Dehoge will einheitliche Steuer als Corona-Hilfspaket

Gastronomen verlangen eine einheitliche Mehrwertsteuer: Seit Oktober läuft eine bundesweite Online-Petition, mit der Unterschriften gegen die geltende Mehrwertsteuerregelung im Gastgewerbe gesammelt werden. Während beim Besuch eines Restaurants 19 Prozent Mehrwertsteuer anfallen, sind es bei Essen zum Mitnehmen oder bei Lieferungen an die Haustür nur sieben Prozent. „Das ist ungerecht“, sagt Gastwirt Axel Strehl aus Ahrensburg, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Schleswig-Holstein ( Dehoga ). Zudem bekomme das Thema angesichts der Corona-Krise neue Brisanz. „Mit einer einheitlichen Besteuerung von sieben Prozent könnte nach der Krise das Gastgewerbe wieder angekurbelt werden“, sagt Strehl. Serviertes Essen schont die Umwelt: Seit Jahren ist die unterschiedliche Mehrwertsteuerhöhe ein Dauerthema in der Gastronomie. Wenn im Restaurant eine Pizza bestellt und im Sitzen verzehrt wird, fallen 19 Prozent Mehrwertsteuer an, wird die Pizza beim Abholservice bestellt und mitgenommen oder geliefert, fallen nur sieben Prozent an. Denn das Essen im Restaurant gilt als Dienstleistung, das Essen zum Mitnehmen dagegen nicht. „Die Essenszubereitung ist genau gleich“, gibt Lutz Frank, Dehoga-Vorsitzender im Kreis Segeberg, zu bedenken. Das Essen im Restaurant habe dabei auch noch Vorteile. „Wir servieren das Essen auf Porzellan und mit Besteck, die hinterher abgewaschen werden“, sagt Frank, „beim Imbiss sind es Pappteller und Plastikbesteck. Das Essen im Restaurant ist damit nachhaltiger und umweltschonender.“ „Die unterschiedliche Besteuerung ist ungerecht“, sagt auch Axel Strehl. „Ein Salat zum Mitnehmen ist in einer Kunststoffschale, in einer Extrakunststoffschale sind die Croutons, und dazu gibt es Dressing in einem kleinen Plastiktütchen.“ Dazu komme noch ein Kunststoffbesteck mit Papierserviette. Im Restaurant sei der Salat frisch und auf einem Teller, aber trotzdem höher besteuert. Gleiches gelte bei Eisdielen. Wer sein Eis im Becher am Tisch serviere, schone die Umwelt, es fielen aber 19 Prozent Umsatzsteuer an. Wer das Eis dagegen im Pappbecher mit Kunststofflöffel verkauft, produziere Müll, zahle aber nur sieben Prozent Steuern. „Diejenigen, die auf Umweltschutz achten, werden mit der höheren Steuer bestraft“, kritisiert Strehl. Kaffee schwarz ist Luxus, Milchkaffee nicht: Dazu komme, so Frank, dass die Steuern unübersichtlich seien. Denn eine Ausnahme stellen Leitungswasser und Kuhmilch dar, die stets nur mit sieben Prozent besteuert werden, weil sie als Grundnahrungsmittel gelten. Dazu gehören alle Getränke ab 75 Prozent Milchanteil. Milchkaffee fällt also in die Kategorie sieben Prozent, schwarzer Kaffee oder Hummer werden dagegen mit 19 Prozent besteuert, weil sie als Luxusgüter gelten. „Wenn wir bei einer Konfirmation das Catering machen, sind es sieben Prozent, wenn wir Teller und Besteck mitliefern, fallen dafür 19 Prozent an“, erklärt Frank. Eine Schulmensa werde mit 19 Prozent belastet, die Mensa an der Uni nur mit sieben Prozent. „Wer soll da noch durchblicken? Man muss die ganze Steuer überdenken, sie ist zu kompliziert.