Einzigartig: Möllner Amadeus hat einen Drive-in gebaut

Mit dem Auto an den Schalter fahren, bestellen, Tüte nehmen und futtern. Das Drive-in-Konzept gibt es zwischen Lübeck und Hamburg nur bei einer Hand voll Burger-Imbiss-Läden – allesamt große Ketten, bei denen der Andrang im Moment enorm ist. Schließlich ist der Außer-Haus-Verkauf notgedrungen in Mode. In der Coronakrise erfreut sich also auch das Drive-in-Konzept enormer Beliebtheit – denn aus dem Auto heraus bestellt man ziemlich sicher vor einer Infektion mit dem Coronavirus. Auf diesen Trend hat der Betreiber des Möllner Kultlokals „Amadeus“ blitzschnell reagiert. Er hat den wohl norddeutschlandweit einzigen Drive-in mit Persönlichkeit entwickelt. Das Restaurant hat mit einfachen aber technisch ausgeklügelten Mitteln einen kontaktlosen Drive-in mit Videochat-Bestellung und Flaschenzug eröffnet. „Ein kontaktloser Drive-in mit Persönlichkeit“: „Wir nennen das ganze Drive-in mit Persönlichkeit. Denn bei uns hört man nicht nur eine Stimme. Man sieht den Verkäufer auf dem Display“, erklärt Helge Walter und lächelt. Der 42-Jährige hat in dieser schwierigen Zeit wie viele andere Gastronomen nicht resigniert, sondern kämpft um sein Geschäft. Der Geschäftsführer profitiert dabei von der guten Lage seines Restaurants in der Hauptstraße 7 in der Nähe des Möllner Zobs. Auf der Rückseite des Lokals gibt es einen Parkplatz. Wer im Drive-Inn bestellen will, der fährt einfach in die dafür vorgesehene Haltebucht. Dort findet er einen Holzkasten, in dem Walter ein großes Tablet mit Videochat-Funktion angebracht hat. Direkt darunter befindet sich ein Kartenlesegerät. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Und siehe da, der Reporter bekommt beim Druck auf die ebenfalls angebrachte Klingel gleich eine Rückmeldung. Walter erscheint auf dem Schirm und fragt: „Was kann ich für Sie tun?“ Eine ganze Menge. Denn die „Amadeus“-Crew hat nahezu die gesamte Karte im Drive-in-Angebot. Während der Besucher auf die frisch zubereiteten Speisen wartet, brutzelt der Koch des Kultrestaurants derweil in der direkt an den Drive-in angrenzenden Küche Speisen. Es gibt Schnitzel, Spargel oder Zanderfilet am Schalter: Schnitzel, frischer Spargel, Croques, Salate Gemüsepfannen oder etwa ein Zanderfilet mit Bratkartoffeln und hausgemachter Remoulade stehen auf der Karte. Wenn die Speisen fertig sind, öffnet sich die Küchentür, zu der eine kleine Treppe führt. Ein Mitarbeiter hängt jetzt eine große Tüte mit diversen Warmhalteschalen und Speisen darin an einen horizontalen Flaschenzug, der am Treppengeländer entlangführt. Jetzt braucht der Kunde nur das Autofenster herunterzukurbeln und sich die Tüte zu schnappen. „Sie können kontaktlos mit Karte bezahlen und brauchen gar nicht auszusteigen“, sagt Walter und grinst. Er hat den Humor noch nicht verloren. Ein wenig stolz ist er schon auf seine Idee und die Konstruktion – auch wenn der hölzerne Drive-in-Schalter nicht ganz symmetrisch ist und nicht wie bei der großen Burgerkette im benachbarten Ratzeburg aus Glas und glattem Kunststoff besteht. Doch seine Idee ist ein echter Hingucker, ein Lichtblick in diesen finsteren Zeiten für die Gastronomie in Deutschland. „Amadeus“: Restaurant-Übernahme direkt in der Krise: Walter befindet sich wie viele Gastronomen in einer Ausnahmesituation, in der es auch um die Existenz gehen könnte. Die Umsätze sind eingebrochen. Bei den ersten Sonnenstrahlen sind sonst bereits die Außenreviere der Kellner – mit Tischen und Stühlen – voller Gäste. Jetzt stehen Stühle auf den Tischen, vielerorts sind Außentische abgesperrt. Auch drinnen ist seit ein paar Wochen kein Gast anzutreffen, weil die Behörden es aufgrund des Coronavirus verbieten. Bei allem Verständnis dafür entsteht ein kapitaler wirtschaftlicher Schaden für Walter. Noch schlimmer ist: „Wir haben das Geschäft am 1. April von dem Vorbesitzer übernommen“, sagt Walter. Und jetzt startet der Unternehmer gleich mit einer Zwangspause. Noch bitterer: Am 24. April 2020 sollte das Möllner Amadeus eigentlich sein 25-jähriges Bestehen feiern. Die Party, wie sie einmal geplant war, fällt wohl aus. Die Kunden bleiben dem Amadeus treu: Im „Amadeus“ wurden alle Register gezogen, um das Geschäft am Laufen zu halten, die Mitarbeiter nach Möglichkeit zu halten und auch die Kunden zu bedienen. Ein für Gäste kostenfreier Lieferservice in ganz Mölln sowie einen Onlineshop, in dem man bequem und ohne langes Telefonieren über das Internet bestellen kann, hat das „Amadeus“ aus dem Boden gestampft. Gäste, die Umkreis von Mölln wohnen, müssen mit einer moderaten Liefergebühr rechnen, damit das Amadeus keine Miese macht. „Wir mussten erfinderisch sein und haben in alle Richtungen gearbeitet“, sagt Walter. Und das Team hat das Gefühl, dass die Menschen das zu schätzen wissen. Es gebe viele treue Kunden, die täglich bestellen und dem beliebten Möllner Lokal den Rücken stärken. Walter freut sich über jeden Gast, der die Angebote auch in der Krise nutzt. Wenn der Atem der Gastronomen wie Helge Walter reicht, um die Krise zu überstehen, sind sicher genug treue Kunden übrig, die sich an den tollen Service erinnern – und an den Drive-in. 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Gastronomie in der Coronakrise - Einzigartig: Möllner „Amadeus“ hat einen Drive-in gebaut