1,20 Meter hoch und Tausende Seiten stark ist der Stapel von Vorschriften, den Schleswig-Holsteins Bauernverbandspräsident Werner Schwarz in Kiel auf den Tisch legt.
Er will damit die Belastungen dokumentieren, denen die Landwirte aufgrund von Vorgaben ausgesetzt sind. Schwarz verlangte den Abbau von Bürokratie und die Senkung von Verwaltungsgebühren, um die stark unter der Preiskrise leidenden Landwirte von Kosten zu entlasten.
Fast 6200 Rechtsvorschriften und mehr als 300 Erlasse mit Bezug zur Landwirtschaft allein vom Ministerium in Kiel seien nicht mehr tragbar, sagte Schwarz. Die vielen Auflagen, Kontrollen und Dokumentationspflichten erschwerten die Tierhaltung und den Ackerbau. Für jede neue Regelung müsse eine bestehende gestrichen werden. „Die realitätsferne, oft nur einem Selbstzweck dienende Gesetzgebung erlaubt es den Landwirten kaum noch, sich ihrem Tagesgeschäft zu widmen“, heißt es in einer schriftlichen Vorlage des Verbandes.
Schwarz stufte das auf Nachfrage schon als gewisse Übertreibung ein und schätzte den Büroaufwand für einen Bauern auf drei Stunden in der Woche. Er vermute, dass der Bürokratieaufwand in den anderen Bundesländern ähnlich hoch ist wie der im Norden.
Der Bauernverband arbeite an einer App, die den Landwirten künftig jeden Morgen anzeigt, was am jeweiligen Tag, in der Woche und im Monat an Bürokratie abzuarbeiten ist, sagte Schwarz. Nicht jeder wisse, was in jeder Vorschrift stehe, zumal ein Großteil der Kieler Erlasse gar nicht veröffentlicht sei. Wer seinen Grundantrag für EU-Zahlungen ausfüllen wolle, brauche mit Hilfe eines Spezialisten drei Stunden und allein „ein strammes Wochenende“, sagte Schwarz.
„Ich verstehe die individuellen Klagen der Landwirte über die Bürokratie; sie ist nicht weniger geworden – eher im Gegenteil“, sagte Agrarminister Robert Habeck (Grüne). „Man darf aber nicht vergessen, dass viel öffentliches Geld an die Landwirtschaft ausgezahlt wird und dies natürlich nicht ohne Kontrolle geht“, sagte Habeck.
LN