“ Es müssten nicht unbedingt sieben Prozent für alle sein, aber einheitlich solle die Steuer sein, sagt Frank. Steuersenkung als Hilfspaket: Anke Asmus, Dehoga-Vorsitzende im Kreis Herzogtum Lauenburg, spricht sich für eine einheitliche Sieben-Prozent-Lösung aus, um das Sterben der Landgasthöfe zu stoppen. „Damit könnte man die Landgasthöfe stärken, die es schwerer haben, weil die Gäste erst zu ihnen rausfahren müssen“, erklärt sie. Steigende Personalkosten belasteten die Gastronomen, da könne eine niedrigere Mehrwertsteuer den Betrieb retten. „In der Corona-Krise steht uns die schlimmste Zeit noch bevor“, befürchtet Anke Asmus – alle Gesellschaften für Hochzeit, Konfirmation oder andere Feiern seien storniert worden. „Da wäre eine Sieben-Prozent-Steuer ein gutes Hilfspaket.“ Sie hoffe, dass die Politik die Gastronomie unterstütze. Lutz Frank hat nun sämtliche Bundestagsabgeordneten im Kreis zu dem Thema angeschrieben. „Jetzt haben wir die Corona-Krise, das ist die beste Gelegenheit, um über das Thema zu reden.“ Derzeit zahlten alle Gastronomen einheitlich sieben Prozent, weil nur noch Außer-Haus-Verkauf möglich ist und das Gericht somit als Lebensmittellieferung gilt, nicht als Dienstleistung. Bei den sieben Prozent soll es nach dem Willen des Dehoga bleiben, auch wenn die Restaurants dann wieder geöffnet haben, um den Gastwirten wieder auf die Beine zu helfen. Deshalb sammelt der Verband weiter Unterschriften, federführend ist dabei der Dehoga Bayern. Schon 140 000 Unterstützer: „Die Online-Petition sollte ursprünglich am 31. März abgeschlossen werden, läuft jetzt aber noch weiter“, sagt Strehl. Die Unterschriften sollen nach Abschluss der Sammlung dem Petitionsausschuss beim Deutschen Bundestag übergeben werden. „Die jetzige Krise beutelt die gesamte Branche“, gibt Strehl zu bedenken. „Jetzt sind alle schwach. Ein gleicher Steuersatz würde allen in der Krise helfen.“ „Es ist fünf nach zwölf! Rettet unsere Gasthäuser!“ heißt es auf der Internetseite des Dehoga Bayern. Es sei eine Frage des Umweltschutzes, der Steuergerechtigkeit, der Wertschätzung und der Zukunftssicherung der Restaurants und Gasthäuser, die Steuer zu vereinheitlichen. „In 17 EU-Staaten wird zwischen dem Essen aus dem Supermarkt, dem Essen im Gehen, im Stehen und dem Essen im Restaurant steuerlich kein Unterschied gemacht.“ 50 000 Unterstützer sind notwendig, um die Petition an den Bundestag zu richten, gut 140 000 Unterschriften liegen aktuell vor. „Alle Petitionen, die an den Deutschen Bundestag gerichtet sind und hier eingereicht werden, werden gemäß Artikel 17 des Grundgesetzes beraten und beschieden“, erklärt eine Sprecherin des Deutschen Bundestages dazu. In der Coronavirus-Krise müssen die Geschäfte in der Region Lübeck sowie den angrenzenden Kreisen vorübergehend schließen. Viele Betriebe stellen daher kurzfristig auf Online-Bestellungen um oder bieten Lieferdienste an, andere wiederum machen spezielle Gutscheinangebote. Die LN unterstützen Händler in Not und bieten unter ln-online.de/supportyourlocal eine Liste mit Angeboten und Ideen der lokalen Geschäfte, Restaurants, Cafés und Einzelhändler. +++ Für Unternehmer: Hier können Sie Ihren Betrieb direkt eintragen. +++ Für Kunden: Hier können Sie auf einen Blick sehen, welche Firmen dabei sind. Von Bettina Albrod

Corona-Krise - Für die Rettung der Gasthöfe: Dehoga will einheitliche Steuer