Sabine Meyer hat es rausgerissen. Besser gesagt, sie hat ein Konzert in letzter Minute musikalisch gerettet, das sich bis zur Pause eher belanglos gestaltet hatte. Mozarts Klarinettenquintett A-Dur KV 581 mit ihr als Solistin war die Reise nach Wotersen wert. Die Wahl-Lübeckerin trat gemeinsam mit dem Streichquartett „Quatuor Modigliani“ auf.
Den ersten Programmteil hatten die französischen Streicher gestaltet. Philippe Bernhard und Loic Rio (Violinen), Laurent Marfaing (Viola) und Francois Kieffer (Cello) spielen seit zehn Jahren gemeinsam, und es beschlich einen das Gefühl, dass ihre produktive Phase gerade stockt oder sie einen eher schlechten Tag erwischt hatten. So wurde Joseph Haydns Streichquartett B-Dur op. 50 Nr. 1 zu einer langweiligen Nummer. Ordentlich war das gespielt, technisch in Ordnung und musikalisch so, wie es in den Noten steht, laut und leise, aber uninspiriert. Das Quartett hatte dasselbe Programm vor kurzem im Lübecker Kolosseum gerspielt, damals allerdings weit farbiger und lustvoller.
Ravels Streichquartett F-Dur hätte den Franzosen besser liegen müssen, war er doch ein Landsmann. Aber auch hier erklang professionelles Geplätscher. Ausgenommen die beiden schnellen Sätze: „Assez vif. Très rythmé“ und „Vif et agité“. Da waren die Vier auf dem Punkt, ihre Spielfreude kam im Publikum an.
Nach der Pause dann der Mozart mit Sabine Meyer. Schon ihr erster Klarinettenlauf zeigte, in welch hoher Liga sie spielt. Laut sein können alle, aber leise zu gestalten, bis in den letzten Winkel einer Konzertscheune hörbar zu bleiben, glitzernde Facetten aus einer einzigen Tonfolge hervorzulocken — das ist Kunst. Die Streicher ließen sich mitreißen und wurden um ein Vielfaches besser.
Plötzlich waren sie in der Musik. Schön anzusehen war Sabine Meyers Spielfreude, wie sie lächelte, weil das nächste charmante Motiv sich ankündigte. Auch ihre Energie übertrug sich auf das Ensemble, sei es in langsamen oder in schnellen Sätzen. Von ihr ging eine Intensität aus, die zu strahlen schien. Sie hat den Abend tatsächlich veredelt. Cornelia Schoof
LN