105 Jungvögel: Neuer Storchen-Rekord im Lauenburgischen

„Für uns ist das wirklich außergewöhnlich“, meint der erste Vorsitzende des Nabu Mölln, Heinz-Achim Borck. „So viele Jungstörche gab es selbst in den 1950ern nicht.“ Schon letztes Jahr wurde ein Rekord von 102 Jungtieren verzeichnet, ein Anstieg zu 94 Storchenküken im Jahr 2014. Aufgrund dieser nach oben weisenden Tendenz überlegt man beim Nabu Mölln, sich auch um weitere Nester als die jetzt 61 genutzten – insgesamt verfügt der Kreis über 168 mögliche Standorte – zu kümmern und diese aufzufrischen, sollte der Zuwachs an Jungstörchen weiter steigen. Die letzten Jahre habe man sich bislang auf besetzte Altstandorte konzentriert. „In vielen anderen Regionen, wie etwa Friesland, hat man in diesem Jahr ebenfalls mehr Brutpaare beobachtet, allerdings nicht solch einen Zuwachs an Jungtieren wie im Lauenburgischen“, erklärt der Möllner Nabu-Chef nicht ohne Stolz. Hungrige Jungstörche: Der Bruterfolg kommt zum einen durch ein gutes Nahrungsangebot zustande: 1,5 Kilogramm Futter pro Tag brauchen die Jungtiere, ältere Störche nur knapp die Hälfte. Zur Veranschaulichung: Eine Hausmaus wiegt etwa 20 Gramm! Zum anderen haben in diesem Jahr sieben Paare mehr gebrütet: nämlich 61 statt 54 in 2019. Ein Horst gilt als besetzt, wenn Störche dort mindestens vier Wochen verweilen. Die zunehmende Menge an Störchen erkennt man immer öfter auch an größeren Ansammlungen der Schreitvögel. Anfang Juni etwa wurden im Südkreis einmal mehr als 30 Exemplare auf einer Wiese gesehen. In Krukow wurden auf einem einzigen Dachfirst gleich elf Störche gesichtet. „Oftmals bestehen diese Ansammlungen aus Nicht-Brütern oder Störchen, die keinen Partner gefunden haben“, erklärt Borck. Konkurrenz durch Nilgänse: Der erste Storch in diesem Jahr wurde übrigens am 5. Februar in Walksfelde gesichtet. Der nächste einen Tag später in Berkenthin, gefolgt von einem dritten in Lanze ein paar Tage später. Große Storchennester werden bis zu 20 Kilogramm schwer und haben einen Durchmesser von 1,20 Meter. Geschlechtsreif werden Störche in der Regel nach drei bis vier Jahren, Ausnahmen in jede Richtung sind möglich. Die Vögel haben eine Alterserwartung von etwa 20 Jahren. Das Gros der Störche zieht im August Richtung Spanien und ist aufgrund des nicht allzu langen Zugwegs bereits im Februar wieder zurück. Andere zieht es bis nach Nordafrika und in die Sahel-Zone. Einige wenige Störche fliegen sogar bis nach Südafrika. Der Nabu Mölln deckt bei der Storchenbetreuung den nördlichen Teil des Kreises Herzogtum Lauenburg ab. Fünf Storchenpaare auf den 61 Horsten hatten leider keinen Bruterfolg. In Poggensee wurde das Nest verlassen, in Walksfelde ein totes Junges gefunden. Ein großes Problem in Breitenfelde sind laut Borck die immer zahlreicher auftretenden Nilgänse: „Die Gänse sind aggressiv und schmeißen die Eier aus den Storchennestern. Sie besetzen auch oft die Storchennester“ – wie beispielsweise in Siebenbäumen. Ein Schwede und zwei 16-Jährige: Besonders sind auch die zwei sogenannten Baumbruten in Gülzow und Juliusburg, die in Schleswig Holstein sehr selten sind. Baumbruten werden Nester genannt, die von Störchen selbst gebaut werden. Außerdem gab es in den Dörfern Kühsen und Gülzow jeweils zwei besetzte Nester. „Das ist auch etwas Besonderes: Wir haben einen Altstorch in Krüzen, der aus Schweden kommt“, sagt Borck, „Und mit 16 Jahren die ältesten Störche in Lanze.“ „Insgesamt wurden vier Einerbruten, 16 Zweier-, 18 Dreier-, drei Vierer- und eine Fünferbrut – in Nusse! – verzeichnet“, fasst der Heinz-Achim Borck zusammen. Die Anzahl der fütterungsabhängigen Störche wurde dabei nicht in die Statistik einbezogen; einige Paare hatten keinen Bruterfolg. Insgesamt sind sieben tote Jungstörche bekannt. Horstpflege im Herbst: Störche bauen kontinuierlich an ihrem Nest und tragen dort mittlerweile auch viel Plastik ein. Der Nabu kontrolliert daher regelmäßig, ob die Nester noch stabil und frei von Fremdkörpern sind. „Wenn wir was sehen, gehen wir an die Nester ran. Natürlich mit Absprache der Eigentümer“, sagt Borck. Im kommenden Monat will er sich wieder mit den sieben Storchenbetreuern des Kreises zusammenzusetzen. „Jeder weiß selbst am besten, wie die Nester in seinem Gebiet aussehen. Wir beraten gemeinsam, was dringend gemacht werden muss.“ Etwa ein Wochenende lang sind die Nabu-Leute dann unterwegs und kümmern sich um die Instandsetzung der Nester. „Teilweise müssen die Nistunterlagen komplett erneuert werden.“ Wegen des „Stallgeruchs“ wird versucht, gutes Material des alten Nestes wiederzuverwerten. Um sich auch weiterhin gut um die Nester der Störche und deren Pflege kümmern zu können, bittet der Nabu um Spenden. Infos und Kontaktdaten sind auf der Internetseite des Naturschutzbundes Mölln, www.nabu-moelln.de, zu finden. Lesen Sie auch Segebergs Störche beenden Brutsaison mit 76 Jungvögeln Naturschützer befürchten wegen Trockenheit schwieriges Storchenjahr SH: Störche haben weniger Nachwuchs Schlechter Saisonstart: Segebergs Storchenpaare brauchen dringend Regen Afrika adé: Störche bleiben im Winter lieber in Spanien oder Deutschland Jahrhunderrekord: Seit 1951 mehr als 100 Jungstörche im Herzogtum Lauenburg Weißstörche haben 2019 viel Nachwuchs bekommen - dank reichlich Futter und gutem Wetter Von Nadine Klemm