Lübeck. „Ich hatte mich mit keinem speziellen Konzept für Plüschow beworben, ich wollte mich von dem Ort und der Atmosphäre des Hauses inspirieren lassen“, erzählt Franziska Reinbothe (35). Die Studentin der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig legt ihren Schwerpunkt auf Malerei — mit sehr eigener Handschrift. „Die reine Fläche, das Figürliche interessiert mich nicht“, sagt sie. Zwar arbeitet sie auch mit Leinwand und Farbe, aber nur, um die Materialien umzuformatieren. So fallen ihre Bilder wortwörtlich aus dem Rahmen, weil zum Beispiel die Leinwand in Streifen herunterhängt.
Ein großes blaues Bild hat sie zersägt, neu zusammengeschraubt und den zerstörten Stoff wieder vernäht. Sie beschattet Bilder mit Folie oder ritzt die Leinwand und lässt den Riss wie eine offene Wunde klaffen. Es ist die Auseinandersetzung mit Form und Material, die Franziska Reinbothe reizt. Und dazu betreibt sie eine Art Recycling, denn „bei mir geht kein Material verloren, ich verwende alle Reste weiter“.
Anregungen für ihre Arbeiten fand sie unter anderem im klassizistischen Ofen in ihrem Zimmer. Einige Ornamente gaben Form und Rhythmus für ihre Zeichnungen vor.
Der erste Eindruck — absolute Ruhe. Nur fünf Autominuten liegt Plüschow von der A20-Abfahrt Grevesmühlen entfernt, doch still ruht das Dorf im milchigen Dezemberlicht. Doch hier, im barocken Backsteinschloss in Westmecklenburg, trifft sich die Welt. 178 Künstlerinnen und Künstler hatten sich in diesem Jahr um ein Stipendium im Künstlerhaus Plüschow beworben, fünf arbeiten und leben seit Oktober in den Ateliers.
„Jeder Künstler bringt seine Handschrift, seine Sicht auf die Welt mit. Und mit jedem verändert sich das Haus“, sagt Miro Zahra, die vor 25 Jahren mit ihrem Künstler-Partner Udo Rathke das verfallene Haus zu einer Arbeits- und Ausstellungsstätte für zeitgenössische Kunst ausbaute. Ein „Refugium im Nirgendwo“ nannte es Zahra einmal.
Ende Dezember verlassen die Stipendiaten Plüschow — ein Stück Mecklenburg nehmen sie in ihren Arbeiten mit.
Anfang Februar beginnt die Ausschreibung für das Jahr 2016 für bildende Künstler ohne Altersbeschränkung. Außerdem vergibt das Künstlerhaus Plüschow Reisestipendien für bildende Künstler aus Mecklenburg-Vorpommern.
Weitere Infos:
www.plueschow.de
Petra Haase