Lübeck-Extremislos-Verein von Ex-Neonazi Philip Schlaffer erhält HanseMerkur Preis

Wenn der mit insgesamt 55 000 Euro dotierte HanseMerkur Preis für Kinderschutz am Donnerstag, 29. Oktober, offiziell zum 39. Mal vergeben wird, dann gehört diesmal auch der Verein Extremislos in Stockelsdorf dazu als eine von fünf ausgewählten Initiativen deutschlandweit. Die zehnköpfige Jury zeichnet unter Schirmherrschaft der Bundesfamilienministerin Franziska Giffey einzelne Personen, private Initiativen und Gruppen in Deutschland aus, die sich weitgehend ehrenamtlich und höchst engagiert sowie beispielhaft für die Belange von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Dies kann im Bereich der psychosozialen, der medizinischen oder gesellschaftlichen Hilfe beziehungsweise Prävention geschehen. 10 000 Euro Preisgeld: Für ein besonderes Beispiel in puncto Prävention steht der Verein Extremislos in Stockelsdorf, der bei dieser Preisverleihung mit einem Anerkennungspreis in Höhe von 10 000 Euro gewürdigt wird. Der Verein Extremislos ist untrennbar mit dem Namen Philip Schlaffer verbunden. Wenn Schlaffer in Schulen wie zum Beispiel im vergangenen Jahr in der Hilgendorf-Gemeinschaftsschule Stockelsdorf von Radikalisierung, dem Weg dort rein und dem viel schwereren Weg dort wieder raus spricht, dann weiß Philip Schlaffer ganz genau, worüber er da redet. Philip Schlaffer, inzwischen Anfang 40, hat eine 20-jährige Radikalisierungskarriere hinter sich: Er vertrieb indexierte Rechtsrock-CDs, gründete ein Klamotten-Label für Neonazi-Hooligans, baute in Wismar eine Werwolf-Kameradschaft auf, dann einen kriminellen Rocker-Motorradclub, bis er 2014 wegen Drogenhandels und Wohnungsprostitution verurteilt wird und eine 34-monatige Strafe in der Justizvollzugsanstalt Stralsund absitzen muss. Jury würdigt Werte-Vermittlung: Im Gefängnis erlebt Philip Schlaffer so etwas wie Läuterung. Noch im Strafvollzug machte er sich mit einem Psychologen auf die Suche nach seinem zweiten Leben, das ihn als Anti-Gewalttrainer in die Präventionsarbeit auch gegen politische Radikalisierung führt. 2017 gründete Schlaffer den Verein Extremislos e.V. in Stockelsdorf bei Lübeck. Seit dieser Zeit geht der Ex-Neonazi in Brennpunktschulen, hält Vorträge, gibt Workshops und unterweist sogenannte „Unbeschulbare“ ohne Impulskontrolle in Kompetenztrainings. Schlaffer findet die richtigen Worte und vermittelt einen glaubhaften Sinneswandel. Und nicht zuletzt deshalb gelingt es Philip Schlaffer nach Einschätzung des Jury, „den Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Werte Toleranz, Vielfalt, Gewaltfreiheit und Gleichwertigkeit aller Menschen zu vermitteln“. Seit 1980 haben sich rund 3 600 Projekte um den HanseMerkur Preis beworben. Ausgezeichnet wurden bislang 163 Projekte, was der Ausschüttung eines Preisgeldes bis dato von 1,3 Millionen Euro entspricht. Corona-bedingt findet die Preisverleihung in diesem Jahr nicht als Festveranstaltung statt, sondern kann als Film ab 10 Uhr am 29. Oktober unter http://hansemerkur.csr-engagement.de/kinderschutzpreis-2019 im CSR-Blog der HanseMerkur abgerufen werden. Lesen Sie auch Stockelsdorf: Ex-Neonazi macht Präventionsunterricht an Schulen Warnsdorf: Garage zur Brauerei gemacht: Zwei Freunde brauen Craft-Bie Von Doreen Dankert