Kiel/Berlin. Ein Verdeck, das sich fächerartig bis zum langen Fußende des Korbs ziehen lässt, ist der Clou an dem Schlafstrandkorb, den die Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (Tash) ab heute auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) vorstellt.
Der Gast sitzt darin geschützt wie in einem Zelt, doch kann er dank eingebauter Fenster noch hinausschauen und so vor Regen und Wind geschützt die Nacht am Strand verbringen. „Das Vorzeigeprojekt ist aus der Initiative Glückswachstumsgebiet entstanden“, sagt der neue Tash-Geschäftsführer Uwe Wanger über den Schlafstrandkorb, der in der kommenden Saison am Ostseestrand buchbar sein soll.
Die Stiftung Mensch in Meldorf (Kreis Dithmarschen) hat nach einer Workshop-Idee einen Prototypen entwickelt, in dem zwei Erwachsene bequem Platz finden. Wie teuer die Strandkörbe im Einzelnen sein werden, hängt jedoch laut Tash noch von der Stückzahl ab, die letztlich bestellt wird.
„Die Idee wurde sehr positiv aufgenommen“, sagt Sprecher Marc Euler. „In den kommenden Monaten werden noch genauere Details, wie die Standorte, bekannt gegeben.“ Denn wie das Angebot konkret umgesetzt werde, müsse jeder Partner vor Ort selbst regeln. „Viele Vermieter gehen Kooperationen mit Hotels ein, die ihren Besuchern ein zusätzliches Erlebnis bieten wollen“, sagt Euler.
Wenn ein Gast also ein Zimmer oder ein Appartement reserviert, könne er einen Schlafstrandkorb für eine Nacht dazu buchen. „Um das ganze zusätzliche ,Drumherum‘ wie ein Frühstück oder sanitäre Anlagen kümmert sich der jeweilige Anbieter“, sagt der Sprecher. Auch die Genehmigung, ob ein Schlafstrandkorb überhaupt an einer bestimmten Stelle sicher aufgestellt und genutzt werden dürfe, sei eine kommunale Angelegenheit.
In Timmendorfer Strand und Niendorf, wo in der Pilotphase zur neuen Saison jeweils ein Schlafstrandkorb aufgebaut werden soll, ist das schon weitgehend geregelt. „Hier gilt das gleiche Sondernutzungsrecht am Meeresstrand wie für andere Strandkörbe auch“, sagt Tourismus-Chef Joachim Nitz.
Sichergestellt werden müsse nur die Organisation: Vermittlung der Strandkörbe, gemütliche Extras wie Decken und Verpflegung. „Wir sammeln in der ersten Phase erst einmal die Erfahrungen und schauen dann, ob möglicherweise noch mehr Schlafstrandkörbe infrage kommen“, sagt Nitz. „Auf jeden Fall ist das schon einmal eine schöne Aktion, die Ostsee aus einer anderen Perspektive kennenzulernen.“
Auch Marcus Bade, der als Strandkorbvermieter die neue Übernachtungsmöglichkeit in Kooperation mit einem Hotel am Timmendorfer Strand anbieten wird, ist gespannt, wie das neue Modell angenommen werden wird. Er betont: „Der Schlafstrandkorb soll aber kein Hotelersatz für einen Rucksack-Touristen sein, sondern schon etwas Gehobenes und Besonderes.“
Aus diesem Grund sieht auch der Deutsche Hotel und Gaststättenverband (Dehoga) den Schlafstrandkorb nicht als Konkurrenzprodukt, sondern als zusätzliche Bereicherung an. „Es werden ja nun nicht Hunderte oder Tausende dieser Strandkörbe aufgestellt“, sagt Frank Behrens, Vorsitzender der Fachgruppe Tourismus des Dehoga Schleswig-Holstein. „Es entspricht zudem dem Wunsch unserer Gäste, bei einem Urlaub an der Ostsee den Strand und das Meer ganz nah zu erleben — und da ist das ein wirklich kreativer Ansatz.“
Ein Ansatz, von dem auch die Lübeck Travemünde Marketing GmbH (LTM) so begeistert ist, dass sie gleich Nägel mit Köpfen gemacht hat: Nicht nur soll zunächst ein Korb ab Mai buchbar sein, auch die geplanten Preise sind schon bekannt gegeben worden: 29 Euro soll die Nacht allein im Strandkorb kosten, 58 zu zweit. Tagsüber soll der Schlafstrandkorb für 15 Euro zu mieten sein.
Vorstellung auf der ITB
Der Prototyp wurde am Mittwoch auf der Reisemesse ITB in Berlin vorgestellt. „Man kann nun problemlos unter freiem Himmel schlafen“, sagte Andrea Bayer, Marketingleiterin der Tourismusagentur Schleswig-Holstein. Ihre Agentur habe die „Weltneuheit“ im Rahmen der Imageinitiative „Glückswachstumsgebiet“ entwickelt.
Der 1,40 Meter breite Strandkorb ist für zwei Leute ausgelegt. Tagsüber können Paare ganz normal drin sitzen und auch ihre Utensilien dort verstauen. Scheint die Sonne zu heftig - „was ja auch bei uns Schleswig-Holstein durchaus mal passiert“ - könne die Persenning ein Stück weit zugezogen werden. In der Nacht wird kann der Korb ganz geschlossen werden.
Diverse Orte und Hotelbetreiber hätten schon einen der 5000 Euro teuren Schlafstrandkorb geordert. Teilweise werden ganze Pakete mit Zusatzangeboten um den Korb herum geschnürt. Wie Bayer sagte, werden im ersten Jahr 20 Schlafstrandkörbe an den Ostseestränden zu finden sein. 2017 sollen die Nordseestrände miteinbezogen werden.
ITB — die größte Reisemesse der Welt
10 000 Aussteller aus 187 Ländern zeigen von heute bis zum kommenden Sonntag auf der 50. Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin die aktuellen Trends der Reisebranche. Darunter ist auch der Messestand des Landes, an dem der Schlafstrandkorb als Weltneuheit präsentiert wird. In Berlin trifft der Prototyp auf ein großes Publikum: Rund 110000 Besucher werden auf der weltgrößten Reisemesse erwartet, die im vergangenen Jahr 6,7 Milliarden Euro erwirtschaftete. Doch die Branche hat derzeit mit Problemen zu kämpfen: Als Folge von Terroranschlägen sind nach Angaben des Deutschen Reiseverbands die Buchungen für Ziele in der Türkei, Ägypten und Tunesien um über 40 Prozent eingebrochen. Stattdessen würden europäische Länder wie Portugal, Spanien, Italien und Deutschland bevorzugt. Allein für Deutschland hätten die Reiseveranstalter einen Buchungsanstieg von 15 Prozent verzeichnet.
Von Lena Modrow