Die SPD muss sich reformieren, darüber herrscht Einigkeit zwischen den beiden Lagern. Der große Konfliktpunkt: Im Rahmen einer Großen Koalition oder in der Opposition? 460 000 Mitglieder sind derzeit aufgerufen, darüber abzustimmen.
„Wir sind seit Jahren in einer Koalition des kleinsten gemeinsamen Nenners gefangen, in der es zuletzt nur geknirscht hat“, betonte Kevin Kühnert bei der Veranstaltung des SPD-Kreisverbandes Ostholstein, „unsere politischen Programme sind mutloser geworden, wir geben keine Antworten mehr.“ Er wünsche sich von der Partei den Mut, „aus dem Beiwagen der Union herauszugehen“. Viele Applaus begleitete die Ausführungen des 28-Jährigen, zahlreiche Jusos im Publikum unterstützten seine Forderungen. Eine Koalition schlage die Opposition nur in der kurzfristigen Perspektive, „aber die Partei hat die Verpflichtung über vier Jahre hinauszudenken“.
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Nein, auch Ralf Stegner ist „ausdrücklich kein Befürworter der Großen Koalition“. Eine Koalition sei immer nur ein Zweckbündnis auf Zeit. Sein Hauptargument: Was wird besser mit einer Regierung ohne SPD-Beteiligung? „Ich verstehe die Argumente dagegen, aber wir können die Wirklichkeit nicht romantisieren.“
Der Einfluss der AfD sei bei einer Minderheitsregierung sogar noch höher als in der Opposition. „Und für Neuwahlen sind wir in keiner übertrieben guten Verfassung.“ Sein Plan: Mit der CDU einen Zeitplan über die Umsetzung des Koalitionsvertrages vereinbaren. „Und wenn wir in zwei Jahren feststellen, dass es nicht so läuft, sind wir in einer ganz anderen Position“, so Stegner, der beim Publikum einen deutlich schwereren Stand hatte. Innerhalb der Großen Koalition müsse man dann auch streiten dürfen, „wir wollen die ja nicht heiraten“. Und der innerparteiliche Reformprozess hänge ohnehin allein an der SPD, „nicht an Frau Merkel“.
Nach rund zweistündiger Debatte am Schluss wiederum Einigkeit: „Wie auch immer das Ergebnis kommendes Wochenende ausfällt, wir müssen uns dahinter versammeln“, betonte Kevin Kühnert. Und auch Ralf Stegner sagte: „Die Partei muss wieder zusammen finden, denn der Gegner ist nicht in der SPD.“ Und direkt an die Jusos: „Die Partei braucht sie dringend, sie müssen uns Druck machen.“
Ilka Mertz
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