Filetstück für Akademiker? FDP gegen Sozialwohnungen in Möllns Hafencity

Derzeit werden viele Pflöcke eingeschlagen, um die Vision einer Möllner Hafencity mit Wohnungen am Ziegelsee in Realität umzusetzen. Es geht zwar noch nicht darum, wie die Gebäude und Straßen genau aussehen sollen. Doch zum Beispiel wird darüber geredet, wer dort leben und arbeiten soll. Nach den Wünschen der Grünen sollen sich 25 bis 30 Prozent der dort entstehenden Wohnungen auch Empfänger von Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld leisten können – Dank sozialer Wohnungsbauförderung. Die FDP sprach sich jetzt hingegen vehement gegen Sozialwohnungen an dieser Stelle aus. In diesem Filetstück wünscht sich Helmut Bergmann, Vorsitzender des Möllner FDP-Ortsvereins, Menschen mit höherer Bildung, die es sich leisten können. FDP: Filetstück für Klientel mit hohem Bildungsniveau: „Der Hafen ist ein Filetstück. Ich bin nicht grundsätzlich gegen Sozialwohnungen. Jedoch gegen Sozialwohnungen an dieser Stelle“, sagte Bergmann im vergangenen Möllner Bauausschuss. Er wolle eine Klientel nach Mölln locken, die bislang fehle: Menschen mit hohem Bildungsniveau, und nicht Lehrer oder Beamte, sondern Personen, die es sich leisten könnten, am Wasser zu wohnen. Menschen, die vielleicht einmal ein Unternehmen in Mölln gründen würden. Dabei hatten die Grünen zuvor einen Ergänzungsantrag zum Bebauungsplan 108 gestellt. Ihnen schwebt ein klimaökologisches und soziokulturelles Modellprojekt für die ganze Region in der Möllner Hafencity vor, für dessen Entwicklung Städtebaufördermittel fließen könnten. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Idee: Eine gut durchmischte Anwohnerstruktur aus allen Bevölkerungsgruppen. Seitens der Ceravis AG wurde schon 2017 entschieden, den Standort im Möllner Hafen aufzugeben, heißt es in einer Vorlage der Möllner Bauverwaltung. Seitdem versuche die Ceravis AG, die langsam verfallenden Gebäude und Anlagen zu verkaufen. Der ATR-Landhandel habe seinen Betrieb im Möllner Hafen weitestgehend eingestellt und forciere ebenfalls den Verkauf seiner Flächen. Die Gebäude auf dem Gelände seien nur schwer nachnutzbar. Insbesondere der denkmalgeschützte Reichstypenspeicher aus dem Jahr 1939 ist mit 20 Meter hohen Siloschächten errichtet worden, die eine Umnutzung zu anderen Zwecken als die der Getreidespeicherung gemäß einer fachlich erstellten Machbarkeitsstudie unmöglich machten. Uwe Schlegel (SPD): „Ich möchte da keine Elbchaussee“: Demzufolge hagelte es Kritik an Bergmanns Worten. „Ich höre nur Sahnestück und da haben eigentlich Akademiker zu leben. Mit so einer Politik beginnt man, Slums zu eröffnen“, sagte Ulrich Woßlick (SPD) merkbar aufgebracht. Als Schlag in den Magen bezeichnete Uwe Schlegel, Fraktionsvorsitzender der SPD, die Äußerungen Bergmanns. „Ich möchte da keine Elbchaussee haben oder ein anderes Edel-Viertel. Hier soll ein durchmischtes Viertel entstehen. Das ist mir ganz wichtig“, sagte der Sozialdemokrat. Mechthild Rosker (Grüne): „Mir hat sich der Magen umgedreht: „Dass man keine Sozialwohnungen möchte, finde ich unglaublich. Das habe ich noch nicht gehört“, sagte Horst Flöter (FMW). Auch die Grünen zeigten sich empört: „Mir hat sich bei den