Corona im Lauenburgischen: Die Chronik der Ausbreitung (Stand: 21.03.2020)

Der Corona-Virus breitet sich auch im Kreis Herzogtum Lauenburg immer weiter aus – inzwischen in der dritten Woche. Wir haben ein Update unserer Corona-Chronik gemacht. Der erste Verdachtsfall im Lauenburgischen: Eine Frau aus Nusse kommt am Faschingsdienstag, 25. Februar, nachts vom Karneval aus dem Rheinland zurück. Sie begibt sich eigenständig in häusliche Quarantäne und informiert am nächsten Morgen das Gesundheitsamt. Sie ist der erste Verdachtsfall in Schleswig-Holstein. Nachdem Tage später Symptome auftreten, ist ein zauch ein zweiter Test am Sonntag, 1. März, positiv. Es ist der dritte Corona-Fallin schleswig-Holstein. Da die Frau nach ihrer Rückkehr durch die Fahrt mit dem eigenen Auto und der sofortigen freiwilligen Quarantäne keine Kontakte hatte, steckt sie auch niemanden an. Der Kreis hatte am 28. Februar erstmals über Vorsorgemaßnahmen informiert. Krankenhäuser reagieren: Die Krankenhäuser sorgen für mögliche weitere Verdachtsfälle im Kreis vor. Das Johanniter-Krankenhaus in Geesthacht baut schon vor dem ersten bestätigten Fall am Freitag, 28. Februar, vor dem Eingang ein Zeit auf. Personen, die Symptome zeigen und zuvor Kontakt mit einem Infizierten hatten oder in einem Risikogebiet waren, können dort getestet werden, ohne das Gebäude betreten zu müssen. Sie sollen aber erst nach vorheriger Anmeldung zum Krankenhaus kommen. Erste Veranstaltungsabsagen: Das Orchester der Bundespolizei hatte eigentlich gemeinsam mit der Gemeinschaftsschule Lauenburgische Seen für den 12. März ein Benefizkonzert in Ratzeburg geplant. Das wird am Montag, 2. März, abgesagt – aus Vorsorgegründen und zum Schutz der Bevölkerung. Absagen von weiteren Veranstaltungen folgen. Erster Corona-Toter aus dem Lauenburgischen: Ein 60-jähriger Mann aus der Nähe von Lauenburg infiziert sich während einer Flusskreuzfahrt in Ägypten mit dem Corona-Virus. Er stirbt dort am 8. März in einem Krankenhaus. Zwei Polizisten der Polizeistation Lauenburg überbringen der Witwe die Todesnachricht – ohne sich vor dem Virus zu schützen, denn sie wussten nicht, dass die Witwe ebenfalls in Ägypten gewesen war. Am Tag darauf werden die beiden Beamten in Quarantäne geschickt und die Polizei ordnet die Desinfektion der Diensträume und des Einsatzfahrzeuges an. Am Montag, 9. März, rückt ein Tatortreiniger aus Nusse an. In den Apotheken und Drogerien sind Desinfektionsmittel und hochprozentiger Alkohol praktisch ausverkauft. Erste Allgemeinverfügung: In Absprache mit den Gesundheitsämtern aller anderen Kreise im Land veröffentlicht der Kreis am Montag, 9. März, die erste Allgemeinverfügung zum Corona-Virus. Wer aus einem vom Robert-Koch-Institut festgelegten Risikogebiet zurückkommt, darf 14 Tage lang besonders relevante Einrichtungen wie Schulen und Kitas nicht betreten. Lauenburg’scher Teller fällt aus: Erstmals in der 25-jährigen Geschichte der Aktion „Lauenburg’scher Teller“ muss die Auftaktveranstaltung ausfallen. Einen Tag vor der Eröffnungsaktion – am Montag, 9. März, gibt die verantwortliche HLMS die Entscheidung bekannt. Zuvor hatten bereits zwei Betriebe ihre Teilnahme abgesagt. Die Tellergerichte sollen trotzdem bis Herbst in den Restaurants angeboten werden. Kreis übernimmt Quarantäne-Fälle aus Hamburg: Zwei positiv auf den SARS-CoV-2-Erreger getestete Personen aus Hamburg werden ihre Quarantänezeit im Kreis Herzogtum Lauenburg verbringen, teilt der Kreis am Dienstag, 10. März, mit. Die Zahl der Infizierten im Kreis steigt damit auf drei Fälle. Das Hamburger Ehepaar verfügt über eine Zweitwohnung im Kreisgebiet, in der die Versorgung für die Dauer der Quarantäne sowie die Betreuung durch das Kreisgesundheitsamt sichergestellt werden kann. Ärztin des Johanniter-Krankenhauses in Quarantäne: In Geesthacht besucht eine zurückgekehrte Skiurlauberin das Johanniter-Krankenhaus. Später stellt sich heraus, dass sie möglicherweise infiziert ist. Eine Ärztin des Krankenhauses wird daraufhin am Dienstag, 10. März, in Quarantäne geschickt. Der Frau aus Nusse geht es besser: Der ersten