Impfreste: Politik im Herzogtum Lauenburg fordert vom Landrat offenen Umgang

Das Impfzentrum in Alt-Mölln war vier Tage in Betrieb, als Landrat Dr. Christoph Mager (CDU) – wie er jetzt im Hauptausschuss des Kreises berichtete – um kurz nach 18 Uhr einen Anruf aus dem Impfzentrum erhielt, ob er kurzfristig vorbeikommen könne. Mager sagte zu, fuhr nach Mölln und bekam aus Impfresten seine erste Impfung mit dem Impfstoff von Biontech. Neben ihm wurden in den Tagen vorher und danach auch andere Kreismitarbeiter aus Restdosen geimpft. Am Dienstag berichtete Mager während einer von der SPD beantragten Sondersitzung des Hauptausschusses über die Vorgänge und nannte Einzelheiten. Danach habe er drei Wochen später auch seine Zweitimpfung bekommen und ab Februar regelmäßig am Wochenende Koordinierungsdienste des Kreises im Impfzentrum übernommen. In dem Zusammenhang entschuldigte sich Mager für sein Verhalten. Dieses sei „moralisch falsch“ gewesen. Gleichzeitig verwies Mager darauf, dass er keine Angaben zu einzelnen Mitarbeitern machen könne und werde. Bei den Impfungen handele es sich um persönliche Patientendaten, die der Schweigepflicht unterlägen. SPD: „Wir fordern nicht den Rücktritt des Landrates“: „Wir wollen nicht den Landrat an den Pranger stellen. Aber wir sind der Meinung, dass wir mit der Herausforderung nur umgehen können, wenn wir offen und ehrlich sind“, sagte Jens Meyer, SPD-Fraktionsvorsitzender. „Wenn falsch gehandelt worden ist, dann muss das auch eingestanden werden. Wir wollen nicht den Rücktritt des Landrates fordern“, so Meyer, der zu Beginn der Sitzung einen Fragenkatalog vorgelegt hatte. FDP-Fraktionsvorsitzende Judith Gauck bezeichnete die Fragen als „unbequem, aber notwendig“. Gauck: „Ich habe mich bislang in der Corona-Pandemie immer gut informiert gefühlt. Das hat sich geändert. Die Diskussionen jetzt hätte man vermeiden können, wenn man Transparenz geschaffen hätte. Das finde ich unerfreulich“, sagte Gauck. „Ich finde es gut, dass sie sich hier äußern und das reflektieren. Trotzdem ist es schwierig, die Sache so mit der Aussage abzuschließen, dass das so ok war. Ich glaube nicht, dass das so in Ordnung gewesen ist. Ich glaube nicht, dass sie das hätten machen dürfen“, sagte Gauck in Richtung Landrat. Kreispräsident Füllner (CDU) spricht von Grauzone: Das Schlimmste sei, „dass es jetzt hinterher rauskommt“. Das habe schon grundsätzlich einmal den Anstrich der Heimlichtuerei, wenn man solche Sachen erfährt, weil es eine Zeitungsanfrage gegeben habe. Das beschädige die ganze gute Arbeit. „Vielen Menschen ist das, was hier passiert ist, nicht zu vermitteln“, so Gauck. Die Diskussion werde weitergehen, weil jetzt erst ganz viele Informationen bekannt geworden seien. Für die CDU äußerte sich Kreispräsident Meinhard Füllner: „Wir reden jetzt nur deshalb darüber, weil sich in den letzten Wochen eine öffentliche Diskussion entwickelt hat, wo Menschen wie Regierungspräsidenten aber auch mal Landräte und andere Personen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang standen, sich Impfdosen erschlichen und unberechtigte Vorteile verschafft haben.