Worten der Magen umgedreht. Hier soll kein exklusives Gebiet für reiche Menschen entstehen, die gern am Wasser wohnen wollen“, erklärte Mechthild Rosker. Man wolle im Sinne des Klimaschutzes Anreize schaffen, öfter mit dem Fahrrad zu fahren. Das sei mit Fahrrädern, die man aus dem Keller holen müsse, nicht der Fall. Zuvor hatte sich Bergmann auch gegen Metallkäfige für Fahrräder ausgesprochen. Lesen Sie auch Möllner Politik stimmt für Hafencity am Möllner Ziegelsee Vorsicht beim Internetanschluss: Falsche Stadtwerke-Techniker stehlen Schmuck Millionenkosten für Mölln: Welche Schule soll zuerst saniert werden? Bauamt: Nur etwa 400 Sozialwohnungen in ganz Mölln: Die CDU warf die Frage auf, ob es denn überhaupt Bedarf für Sozialwohnungen gebe. 25 bis 30 Prozent entsprächen in der Hafencity möglicherweise 100 Sozialwohnungen. Ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender, Jörg Steffen, wollte der Verwaltung gerade einen Prüfauftrag erteilen, als Stadtplanerin Kerstin Mett-Sprengel bereits die Antwort parat hatte: Es gebe nur noch etwa 400 Sozialwohnungen für die 19 000 Einwohner der Stadt. Für einen großen Teil laufe die Einstufung als sozialer Wohnraum bald ab. Dann stehen demnach nur noch zwischen 100 und 150 Sozialwohnungen zur Verfügung. „Wir haben 15 Jahre lang keine Sozialwohnungen geschaffen“, sagte die Möllner Fachdienstleiterin „Planung“. Zwischen 2004 und 2019 sei das der Fall gewesen. Erst mit den Aktivitäten der Kreisbaugenossenschaft waren nach diesem Zeitraum wieder erste Sozialwohnungen, unter anderem gegenüber des neuen Friedhofs, entstanden. Bergmann machte deutlich, dass er nicht auf ein Modellprojekt, sondern auf eine „übliche Vorgehensweise“ setzt. Er sprach sich anders als die CDU und die FMW zwar nicht gegen ein Verbot von Vorgartenparkplätzen aus. Für die gebe es bei der dichten Bebauung gar keinen Platz. Doch er schlug vor, eine Tiefgarage zu schaffen. Unter anderem, weil er sich gegen „störende Metallkäfige für Fahrräder“ sowie E-Ladesäulen im Wohngebiet aussprach. Er schlug vor, in den Garagen solche Abstellmöglichkeiten zu schaffen und nachträglich Ladeanschlüsse dort unten zu schaffen. Der Plan der Grünen sei viel zu detailliert, deshalb werde er nicht zustimmen. CDU: „Autofreier Stadtteil, nicht mit uns“: CDU und FMW setzten sich dafür ein, dass es, anders als die Grünen es im Antrag forderten, Vorgartenparkplätze im Bebauungsgebiet geben dürfe. „Ein autofreier Stadtteil ist mit uns nicht zu machen.“ Es gehe ihm nicht darum, am Hafen eine Elite anzusiedeln, die abgeschottet lebe, entgegnete Bergmann am Ende. Doch er wolle es einigen Menschen ermöglichen, ihre Vorstellung von Leben dort umzusetzen. Es gebe in Kürze weitere Baugebiete in der Nähe, in denen sozialer Wohnraum entstehen könne. Kerstin Mett-Sprengel beruhigte die Politiker, die zu strenge Vorgaben und zu viele Details fürchteten. Es handele sich in dieser Planungsphase nicht um Dogmen, sondern Rahmenvorgaben. Mit diesen soll aber eine Einheitlichkeit im Entwurf geschaffen werden. Damit kann die Stadt auch ausloten, ob Fördermittel beantragt werden können. Der Ergänzungsantrag der Grünen zum B-Plan 108 wurde am Ende mehrheitlich beschlossen. Von Florian Grombein