Corona-Ausbruch in Askanierhaus Lauenburg: Senioren in Zimmern isoliert

Günter Lang, Bewohner des Askanierhauses Lauenburg, sagt es ganz unverblümt: „Corona macht uns verrückt.“ Der 96-Jährige lebt seit drei Jahren in dem Seniorenheim, das jetzt trotz peinlich befolgter Umsetzung der Hygieneregeln vom Virus betroffen ist. 15 Menschen sind positiv auf Corona getestet worden, zehn Bewohner und fünf Mitarbeiter (Stand Freitag). Negative Testung kann falsch sein: Das Askanierhaus hat insgesamt 105 Bewohner. Die Angehörigen durften auch in den vergangenen Wochen nur nach einem Test auf die Zimmer ihrer Verwandten. Warum es trotzdem passiert ist? „Der Antigen-Test hat keine 100-prozentige Zuverlässigkeit. Es gibt genug falsch-negative Ergebnisse“, sagt Philipp Staneck, Geschäftsführer des Askanierhauses. „Wir haben alles getan, was möglich ist. Die Mitarbeiter versuchen seit neun Monaten, allen Bewohner gerecht zu werden. Ich danke ihnen für die tolle Arbeit trotz großer emotionaler Belastung.“ Lesen Sie auch: Awo-Pflegeheim Lauenburg: Zehn Bewohner positiv auf Corona getestet Staatsanwaltschaft ermittelt: So kam Corona ins Pflegeheim Wentorf Die positiven Fälle seien nur zufällig durch die wöchentlichen Routinetests aufgefallen. „Niemandem geht es schlecht, keiner hat Symptome“, versichert Staneck. Auch der eine Todesfall sei nicht Folge einer Corona-Infektion. Die betroffene Person war negativ getestet worden. „Wir sind optimistisch, dass wir das Virus im Wohnbereich, wo alle Fälle zu verzeichnen sind, isolieren können.“ In Gemeinschaftseinrichtungen mit vielen Menschen sei Corona bei anhaltend hohen Infektionszahlen nicht zu verhindern. „Pflegeeinrichtungen können leider im Gegensatz zu Schulen nicht einfach betroffene Klassen nach Hause schicken. Wir müssen die Menschen weiter versorgen.“ Günter Lang lebt seit Wochen nur in seinem Zimmer: Doch auch wenn die Bewohner des Askanierhauses körperlich nicht krank sind – gut geht es ihnen nicht. Günter Lang, der aus Neumünster wegen seiner Tochter nach Lauenburg kam, schildert den Tagesablauf: „Wir sind seit Wochen nur in unseren Zimmern, bekommen dort auch unser Essen. Ich kann nicht Skat spielen, mit meinen Enkeln nur telefonieren. Meine Tochter darf nur nach Anmeldung und Testung kommen, jetzt gar nicht mehr. Aber es nützt ja nichts. Wir müssen das Virus besiegen. Ich mache das Beste draus, höre gerne klassische Musik, lese Zeitung und spreche mit meiner Tochter über Politik. Und wenn ich nachts nicht schlafen kann, mache ich Übungen im Bett.“ Manchmal habe er sich auch schon aus dem Zimmer geschlichen, gesteht der Senior. „Bis die Schwester mich wieder eingesammelt hat.“ Von der Verlobten räumlich getrennt: Günter Lang (96), ehemaliger Polizeibeamter und immer gut gelaunt, ist ein Unikum. Als Vorsitzender des Heimbeirats ist er Ansprechpartner für seine Mitbewohner und somit gut „beschäftigt“. Eines macht ihn allerdings traurig: Er darf seine Verlobte (80) nicht besuchen, weil sie im Erdgeschoss ihr Zimmer hat. Günter wohnt oben. Die drei Etagen werden getrennt versorgt, wegen Corona. „An ihrem Geburtstag habe ich 19 Rosen bestellt, die durfte ich ihr nicht persönlich geben. Wir haben uns nur von weitem gesehen und beide geweint“, sagt der liebenswerte Senior. Das Askanierhaus in Lauenburg ist ein Familienunternehmen. Inhaber sind Rainer und Sylvia Staneck (auch Pflegedienstleiterin), Geschäftsführer ist Sohn Philipp Staneck. Zum Haus mit 110 Plätzen gehört das Restaurant „Soltstraatenhus“. Es gibt ein weiteres Askanierhaus in Schwarzenbek sowie Tagespflegeplätze in Büchen. Der ambulante Pflegedienst läuft weiter, ist von Corona-Folgen in Lauenburg nicht betroffen. Schade sei auch, dass das Restaurant nicht mehr geöffnet habe. Dort habe er täglich gesessen, Zeitung gelesen und Kaffee getrunken, auch mal mit Menschen von draußen sprechen können. „Und ich habe meine Verlobte da kennengelernt und mich noch mal verliebt. Vor drei Monaten habe ich ihr den Ring an den Finger gesteckt, beim Gottesdienst. Aber zusammen leben wollen wir nicht. Jeder braucht doch sein eigenes Zimmer.“ Von Silke Geercken