Warnsdorf: Von der Garage zum Labor: Zwei Freunde brauen Craft-Bier

„Schön kalt muss es sein“, sagt Wolfgang Wagner, „nehmen Sie sich die Zeit und trinken Sie das Bier nicht aus der Flasche, sondern aus dem Glas. Dann werden Sie auch die leichte Trübung erkennen und den leicht herb-fruchtigen Charakter schon beim ersten Schluck.“ So beschreibt Wagner das Bier namens „Wahnsdorfer“. Er muss es schließlich wissen, denn er hat dieses Bier gemeinsam mit seinem Nachbarn, Freund und Geschäftspartner Günther Hake gebraut – in Warnsdorf. In der kleinen, aber feinen Biermanufaktur direkt neben dem Steakhof in der Travemünder Straße 1. Dass das „r“ von Warnsdorf beim Namen für das Bier durch ein „h“ ersetzt wird, ist dabei kein kein Schreibfehler, sondern eine Wortspielerei, „die widerspiegeln soll, dass unsere Idee schon ein bisschen wahnsinnig ist“, erklärt Wolfgang Wagner augenzwinkernd. Aus Garage wurde Laboratorium mit Braukessel: Vor einem Jahr wurde die Biermanufaktur aus der Taufe gehoben. Für den Preis eines guten Mittelklassewagens wurde eine Garage umgebaut zu einem Laboratorium mit digital gesteuerten Braukesseln, Waage, Computer und Kühlschrank für frischen Hopfen und anderen Ingredienzien, die für ein unverwechselbares Aroma sorgen. „Das so wie bei Wein“, erklärt Wolfgang Wagner, der nach seiner jahrzehntelangen Tätigkeit im Management in aller Welt seinen Hauptwohnsitz vor vier Jahren von Süddeutschland nach Warnsdorf verlegt hat. „Bei Wein gibt es auch viele unterschiedliche Aromen und so ist es auch bei Bier, ganz besonders bei Craft-Bier, das im Grunde handgemachtes Bier ist“, erklärt Wagner. Eine Biersorte, ein Pils, hat die kleine Privatbrauerei bis dato auf den Markt gebracht. Sechs sollen es werden bis zum Herbst 2021. Craft-Bier reift sechs Wochen in der Flasche: Die Bier-Prototypen werden gebraut in Mengen von 20 Litern – und zwar zur Verkostung an geladene Bierfreunde, die den Hobby-Braumeistern ihr Feedback geben. „Wenn ein Bier in großer Menge gebraut werden soll“, sagt Wagner, „dann rechnen wir die Menge der Zutaten des jeweiligen Rezepts ganz präzise im Dreisatz von 20 Liter auf 2000 Liter nach oben und lassen das in einer Bio-Brauerei in Hamburg brauen.“ Und beim Einmaischen, also beim Ansetzen des Suds, sind die beiden Warnsdorfer Bierbrauer immer dabei. Zehn bis 15 Tage dauert es, bis das Bier aus dem Braukessel in die Flaschen gefüllt wird – und dort reift es rund sechs Wochen. „Das ist wie die Flaschengärung beim Champagner“, erklärt Wagner, „unser Bier reift auch in der Flasche.“ Das sei eben das Besondere an Craft-Bier, so die Warnsdorfer Bierbrauer. Bier als solches wurde als Zufallsprodukt durch vergorenen Brotteig vor rund 4000 Jahren im heutigen Irak erstmals hergestellt. Craft-Bier hat seinen Ursprung in den USA, wo vor gut 30 Jahren Studenten anfingen, ihr eigenes Bier herzustellen. Die Craft-Bier Herstellung ist eine rein handwerkliche Tätigkeit, das Bier wird meist nur in geringen Mengen hergestellt und in der Regel in Flaschen vergoren. Das „Wahnsdorfer“ Craft-Bier, das es auch unter dem Namen „Küsten Bräu“ für überregionale Kundschaft gibt, ist nicht im Handel erhältlich, sondern nur über den Hofverkauf in der Travemünder Straße 1 in Warnsdorf oder online unter www.kuesten-brauerei.de Doch wie entstand die Idee, ausgerechnet Craft-Bier selbst zu brauen? Das ist mehr oder weniger einem Zufall zu verdanken, als der Gastronom Günther Hake vor einiger Zeit abends in seinem Hotel in Santa Monica in Kalifornien Appetit auf ein Bier hatte, er die Minibar öffnete, ihm keine einzige Biersorte bekannt vorkam und er enttäuscht dachte, dass man hier nicht mal ein vernünftiges Bier bekommen könne. Trotzdem trank er so ein unbekanntes Bier, ein Craft-Bier – und war begeistert. Warum soll es sowas nicht auch in Warnsdorf geben? Als er diese rhetorische Frage seinem Nachbarn und Freund Wolfgang Wagner stellte, wurde die Idee der Privatbrauerei geboren. Corona-Krise war kein Nachteil für Privatbrauerei: Im Oktober 2019 war das, erzählt Wagner, „und dann haben wir die Idee sofort umgesetzt.“ Dann kam Corona, aber die Krise habe der Brauerei nicht geschadet. „Eher im Gegenteil“, sagt Wagner, „denn weil weniger Leute ins Restaurant gehen, kommen sie zu uns, um sich ein Bier zu holen, das sie dann gepflegt zu Hause trinken wollen.“ Außerdem haben die beiden Geschäftsmänner keinen Druck seitens eines Geldgebers, „denn in der Brauerei steckt kein geliehenes Geld, das wir an eine Bank zurückzahlen müssen“, sagt Wagner. Mit der Craft-Bier-Manufaktur in Warnsdorf gibt jetzt den vierten kommerziellen Biererzeuger in Ostholstein. Eine Sorte Craft-Bier gibt es zur Zeit unter dem geschützten Namen „Wahnsdorfer“. Bis Herbst 2021 soll das Sortiment auf sechs verschiedene Craft-Biere made in Warnsdorf ausgeweitet werden, erklärt Wagner das Ziel. „Für uns ist das viel mehr als nur ein Hobby“, betonen die beiden Freunde, „gutes handgemachtes Bier ist einfach unsere Passion.“ Lesen Sie auch Blick hinter die Kulissen: So schmeckt das Bier aus Ostholstein Timmensdorfer Strand: Wie die Hotel-Chefin mit eigenen Schnelltests Schlimmeres verhinderte Wildunfälle: Diese App warnt vor gefährlichen Gebieten in Ostholstein Von Doreen Dankert