, das erste gemeinsam erstellte Bild“, erinnert sich die Therapeutin und hat mittlerweile ein Buch – „Maria B. und die Möwe“ – geschrieben: „Es erzählt über Marias Leben und soll eine Hommage an sie sein.“
Mittlerweile hat die Mundmalerin zwei Männer an ihrer Seite. Therapeut Manfred Mansel kümmert sich um das alltägliche Leben, hilft beim Umgang mit dem Elektro- Rollstuhl oder mit „Tobi“, ihrem Sprachcomputer. Ergotherapeut Johannes Kopf ist für das Künstlerische zuständig. „Wir malen immer donnerstags eine Stunde zusammen, manchmal auch länger, es geht nach ihrem Tempo.“ Den Pinsel schwingt Maria Baumann in ihrem Zimmer. Dort hat sie sämtliche Utensilien in den Schubladen – Öl- und Aquarellfarben, Staffelei, Tuschkästen, Pinsel.
In den vergangenen zehn Jahren sind viele Werke entstanden. Insgesamt 22 ihrer Arbeiten sind seit gestern in der Neustädter Senioreneinrichtung zu bewundern. Natürlich sind die liebenden Schwäne, die Möwe, aber auch Bilder wie „Der Laub im Herbst“, Sonnenblumen und bunte Luftballons ebenfalls ausgestellt.
Markus Billhardt