Campus-Schule: SPD kritisiert Verhandlungen der Möllner Verwaltung

Die erste Sitzung der Möllner Kommunalpolitik unter Coronabedingungen war in zweierlei Hinsicht ungewohnt: Maskenpflicht am Eingang der Sporthalle sowie Ratsherren, die der Verwaltung so kritische Fragen stellen, dass sich ein Beamter am Ende persönlich angegriffen fühlt. In Mölln wird es aller Voraussicht nach kein inklusives Leuchtturmprojekt geben. Schüler mit Behinderung aus der kreiseigenen Förderschule Steinfeld und der Grundschule Tanneck werden dem Verlauf der Sitzung des Möllner Sozialausschusses (SSJS) nach zu urteilen nicht gemeinsam unter einem Dach lernen. Idee: Zwei Grundschulen unter einem Neubau-Dach: Nachdem sich das nur in den Unterlagen zu Sitzungen der Stadt und des Kreises in dieser Woche abzeichnete, haben das neben der Ausschussvorsitzenden Christiane Gehrman (CDU) auch weitere Ratsmitglieder als unausweichlich interpretiert. Es gibt keine Fördergelder von Land und Bund. Außerdem empfehle die Kreisverwaltung ja bereits, sich von der Campus-Lösung zu verabschieden und einen Anbau an die eigene Förderschule zu setzen. Und Gehrmann und die Verwaltung warben bereits für einen neuen Weg, um die Grundschule in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Auf einem Grundstück der Kirche hinter dem Möllner Friedhof könnte möglicherweise eine neue Schule errichtet werden, schlagen sie vor. Unter deren Dach könne man sowohl die Till-Eulenspiegel-Schule als auch die Grundschule Tanneck vereinen. Die Politik hat am Montag bereits mehrheitlich zugestimmt, dass die Verwaltung prüft, ob so ein Grundstückserwerb möglich ist. Am Dienstag sind Gesprächezum Thema Campus Mölln zwischen Ratsmitgliedern der SPD und Kreistagsabgeordneten der SPD geplant. Am Mittwoch dann sollen Gespräche mit der Ausschussvorsitzenden des Kreissozialausschusses, Gitta Neemann-Güntner, geführt werden, teilt die Möllner SPD mit. Außerdem hat die SPD zu einer Pressekonferenz am Mittwochmorgen eingeladen. Am Donnerstag dann tagt der Kreissozialausschuss um 17.30 Uhr öffentlich in der Kantine der Kreisverwaltung, Barlachstraße 2, in Ratzeburg. Doch es gab auch Enthaltungen. Vor allem die SPD zeigt sich enttäuscht davon, dass die vom Gesetzgeber geforderte Inklusion in Mölln nun erst einmal in ihrer reinsten Form vom Tisch ist. Da halfen die Bekundungen Gehrmanns kaum, eventuell inklusive Elemente in der neuen Möllner Doppel-Grundschule einplanen zu wollen. „Wir vertun eine riesige Chance. Ich werde das Gefühl nicht los, dass man den Campus gar nicht wollte“, sagte Hans-Joachim Grätsch, SPD-Ratsmitglied und ehemaliger Geschäftsführer des Lebenshilfewerkes Mölln-Hagenow – also ein ausgewiesener Experte für Inklusion. Er wolle alles daran setzen, bis zum Donnerstag, wenn der Kreissozialausschuss das Campus-Projekt berate, eine Lösung zu finden. Und er äußerte Kritik an den Bemühungen der Stadt, einen Deal mit dem Kreis über die gemeinsame Finanzierung der Schule zu finden. Auch Moritz Flint (SPD) meldete sich immer wieder kritisch zu Wort. Ruhland (FDP): Teile des Kreises sind gegen Campus: Bürgermeister Jan Wiegels erklärte, es habe sehr wohl Gespräche zwischen ihm und Landrat Christoph Mager gegeben. Doch die finanziellen Unwägbarkeiten seien beträchtlich – und das sei bereits vor Corona so gewesen. Auch der Kreis sei an seine Grenzen gegangen. Er bedauerte, dass nun bei Politik und Öffentlichkeit der Eindruck entstehe, die Stadtverwaltung habe nicht richtig gearbeitet. Dieter Ruhland (FDP) zeigte sich angesichts der Finanzierungsschwierigkeiten verständnisvoll, was das Scheitern des Projekts betrifft. „Es gibt gewichtige Stimmen aufseiten des Kreises, die nicht für das Campus-Projekt sind“, sagte er. Doch auch er wollte wissen: „Hat es wirklich keinen Kontakt zwischen Stadt und Kreis gegeben.