Die Landesregierung rettet den Haushaltsentwurf für 2014 nur durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer vor der Verfassungswidrigkeit. Der künftige Steuersatz von 6,5 Prozent ist bundesweit der höchste. Folge: Der Grundstückskauf in Schleswig-Holstein wird deutlich teurer. Der Steuerzahlerbund Schleswig-Holstein spricht von einem „fatalen Signal“, das Kiel an Investoren aussende.
Den Bürgern angesichts einer sensationellen Einnahmesituation des Landes mit einer zusätzlichen Steuer Geld aus der Tasche zu ziehen, sei dreist, sagt Rainer Kersten, Geschäftsführer beim Steuerzahlerbund Schleswig-Holstein. „Es ist ein Abkassieren bei denjenigen, die hier investieren wollen.“ Hinzu komme, dass derzeit überall Wege gesucht würden, um dem wachsenden Wohnraummangel zu begegnen. „Und was macht das Land? Es treibt mit einer Steuererhöhung Bauwillige über die Landesgrenzen heraus“, schimpft Kersten. Wer im Raum Lübeck ein Grundstück suche, ob gewerblich oder privat, der gehe künftig doch lieber nach Mecklenburg-Vorpommern.
Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) verspricht sich durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 1,5 Prozentpunkte Mehreinnahmen für die Landeskasse in Höhe von 66 Millionen Euro. Der Puffer bis zur Verfassungsgrenze beträgt 59 Millionen Euro. Fürs laufende Jahr kalkuliert das Land mit Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer in Höhe von 341 Millionen Euro. Vor fünf Jahren waren es noch 206 Millionen Euro gewesen.
Hans-Henning Kujath, Verbandsdirektor bei Haus&Grund, erklärt: „Es geht Kiel allein ums Geldmachen.“ Wohnungspolitisch mache eine höhere Grunderwerbssteuer überhaupt keinen Sinn. Jungen Familien sei es nicht einfach möglich, jetzt mehr Eigenkapital aufzubringen. Der Verkauf von Immobilien werde erschwert. Heinold argumentiert, angesichts historisch niedriger Bauzinsen könne die Steuer-Mehrbelastung von den Bürgern leicht verkraftet werden. „Quatsch“, sagt Kujath. „Steigen die Bauzinsen, wird das Land diese Steuer niemals zurückdrehen.“
Es passe nicht zusammen, wenn die Landesregierung mit der Wirtschaft eine Offensive für bezahlbare Wohnungen startet und gleichzeitig kräftig an der Steuerschraube dreht, kritisiert Raimund Dankowski, Chef des schleswig-holsteinischen Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer — ein Anstieg um 86 Prozent innerhalb von zwei Jahren — würden am Ende auch die Mieter zu spüren bekommen. „Denn neben den Baukosten sind es vor allem die Grundstückskosten, die über die Höhe der notwendigen Miete entscheiden“, sagt VNW-Landesgeschäftsführer Christoph Kostka.
Kritik kommt auch vom Baugewerbeverband. Hauptgeschäftsführer Georg Schareck: „Noch nie gab es in der Geschichte des Landes so hohe Steuereinnahmen. Trotzdem setzt sich die Finanzministerin beim obskuren Rennen um die bundesweit höchsten Steuersätze mit der Grunderwerbsteuer an die Spitze.“ In der Opposition habe Heinold noch rechnen können. Die Steuererhöhung werde „ganz klar zu weniger Bauaufträgen führen“.
Die Experten der Sparkasse zu Lübeck bleiben gelassen. Der private Immobilienkäufer werde sich sicherlich nicht von seinem Lebenstraum der eigenen vier Wände abhalten lassen, sagt Michael Steinweg, Leiter des Immobiliencenters. Investitionen in „Steingold“ seien angesichts von Staatsschuldenkrise und Euro-Diskussion sehr gefragt.
Curd Tönnemann