Die Paten werden zu Türöffnern

Ihre Aufgabe ist es, den geflohenen Menschen bei der Integration zur Seite zu stehen. Allerdings: Alle haben in dieser Aufgabe Enttäuschungen erlebt, über die sie sich in Arbeitsgruppen austauschen konnten. Eingeladen zu dem Workshop im Landschulheim Neu-Lankau hatte die Koordinatorin für die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe, Tanja Schwärmer-Reich, deren Schreibtisch im Sozialamt in Sandesneben steht. Die Verzahnung von Koordinatorin und Amt war einer der Punkte, die positiv herausgestrichen wurden. „Die Zusammenarbeit klappt prima, wir haben kurze Wege und unkomplizierte Problemlösungen“, freute sich Stefanie Zimmer, eine Patin aus Sandesneben. Allerdings verändern sich die Anforderungen gerade beträchtlich. Es geht nicht mehr um das Dach über dem Kopf. Alle rund 240 Flüchtlinge im Amtsbereich sind gut untergebracht. Von den anfänglich mehr als 120 Mitgliedern der Flüchtlingsinitiative Sandesneben-Nusse, so schätzt Schwärmer-Reich, sind jedoch nur noch rund 45 Aktive übrig. Sie haben den Erkenntnisschock überwunden, dass die Betreuung als Ratgeber und Türöffner nicht in Wochen oder wenigen Monaten zu erledigen ist. Denn jetzt erst steht die eigentliche Integration an, in die Dorfgemeinschaft oder auch in den Arbeitsmarkt. Zu den frustrierenden Erlebnissen gehörten verständnislose und genervte Mitarbeiter etwa in den Jobcentern, und dass die Bevölkerung zwar freundlich und auch hilfsbereit, aber weitgehend desinteressiert an den neuen Nachbarn sei. „Für manche entscheidet sich der Integrationserfolg daran, dass die Mülltrennung auch bei Irakern und Syrern klappt“, hieß es in einer Gesprächsrunde. Dass Integration ein Prozess sei, der von zwei Seiten gestaltet werden müsse, blendeten viele Bürger aus. Wobei auch das Phlegma vieler Flüchtlinge und der mühsame Spracherwerb als Hindernisse benannt wurden. Für die Zukunft wünschen sich die Paten mehr Entgegenkommen aus der Bevölkerung, feste Ansprechpartner in Behörden und Ämtern, und dass Erfolge bekannter werden – etwa wenn ein Arbeitsvertrag zustande kommt. Auch Flüchtlinge könnten und sollten sich einbringen. Warum fahren nicht, so eine Anregung, im neuen Bürgerbus abwechselnd Flüchtlinge mit? Sie könnten als Begleiter beim Einsteigen oder Einkaufen behilflich sein – und schon wäre man im Gespräch. Der Workshop wurde begleitet von Bettina Süphke, die im Kieler Sozialministerium die Arbeit der 28 Koordinatoren im Land betreut. Für diese Arbeit sowie für die Beratungsstellen auf Kreisebene stehen in den Jahren 2016 bis 2019 jährlich 2,5 Millionen Euro zur Verfügung. Das Geld sei gut angelegt, waren die Teilnehmer des Workshops überzeugt. Denn bei aller Ernüchterung: Die Arbeit lohne sich. Denn jeder habe auch Erfahrungen gemacht, die als Bereicherung empfunden würden. Von Matthias Schütt

Sandesneben - Die Paten werden zu Türöffnern