Corona: Protest gegen Einreisekontrolle nach Mecklenburg-Vorpommern

An mehreren Stellen hatten Unbekannte „Es reicht! Keine DDR 2.0!“ auf den Boden gesprüht. Offensichtlich machte sich hier der Unmut Luft, dass es im Bereich der ehemaligen Grenze zur DDR wieder „Grenzkontrollen“ durch die Polizei gab. Alle Reisende mit Kfz-Kennzeichen, die nicht aus Mecklenburg-Vorpommern stammten, wurden herausgewinkt und kontrolliert. „Einreisekontrolle; bitte Personalausweis, Führerschein und Fahrzeugpapiere“, hieß es dann von den Uniformierten. 12 Einsatzkräfte der Polizeiinspektion Wismar und zwei Führungskräfte der Fachhochschule Güstrow waren, wie an zehn weiteren Kontrollstellen des Landes, im Einsatz. Nur wenigen Fahrzeugen wurde die Weiterfahrt Richtung Osten untersagt. „Die Menschen sind freundlich und haben Verständnis. Je länger Ostern dauert, umso mehr spricht sich auch herum, dass kontrolliert wird“, sagte einer der Beamten bei kühlem Wind und leichtem Nieselregen. Dass sich Proteste auf der Straße und am Straßenrand fanden – „Gesundheits-Faschismus, die Polizei macht mit“ – ließ die Einsatzkräfte kalt. Mecklenburgische Landesverordnung kennt viele Ausnahmen: Dabei regelt die aktuelle Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommerns (Corona-LVO M-V) zumindest für den Zeitraum bis vorläufig 18. April 2021 im Paragrafen fünf: „Alle Reisen in das Gebiet des Landes Mecklenburg-Vorpommern sind untersagt, soweit die folgenden Absätze nichts anderes bestimmen“. Da liegt die Schwierigkeit, denn Ausnahmen gibt es viele. Das können berufliche Gründe sein, Besuche der „Kernfamilie“ (Ehe- oder Lebenspartner, nächste Verwandte), aber auch Dauercamper, Vermieter von Ferienwohnungen und einige Ausnahmen mehr. Wer es genau wissen möchte – oder muss – findet auf der Seite regierung-mv.de unter „Service, FAQ Corona, Tourismus und Reisen“ alle zulässigen Ausnahmen. In jedem Fall sollte sich vorab informiert werden und entsprechende Belege, die eine Einreise ermöglichen, mitgeführt werden. Zu den zulässigen Ausnahmen zählen auch die Teilnahmen an Trauerfeiern und die eigene Hochzeit. Lesen Sie auch Usedom: Behörden holen illegale Urlauber aus Ferienwohnungen Polizei-Kontrollen: Zahlreiche Besucher mussten MV verlassen Noch bis zum 18. April kann kontrolliert werden: Ob die Einreisekontrollen in den nächsten Tagen fortgesetzt werden, ließ die Polizei auf Nachfrage offen. Allerdings gab es die Empfehlung an einen Kraftfahrer, der in den nächsten Tagen aus dem Lauenburgischen beruflich einreisen muss, entsprechende Belege mitzuführen. Marlis und Leonhard Ehlen aus Bäk haben einen offenen Brief an Manuela Schwesig, die Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, sowie an die Landräte der betroffenen Kreise auf beiden Seiten der Landesgrenze geschrieben. Darin beklagen sie die Einseitigkeit im kleinen Grenzverkehr zwischen den Kreisen Herzogtum Lauenburg und Nordwestmecklenburg sowie Parchim-Ludwigslust. Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Schwesig, bis auf ein kurzes Zeitfenster im Spätsommer und Herbst 2020 ist es uns seit Beginn der Corona-Pandemie gegen Strafzahlungen untersagt, Mecklenburg-Vorpommern zu betreten. Wir wohnen in Bäk, einem ehemaligen Mecklenburgischen Dorf, das im Zuge des Barber-Lyaschenko Abkommens im November 1945 gegen Gemeinden auf der Ostseite des Schalsees ausgetauscht worden ist. Bäk liegt auf der Ostseite des Ratzeburger Sees. Wir fühlen uns in unserem alltäglichen Bewegungsraum erheblich eingeschränkt. So dürfen wir den Friseur und den Bäcker in Rehna nicht aufsuchen, unsere Einkäufe in der Gläsernen Molkerei in Dechow nicht tätigen und eine alleinstehende Freundin in Carlow nicht besuchen. Das gleiche gilt für Kontakte in Schwerin. Unsere Freunde müssen immer zu uns anreisen. Ebenfalls ärgerlich ist, daß wir unsere nächstliegenden Seen wie den Ratzeburger See und den Mechower See nicht umwandern dürfen. Ebenfalls verboten sind Spaziergänge auf der Ostseite des Schaalsees. Irritiert sind wir, wenn wir die vielen Autos mit mecklenburgischen Kennzeichen vor unseren Supermärkten und auf den Waldparkplätzen sehen. Wohlgemerkt: Wir möchten keine Grenz-schließung von Schleswig-Holsteinischer Seite, aber die einseitigen von Ihnen angeordneten Restriktionen machen uns zu schaffen. Die rigorose Grenzschließung von Ost gegen West erinnert doch sehr an die Zeit des kalten Krieges. Wir haben es nie für möglich gehalten, daß diese Grenze wieder wieder hart werden könnte. Wir wünschen uns von Ihnen mehr Augenmaß und Sensibilität für die Regelungen des kleinen Grenzverkehrs unserer benachbarten Kreise. Und da kein Ende der Corona-Maßnahmen in Sicht ist, fordern wir Sie höflich auf, den kleinen Grenzverkehr zwischen den Kreisen Herzogtum Lauenburg und Nordwestmecklenburg sowie Parchim-Ludwigslust alltagsverträglich zu regeln, zumal die Inzidenzen schon seit einigen Wochen bei Ihnen im Osten höher liegen. Von Thomas Biller