“ Es gebe immer eine Grauzone, die Diskussionen auslösen werde. Gleichzeitig warnte der Kreispräsident davor, durch die öffentliche Diskussion die Reputation in Frage zu stellen. Grüne: Information hätte rechtzeitiger sein müssen: Die stellvertretende Fraktionssprecherin der Grünen, Anna Granz, bezeichnete es als „Fehler von Anfang an“, dass die Verimpfung von Restdosen nicht gesetzlich geregelt worden sei. „Ich danke für die saubere Darstellung. aber ich kann Ihnen nicht der Vorwurf ersparen, dass diese Information hätte rechtzeitiger sein müssen“, so Granz. Nachdem in dem Fragenkatalog der SPD auch die Frage aufgekommen war, ob sich der Geschäftsführer der kreiseigenen Rettungsdienstgesellschaft, Kai Fabian Steffens, habe impfen lassen, bestätigte dieser seine eigene Impfung. Neben seiner Arbeit als Geschäftsführer leiste er im Rahmen einer vom Aufsichtsrat genehmigten Nebentätigkeit im Kreis Stormarn regelmäßig Zwölf-Stunden-Schichten im Rettungsdienst. Aufgrund dieser Tätigkeit gehöre er zu höchsten Priorisierungsgruppe. SPD kritisiert Umgang mit Pflegefachkräften: In dem Zusammenhang mit dem Fragebogen wurde von der SPD auch die Rolle der Verwaltungsdirektorin Dörte Kröpelin kritisiert. Danach hätten hauseigene Pflegekräfte der Kreisverwaltung, die zum Bereich der Heimaufsicht des Kreises gehören, der Verwaltungsdirektorin am 12. Januar „Impfwünsche zur Genehmigung“ vorgelegt. Diese Berechtigungsscheine seien erst nach mehr als vier Wochen genehmigt und persönlich überreicht worden, kritisierte die SPD. Dabei seien die Personen von der Verwaltungsdirektorin darauf hingewiesen worden, dass sie ja eigentlich aufgrund der Impfordnung des Bundes nicht zu den priorisierten Gruppen gehörten, man die Impfverordnung „großzügiger auslegen müsse“, beschrieb die SPD den Vorgang. In der Zwischenzeit waren andere Mitarbeiter des Kreises, die zur zweiten Impfkategorie gehören, aus Restdosen geimpft worden. Lesen Sie auch Corona: So wird im Impfzentrum Alt-Mölln mit Biontech Pfizer geimpft Landrat Christoph Mager bedauert Biontech-Impfung in Alt-Mölln Kröpelin, die in der Verwaltung für die Impfzentren verantwortlich ist und laut LN vorliegender Liste am 5. Januar geimpft worden sein soll, äußerte sich in der Sitzung selbst nicht. Landrat Mager verwies aufgrund der Anfrage der SPD darauf, dass die Impfverordnung am 8. Februar angepasst worden sei und dadurch eine entsprechende Priorisierungsmitteilung für die Pflegefachkräfte erst möglich war. Brackmann: Magers Eingeständnis zeugt von wahrer Größe: Mager bedauerte sein Verhalten: „Ich habe ihr Vertrauen ein Stück weit enttäuscht. Das tut mit leid. Dafür entschuldige ich mich.“ Moralisch sei er sich „im Klaren, dass es falsch war“. Er hätte das Angebot, sich mit einer Restdosis impfen zu lassen, ausschlagen müssen. „Ich habe hier mangelnde Sensibilität gezeigt“, räumte Mager ein. In Bezug auf mögliche Folgen der Impfungen sagte Mager: „Ich bin überzeugt, dass wir uns an die Maßgabe des Sozialministeriums gehalten haben. Deshalb habe ich auch keinerlei Befürchtungen in Bezug darauf, dass sich da strafrechtlich etwas entwickeln wird.“ Hauptausschuss-Vorsitzender und CDU-Fraktionsvorsitzender Norbert Brackmann zollte den Ausschussmitgliedern Respekt, „dass alle dieses Thema sehr sachlich diskutiert“ hätten. „Ich habe Respekt vor der persönlichen Erklärung des Landrates. Die wahre Größe erkennt man darin, dass Fehler auch eingestanden werden“, sagte Brackmann. Von Holger Marohn