Bürgermeisterwahl Schwarzenbek: Vorstellungs-Talk ohne zündende Ideen

„Alte Hüte“ sagte eine Dame beim Hinausgehen auf die Frage, ob sie denn bei dieser Vorstellung der beiden Kandidaten für die Wahl des Bürgermeisters in Schwarzenbek am 27. September 2020 etwas Neues erfahren habe. Sie fasste damit zusammen, was auch andere der rund 60 Zuhörer in Schröders Hotel empfunden haben dürften: Was Norbert Lütjens und Matthias Schirmacher in knapp zwei Stunden als Ideen präsentiert hatten, war alles andere als mitreißend. Die Herausforderungen für Verwaltung, Wirtschaft, Verkehr und Bürgerbeteiligung wurden wortreich umschrieben, konkret ankündigen wollten sie aber nichts. Die Chance, durch einen packenden Auftritt so etwas wie Aufbruchstimmung zu erzeugen, wurde in dieser ersten von zwei Vorstellungsrunden verschenkt. Dabei hatte ihnen Moderator Marc Ziertmann, Geschäftsführer des Städteverbandes Schleswig-Holstein, ausdrücklich Gelegenheit eingeräumt, „für sich selbst zu werben“. Warum das nicht gelingen konnte, lag wohl auch daran, dass sich die Kandidaten ziemlich ähnlich sind: Sowohl Versicherungskaufmann Matthias Schirmacher (56, Grüne) als auch sein Gegenpart, der Verwaltungswissenschaftler und Sozialpädagoge Lütjens (50, parteilos), sind lange in Schwarzenbek aktiv, gehören zur selben Generation und haben sich beide aus handwerklichen Anfängen hochgearbeitet. Auch die Stadtpolitik ist lange ein gemeinsames Spielfeld: Lütjens als stellvertretender Fachbereichsleiter Schule, Sport und Jugend von der Verwaltungsseite, Schirmacher als Stadtverordneter seit 30 Jahren und derzeitiger Bürgervorsteher aus Sicht der Kommunalpolitik. Die Kandidaten tun sich nicht weh: Da hätte es doch spannend werden müssen, wenn etwa der Stadtverordnete dem Mitarbeiter der Stadtverwaltung auf den Zahn fühlt. Aber das unterblieb, wie überhaupt jeder Hinweis auf Altlasten oder Versäumnisse der jetzigen Verwaltungsspitze. Oder auch jeder Versuch, Schwächen beim Gegner aufzudecken. Stattdessen Hinweise, dass man die Argumente des Gegners nicht besser formulieren könnte. Wie soll da Profil erkennbar werden? Beispiel Wirtschaftsentwicklung: Beide wollen mehr Leben in der Innenstadt durch neue Geschäfte und Förderung von Gewerbeansiedlung. Lütjens will einen professionellen Manager, Schirmacher zumindest einen neuen Wirtschaftsbeirat. Beispiel Verkehrsentwicklung: Beide planen ein umfassendes Konzept für nachhaltige Mobilität mit den wohlklingenden Stichworten „mehr Radwege“, „Car-Sharing“ oder „Ladesäulen für E-Autos“. Wie sie denn ihr Amt ausüben wollen, fragte Moderator Ziertmann, um vielleicht auf der persönlichen Ebene ein paar Unterschiede freizulegen. Doch auch hier ließen sich „Teamworker“ Lütjens und „Motivator“ Schirmacher nicht auseinander dividieren. Lieblingsprojekt Bürgerhaus: Die Fragen der Zuhörer waren eher Vorlagen für noch mehr Gemeinplätze. Ja, das Ehrenamt muss gestärkt werden, ja, wir brauchen mehr Bürgerbeteiligung. Lütjens setzt auf eine „neue Kommunikation“, will alle an einen Tisch holen, Schirmacher „den öffentlichen Druck“ kanalisieren. Am Schluss platzte dann einem jungen Mann der Kragen. Er fragte direkt nach einem „Lieblingsprojekt“, um endlich was Greifbares zu hören. Hier immerhin konnte Schirmacher sein Projekt „Bürgerhaus“ ankündigen, als Treffpunkt für Vereine, Initiativen und Verbände. Rund 12 700 Schwarzenbeker ab 16 Jahre sind aufgerufen, am 27. September zur Wahl zu gehen. Bis dahin bleibt noch einige Zeit, die Kontrahenten etwas härter anzupacken. Eine zweite öffentliche Vorstellung ist für Montag (18 Uhr) wieder in Schröders Hotel angesetzt. Dann soll es um Soziales, Bildung und Finanzen gehen. Auch per Live-Stream im Internet kann man die Diskussion verfolgen. Von Matthias Schütt