“ Beamter fühlt sich persönlich angegriffen: Schließlich, und das ist selten, holte der zuständige Verwaltungsbeamte zu einer energischen Rede aus. „Jetzt nehme ich das auch persönlich“, erklärte Lars Frank, Fachdienstleiter der Verwaltung. Er habe in den vergangenen Wochen nur mit Corona zu tun gehabt. Das Campus-Projekt habe in dieser Zeit keine Priorität gehabt. Flint erklärte, es müsse doch erlaubt sein, zu fragen, warum die Verhandlungen mit dem Kreis sich verzögert hätten. Frank sagte, er werde die Fragen der SPD schriftlich beantworten. Kritischer Fragenkatalog: Die SPD legte deshalb auch einen Tag später einen Fragenkatalog vor. Der Stadt Mölln sei bekannt gewesen, dass der Sozialausschuss des Kreises am 28. Oktober beschlossen habe, sich seitens des Kreises anteilig mit maximal 25 Prozent bis zu einer Höhe von fünf Millionen Euro an den Investitionskosten der Campus-Lösung zu beteiligen. „Mit welcher Begründung forderte die Stadt Mölln nach der Beauftragung durch den SSJS am 24. Februar ultimativ eine Beteiligung des Kreises von 5 Millionen Euro, obwohl sich die Gesamtsumme auf 17 Mio Euro ermäßigt hat? Das entspräche einem Investitionsanteil des Kreises von 29 Prozent“, heißt es in der Anfrage an die Verwaltung. SPD spricht von Scheinverhandlungen: Und weiter: Die Stadt Mölln habe hinsichtlich einer möglichen Überschreitung der Investitionskosten von 17 Millionen Euro ultimativ eine Kostenbeteiligung des Kreises an Überschreitungen von 50 Prozent gefordert. „Wie lässt sich das begründen, wenn der Kreis mit weniger als 30 Prozent an den regulären Baukosten beteiligt ist“, fragt die SPD. Kämen Verwaltung und Bürgermeister der Stadt Mölln bei nüchterner Betrachtung nicht selbst zu dem Ergebnis, „dass die Gespräche mit dem Kreis nach dem 24. Februar 2020 Scheinverhandlungen waren in der billigenden Erwartung, dass der Kreis die Forderungen der Stadt ablehnen wird“, heißt es in dem Fragenkatalog der SPD. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Dafür spreche auch die Verwaltungsvorlage vom 23. Januar für die Sitzung des SSJS vom 27. Januar: „Letztendlich ist die Finanzierung mangels zur Verfügung stehender Fördermittel somit weiterhin nicht gesichert, sodass aus Sicht der Verwaltung die Erweiterung der GS Tanneck ohne Einbindung der Steinfeldschule weiter zu treiben ist“, heißt es in der Vorlage. „Wir appellieren an den Bürgermeister und den Landrat, sich im Sinne der Inklusion an einen Tisch zu setzen und einen Deal zu finden, der für beide Seiten sinnvoll ist“, sagte Matthias Esche, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins. Lesen Sie auch: Letzte Chance? Kreis und Stadt beraten über inklusive Schule Millionenlücke: Campus-Schule in Mölln droht zu scheitern Entwurf für landesweit einzigartige Schule steht Von Florian Grombein

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