Corona-Erkrankten im Kreis geht es am Mittwoch, 11. März, bereits deutlich besser. Der Kreis zählt zu diesem Zeitpunkt drei Infizierte und etwa 20 Verdachtsfälle. Vorsorglich hat die Kreisverwaltung Mitarbeiter aus anderen Bereichen für Aufgaben im Gesundheitsamt abgestellt. Als besonders gefährdend werden Veranstaltungen eingestuft, bei denen getanzt, geschwitzt oder gesungen wird. Meldepflicht für Veranstaltungen: Nachdem Sozialminister Heiner Garg empfohlen hat, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern auf ihre zwingende Erfordernis hin zu überprüfen, verordnet der Kreis am Donnerstag, 12. März, eine Meldepflicht von öffentlich zugänglichen Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen. Während der Fun-Parc in Trittau vorsorglich seine Veranstaltungen absagt, soll im Möllner Nox am Sonnabend noch die Ü-30-Party gefeiert werden – mit Genehmigung des Gesundheitsamtes, wie das Nox erklärt. Einen Tag später sagt das Nox die Party doch ab. Städte und Gemeinden schließen Rathäuser: Aus Angst vor Ansteckungen kündigen am Freitag, 13. März, erste Verwaltungen an, ihre Gebäude für den Publikumsverkehr zu schließen. Verschiebbare Anliegen müssen warten Immer mehr Infizierte: Am Freitag, 13. März, schießt die Zahl der Infizierten im Kreis nach oben auf sieben. Einen Tag später sind es zwölf. Inzwischen hat der Kreis sämtliche Verstaltungen verboten, Schulen und Kitas sind nach Entscheidungen der Landesregierung ab Montag, 16. März, geschlossen. Kreis schließt Bars und Kneipen: Mit einer Allgemeinverfügung ergänzt der Kreis am Sonntag, 15. März, eine Allgemeinverfügung des Landes. Bars, Kneipen, Club,s Kinos, Mussen und Fitnessstudios müssen schließen. In Restaurants gilt ab sofort ein Mindestabstand. Infektionszahlen steigen rasant: Zählte der Kreis am Mittwoch, 11. März, noch drei bestätigte Infektionen – davon zwei „importierte“ infizierte Quarantänefälle aus Hamburg, sind es am Sonntag, 15. März, schon zwölf Corona-Infizierte im Lauenburgischen. DRK-Bildungszentrum schickt Schüler in Krankenhaus: Weil die Kranken- und Altenpflegeschulen landesweit ab sofort geschlossen sind, schickt das DRK die Schüler der DRK-Gesundheitszentrums für Bildungsberufe am Montag, 16. März, „auf Station“. Im DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg unterstützen und entlasten ab sofort 30 angehende Krankenpfleger und Krankenpflegerinnen die Mitarbeiter. Landesweit geht es um jeweils 2000 Kranken- und Altenpfleger. Kreisverwaltung schaltet in Krisenmodus: Nachdem Landrat Christoph Mager in den beiden Wochen zuvor bereits begonnen hat, mit kleineren Umstrukturierungen der Verwaltung zusätzliche Kapazitäten für des Gesundheitsamt zu schaffen, schaltet die gesamte Kreisverwaltung am Montag, 16. März, in den Stabsmodus, eine auf Krisensituationen angepasste Verwaltungsstrutur. Es werden eine Krisenstab mit dem Schwerpunkt Gesundheit, und ein Verwaltungsstab zur unterstützenden Umsetzung von Verwaltungsarbeiten eingerichtet. Kreis bereitet Notunterkünfte vor: Im Innenausschuss des Kreises am Montag, 16. März, berichtet der Katastrophenschutz über der Herausforderungen bei der Beschaffung von Schutzausrüstung. Es wird auch die Beschaffung von 700 Feldbetten vorgezogen. Zwei Schulen in Geesthacht und Ratzeburg sind als Notunterkünfte vorgesehen. Helfer bereiten sich auf Einsatz vor: In Elmenhorst treffen sich am Montag, 16. März, abends die Gruppenleiter der Katastrophenschutzeinheiten im Kreis. Die Stimmung sei sehr konzentriert gewesen, heißt es aus Teilnehmerkreisen. Die Herausforderung ist, dass die Corona-Krise relativ lange anhalten wird und auf die ehrenamtlichen Helfer ein Marathonlauf zukommt. Immer mehr Corona-Fälle: Die Zahl der erfassten Infizierten steigt immer weiter. Am Mittwoch, 18. März, hat das Kreisgesundheitsamt bereist 21 Fälle registriert. In Mölln wirken sich die Einschränkungen zunehmend auf das öffentliche Leben aus. Eklat im Kreistag: Während der Sitzung des Kreistages am Donnerstag, 19. März, kritisiert die SPD die Einberufung der Sitzung. Kreispräsident Meinhard Füllner sei dafür persönlich