Herzogtum Lauenburg: Einzelhandel weiter in der Corona-Krise

„Ich habe meinen Mitarbeitern versprochen, dass keiner von ihnen wegen Corona seinen Job verliert – aber ab Ende Januar wird es eng.“ Der Satz von Christian Schmittat sitzt. Der Geschäftsführer des „MC Modecentrums“ mit Filialen unter anderem in Mölln und Ratzeburg ist sauer, weil der Lockdown am Dienstagabend ein weiteres Mal verlängert wurde. Nichts weniger als eine Katastrophe sei der Beschluss für sein Unternehmen. Das fehlende Ostergeschäft im vergangenen Jahr sei schon dramatisch gewesen. Die großen Hochzeiten, Abifeiern, Konfirmationen im Sommer, zu denen immer viele schicke Kleider und Anzüge über die Ladentheke gehen – verschoben oder abgesagt. Mit dem Umsatz aus dem Weihnachtsgeschäft müsste nun die Sommerware für das „Modecentrum“ bestellt und bezahlt werden – auch dieses Geld fehlt, ganz abgesehen davon, dass alte Kollektionen aus dem letzten Lockdown noch im Lager liegen. „Wir waren ein äußerst gesundes Unternehmen“, betont Geschäftsführer Christian Schmittat, „aber die Umsatzeinbrüche bringen uns an den Rand der Existenz.“ Bis Ende Januar reiche das Geld noch. Danach aber wird das Geld knapp und er weiß nicht, ob er sein Versprechen an seine Mitarbeiter, dass niemand seinen Job verlieren wird, dann noch halten kann. Keine Solidarität mit #wirmachenauf: Rainer Jürss sieht die Lage etwas entspannter. Bis Ende März käme sein Herrenmodensgeschäft „Trend Men“ in Mölln ohne die versprochenen staatlichen Zuschüsse aus, die Einzelhändler beantragen können, um ihre Fixkosten zu decken. Dass Jürss gern früher öffnen würde, versteht sich von selbst. Dennoch begrüßt er die Verschärfung der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus – auch wenn das für sein Geschäft noch ein paar harte Wochen bedeuten dürfte. Andererseits: Nur wenn die Infektionszahlen auf einem niedrigen Niveau seien, könnten Einzelhändler wieder ohne Bedenken Kunden empfangen und wirklich befreit ihrer Arbeit nachgehen. Mit Aktionen wie den Hashtag #wirmachenauf möchte Jürss unter keinen Umständen in Verbindung gebracht werden. Unter dem Hashtag haben sich einzelne Läden und Lokale dazu verabredet, trotz des verlängerten Lockdowns am 11. Januar wieder zu öffnen. „Die Gefahr, dass Rechte auf diesen Zug aufspringen, ist viel zu groß“, findet der Herrenausstatter. „Ein Geschäft, das vorher fest im Sattel saß, kann diese Zeit überbrücken.“ Unverständnis für hohe Zuschüsse an Gastronomen: In einem Punkt sind sich Christian Schmittat und Rainer Jürss allerdings einig: Sie empfinden es als ungerechnet, dass Gastronomen 75 Prozent ihres Umsatzes als Ausgleich gezahlt bekommen, während Einzelhändler sich mit den Fixkosten begnügen müssen. Christian Schmittat plant deshalb, über den Verband „Katag“ eine Sammelklage auf den Weg zu bringen und prüfen zu lassen, ob die Schließung des Einzelhandels rechtmäßig ist und ob eine Ungleichbehandlung zwischen den Branchen vorliegt. Lara-Johanna Fabinski hat die Verlängerung des Lockdowns nicht schockiert, mehr noch: „Vor Ende Februar rechne ich nicht mit Lockerungen.“ Die Floristin hätte sich die beschlossenen Verschärfungen schon vor Weihnachten gewünscht. Zur stark sei die Zahl der Todesfälle gestiegen, jetzt sei Solidarität gefragt. Eine Öffnung des Einzelhandels hält Fabinski unter diesen Umständen für unverantwortlich. Tendenz zum Online-Shopping könnte bleiben: Ihr Blumenladen mache ihr im Vergleich dazu weitaus weniger Sorgen, auch deshalb, weil sie nach wie vor einen Abholservice anbieten darf. Kein Ersatz für das Ladengeschäft, aber besser als gar keine Einnahmen und für sie und ihr Team leichter zu organisieren als ein Lieferdienst. „Man muss sich eben bewegen“, bringt Lara-Johanna Fabinski ihre pragmatische Einstellung auf den Punkt. Zum Schluss der Blick in die Glaskugel: Wie wird es in den Innenstädten im Kreis nach Corona aussehen? Ulf Hahn, Geschäftsführer der „Wirtschaftsförderung Herzogtum Lauenburg“ befürchtet, dass die Tendenz der Kunden zum Onlinehandel nur bedingt umzukehren sei. Skeptiker wären jetzt dazu gezwungen, auf diese Art des Einkaufens zurückzugreifen und könnten die Vorteile für sich entdeckt haben. Wem es vorher schlicht zu kompliziert oder zu unsicher war, im Internet zu bestellen, könnte Berührungsängste überwunden haben. Lesen Sie auch Herzogtum Lauenburg: So kommen die Senioren zur Corona-Impfung Brexit: Das sind die Folgen für Briten im Herzogtum Lauenburg Im Dezember 5784 Arbeitslose im Kreis Herzogtum Lauenburg Das ist vielleicht auch nicht die Prognose, die sich Händler mit einem Geschäft mitten in Ratzeburg oder Mölln wünschen würden. Nichtsdestotrotz ist Ulf Hahn davon überzeugt, dass der Wirtschaftsstandort Herzogtum Lauenburg am Ende gut durch die Krise kommen wird. Der Grund: Nicht alle Branchen würden so sehr unter dem Lockdown leiden wie zum Beispiel der Tourismus. Einige Einzelhändler halten sich mit kreativen Ideen, ihre Produkte unter die Leute zu bringen, über Wasser, dazu die starke metallverarbeitende Industrie – all das stimmt in letztendlich optimistisch. Von Sophie Schade