Bombenentschärfung in Geesthacht geglückt

Jede Bombe ist anders – das wurde am Freitag bei der Entschärfung eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg auf einer Baustelle in der Geesthachter Hafencity an der Steinstraße erneut deutlich. Die 500-Ibs-Bombe amerikanischer Bauart war durch den Aufprall nach dem Abwurf am 7. April 1945 massiv deformiert, beide Zünder hatten ausgelöst und dennoch war es nicht zur Explosion gekommen. Nun, 75 Jahre später, wagten sich die Sprengmeister Hans-Jörg Kinsky und Alexander Matera und ihre Unterstützer Rainer Klaaßen, Timo Tohde und Niels Franz an den knapp 250 Kilo schweren Fund. Um 10.39 Uhr stieg die rote Signalrakete auf. Das Zeichen, dass die Entschärfung beginnt. Wie in der Woche zuvor waren wieder etwa 450 Anwohner und Mitarbeiter aus Firmen evakuiert worden. Die Polizei hatte einen 500 Meter großen Sperrradius abgeriegelt. Zähe Entschärfung, aber frühe Entwarnung: Schon nach 45 Minuten war der Frontzünder entfernt. Der hatte die Experten vergangene Woche in Atem gehalten, sie mussten ihn mit einem Wasserstrahlschneidgerät entfernen und vor Ort sprengen. Das zog sich lange hin. Dieses Mal folgte anschließend der Heckzünder, der gegen 12.15 Uhr entschärft war. Um 12.18 Uhr stieg eine grüne Signalrakate auf. Das Zeichen für Entwarnung. „Obwohl wir diesmal schneller waren, war es aber eine sehr zähe Entschärfung“, bilanzierte Kinsky hinterher. In einer vier Meter großen Grube hatten sich die Sprengmeister dem Blindgänger gewidmet. Matera: „So ein Loch hätte die Bombe wohl bei einer Explosion auch hinterlassen. Vier Meter tief und 10 bis 12 Meter im Durchmesser.“ Vor eine Herausforderung stellte die Kampfmittelräumer aus Groß Nordsee bei Kiel dieses Mal die Verformung am Bombenkopf. „Es ist erstaunlich, dass diese Bombe nicht explodiert ist, da beide Zünder ausgelöst hatten. Das ist bei amerikanischen Bomben sehr selten“, berichtete Matera. Den Experten gelang es, beide Zünder vorsichtig zu entfernen. Normalerweise hätten sie eine Flamme auslösen sollen, die den Sprengstoff umsetzt und zur Explosion führt. „Jede Bombe ist eine eigene Aufgabe“: Für die Evakuierten in der Sporthalle der Alfred-Nobel-Schule und die Einsatzleitung hieß es während der Entschärfung abwarten. „Wir sind mit 30 Kräften am Start, sollte etwas passieren“, sagte Feuerwehrchef Sascha Tönnies. Doch alles lief glatt. Auch Bürgermeister Olaf Schulze war zufrieden. „Wir hatten nur zwei Tage Vorlauf, das reichte uns aber auch, weil ja nun jeder weiß, wo was zu machen ist“, erklärte er. Von Routine mag er nicht sprechen und die lassen auch die Sprengmeister nicht zu. „Jede Bombe ist eine eigene Aufgabe“, so Kinsky. Die Polizeidirektion musste den Einsatz diesmal mit eigenen Einsatzkräften bestreiten, Unterstützung aus Eutin gab es nicht. Immer wieder wurden die Autofahrer und Passanten von den Posten an den Absperrungen freundlich auf die nötige Umleitung hingewiesen. Eve Pippirs vom „Pier 3“ am Hafen spendierte bei dem Einsatz wegen der Kälte sogar alkoholfreien Punsch und Kekse. Sie musste ihr Fischbistro, das direkt an der Absperrgrenze liegt, erneut schließen, nahm es aber gelassen. Lesen Sie auch Bombenentschärfung in Geesthacht: Blindgänger immer gefährlicher Bombe in Geesthacht: Die Entschärfung im Liveticker Polizei sucht vermissten Nils Hansen „Das ist bestimmt nicht die letzte Bombe da“, mutmaßte Karin Franke, die aus den Awo-Wohnungen für Senioren evakuiert wurde. Ihre Nachbarin Inge Lutz war ganz aufgeregt. „Das wühlt einen schon auf, hoffentlich kommt das jetzt nicht mehr so oft vor“, sagte sie. Zumindest für dieses Jahr konnte Bürgermeister Schulze Entwarnung geben: „Die Bauarbeiten werden dieses Jahr nicht mehr fortgesetzt.“ Er hofft, dass 2021 nicht weitere Blindgänger entdeckt werden. Dann sollen die Bauarbeiten für das Projekt „Elbterrassen III“ und weitere Bauabschnitte an der Steinstraße fortgesetzt werden. Je länger die mit TNT gefüllten Bomben im Boden liegen, desto gefährlicher wird es. Sie müssen nicht zwangsläufig explodieren, aber sie können ihren toxischen Inhalt freigeben, was Wasser kontaminieren und Anwohner belasten könnte. Von Timo Jann