verantwortlich, wenn sich einer der Abgeordneten mit dem Corona-Virus infiziere, heißt es. Hamburg mit hoher Durchseuchung: Im bundesweiten Vergleich hat Hamburg im Verhältnis der gemeldeten Corona-Fälle zu der Bevölkerungszahl die größte gemeldete Durchseuchung. Auf 100 000 Einwohner kommen 36,1 Fälle. In Schleswig-Holstein sind es zum gleichen Zeitpunkt 11,1 Fälle, Im Kreis Herzogtum Lauenburg beträgt der Wert zum gleichen Zeitpunkt 12,3. Aufgrund der intensiven Pendlerbewegungen zwischen dem Kreis und Hamburg könnte das Virus ohne die angeordneten Maßnahmen verstärkt verbreitet werden. Kreis verbietet Privatfeiern: Private Veranstaltungen wie Geburtstagsfeiern, Grillabende oder ähnliche Veranstaltungen sowie Ansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum werden am Freitag, 20.März, mit sofortiger Wirkung vom Kreis untersagt. Am Tag zuvor hatte der Kreis bereits das Sonntags-Verkaufsverbot für Supermärkte aufgehoben. Landrat appelliert an Bürger: Landrat Dr. Christoph Mager wendet sich am Freitag, 20. März, direkt an die Bürger. Er fordert die Menschen im Kreis Herzogtum Lauenburg zu umsichtigem Verhalten auf und spricht von Ausgangssperren. Erstmals keine Neuinfektion: Erstmals seit zehn Tagen wird im Kreis Herzogtum am Freitag, 20. März, keine Neuinfektion mit dem CoVid-19-Virus festgestellt. Allerdings kann es bei der Meldung und Bearbeitung auch mal zu Verzögerungen kommen. Verdreifachung innerhalb einer Woche: Allein am Sonnabend, 21. März, sind dem Gesundheitsamt zwölf neue Positiv-Tests gemeldet worden. So viele an einem Tag gab es noch nie. Drei weitere Fälle sind am Sonnatg gemeldet worden. Die Gesamtzahl hat sich damit innerhalb einer Woche verdreifacht und steigt auf 39. Die Quote der Durchseuchung steigt damit auf 20,0 Fälle je 100 000 Einwohner. In Hamburg ist dieser Wert mit 47,4 bundesweit am höchsten. In Bayern sind es 28,3 und in Nordrhein-Westfalen 41. Landesweit liegt der Wert in Schleswig-Holstein bei 15,1. Diese Zahlen und Werte sind hoch dynamsich. DRK-Krankenhaus bekommt mehr Intensivbetten: Das DRK-Krankenhaus Mölln-Ratzeburg erhöht seine Kapazitäten von derzeit zehn auf 17 Intensivbetten. Ab Sonnabend, 21. März, wird dafür die Station 2 geschlossen und als Isolierstation vorhalten zu können. Ein Teil davon wird als zusätzliche Intensivstation mit sieben Intensivbetten ausgebaut. Corona im Pflegeheim: Nun hat der Virus am Montag, 23. März, auch ein Pflegeheim im Kreis Herzogtum Lauenburg erreicht. Eine 90-jährige Bewohnerin ist erkrankt. Das Pflegheim hat nach Kreisangaben entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Frank Roselieb ist Krisenforscher und mit seinem Kieler Institut „Krisennavigator – Institut für Krisenforschung“ derzeit ein gefragter Mann. Das, was derzeit von Behördenseite geschehe, folge einem klaren Drehbuch. Das bestehe aus einem fünfstufigen Plan. Aufklärung in verbaler Form sei die erste Stufe. Im Kreis Herzogtum ist das über veröffentlichte Informationen der Verwaltung, also der Behörden erfolgt. Der Appell – ebenfalls in verbaler Form – zum freiwilligen Verzicht auf Veranstaltungen oder die Pflege privater Kontakte war die zweite – längst überschrittene – Stufe. Die Anordnung von Maßnahmen – wie das Verbot von Veranstaltungen – erfolgte, weil die Appelle keine ausreichende Wirkung zeigten. Mit dem Abriegeln wie der Schließung von Schulen und Kita oder den Inseln in Schleswig-Holstein wird die vierte Stufe erreicht. Trotz der vierten Stufe verhalte sich die Bevölkerung weiterhin falsch, kritisiert Roselieb. „Wenn man sieht, was am Wochenende beispielsweise an der ostholsteinischen Küste los war, sieht man, dass die Menschen genau das Gegenteil von dem tun, was erforderlich wäre“, sagt der Krisenforscher. Wenn das so weitergehe,werde der Bundesregierung vermutlich zum Wochenende nichts anderes übrig bleiben, als mit dem Abschotten die fünfte Stufe zu erklären. Damit würde wie in Spanien auch in Deutschland eine Ausgangssperre gelten, prognostiziert Roselieb. Von Holger Marohn

Corona - Corona im Lauenburgischen (Update): Chronik einer rasanten Ausbreitung