Jäger wollen wegen Schweinepest weiter in Mölln schießen üben

Die Kreisjägerschaft (KJS) schlägt Alarm. Die Afrikanische Schweinepest (ASP) breitet sich in einem nur 300 Kilometer entfernten Gebiet aus. Jäger sind landesweit in den Startlöchern, um erkrankte Tiere aufzuspüren und zu erlegen. Dass nun kein Schießstand im Lauenburgischen mehr zur Verfügung steht, um das fachgerechte Erlegen von Wildschweinen zu trainieren, könne schlimme Konsequenzen haben. So steht es in einem Schreiben der KJS an Bürgermeister Jan Wiegels, das den LN vorliegt. Die Jäger bitten um eine Übergangsregelung, die ihnen die wichtigsten Schießübungen am Schießstand Waldhof erlaubt, bis ein neuer Pachtvertrag ausgehandelt wird. Geschehe dies nicht, sei auf Dauer gar die „öffentliche Sicherheit“ in Gefahr. 1600 Jäger müssen trainieren: „Vor dem Hintergrund der nun konkreten Bedrohung durch die ASP können wir uns nicht vorstellen, dass der Forstausschuss unsere Bitte um eine ausgewogene Übergangslösung ablehnt“, heißt es in dem Brief der KJS. Alles andere sei „sozial und umweltpolitisch unausgewogen und mittelfristig in der schlimmsten Konsequenz eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“. Das zu befürchtende Seuchengeschehen könne durch eine angemessene Bejagung durch viele gut ausgebildete und engagierte Jäger abgemildert werden. Dass die 1600 Jäger im Kreis Seuchen eindämmen könnten, habe man seit Jahrzehnten beim Thema Tollwut bewiesen. Die Schwarzwildbejagung sei bereits intensiviert worden, Sammelstellen wurden eingerichtet und ASP-Suchhunde ausgebildet. Die Forderungen der Jäger sehen im Einzelnen folgendermaßen aus: Zehn Schießtage ab Februar 2021 sollen für die Ausbildung von Jungjägern auf dem Schießstand möglich sein. Zum Erwerb des Schießnachweises sollen an 13 Tagen auch Schüsse auf der Trap- und Skeet-Anlage möglich sein. Der Schrotschuss soll mit bleifreier Munition erfolgen. Alle Jäger im Kreis sollen auf dem Schießstand Waldhof schießen dürfen sowie Forstbedienstete des Landes, der Stadt und des Kreises. Sportschützen sollen dort nach Willen der KJS nicht schießen dürfen. Die Stadt Mölln sei durch Beschluss des Forstausschusses zur kurzfristigen Umsetzung eines entsprechenden Vertrages zu beauftragen. FDP stellt Antrag für Übergangslösung: Im Forstausschuss hat die FDP am Montag einen entsprechenden Antrag zur Verlängerung des Schießbetriebes, übergangsweise ab 1. Oktober 2020, gestellt. Darüber wurde jedoch noch nicht abgestimmt. Er wurde mit mehrheitlichem Beschluss zur Beratung in die Fraktionen verwiesen. „Wir Jäger sollen helfen, aber wir dürfen nicht üben“, erklärte Bernd Karsten, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, jetzt im Möllner Forstausschuss. Die Schweinepest gehe nicht am Kreis vorbei. Die KJS sei täglich in Krisensitzungen mit der Kreisverwaltung und der Landesregierung im Gespräch. „Das ist mit Sicherheit ein außergewöhnlicher Einsatz, der Anerkennung verdient“, entgegnete die Vorsitzende des Forstausschusses, Kirsten Patzke (SPD) darauf. Die ASP treffe die Beteiligten mit voller Härte, legten die Jäger nach. Jede Rettungswagenbesatzung und jede Gliederung des THW dürfe üben, doch ihnen werde das verboten. Die weiteren Gespräche dazu fanden dann allerdings im nicht öffentlichen Teil der Sitzung statt. Wiegels: ASP ist keine ausreichende Begründung: Auf Anfrage bei der Verwaltung sagte Bürgermeister Jan Wiegels einen Tag danach: „Das Auftreten der ASP stellt meines Erachtens keine ausreichende Begründung dafür dar, den Schießstand jetzt wieder zu öffnen.“ Nach Auffassung der städtischen Fachleute liege der gegenwärtige Überbesatz an Schwarzwild nicht an der mangelnden Schießpraxis der Jägerschaft, sondern eher an der unzureichenden Reduzierung des Bestandes in vielen Revieren. Noch deutlichere Worte findet Kirsten Patzke auf Anfrage nach der Sitzung. Die Ausbreitung der Afrikanische Schweinepest sei seit Langem bekannt und dass sie auch das Lauenburgische erreiche, werde seit Langem befürchtet. „Um sich zum Schutze der Bevölkerung und insbesondere der Landwirte darauf einzustellen, hätten schon seit vielen Jahren die Wildbestände reduziert werden müssen“, erklärt die Politikerin. Schießstände seien in der Region vorhanden: Der Stadtforst etwa habe immer wieder Maßnahmen zur stärkeren Bestandsregulierung ergriffen. Das sei etwa durch die Umstellung von Erbpachten auf Verwaltungspachten geschehen. „Hier muss wohl ein Konzept auch des Kreises her und ein Umdenken in der KJS, wie man sich denn nun die Bekämpfung der ASP vorstellt“, sagt Patzke. Im Übrigen habe man den Jägern das Üben auch nicht verboten. Ausweichmöglichkeiten seien in erreichbarer Entfernung vorhanden. „Mich irritiert die Argumentation der Stadt. Schusstraining muss kontinuierlich erfolgen, um die Leistung auf gutem Niveau zu halten“, sagt wiederum der KJS-Vorsitzende Karsten. Angesichts der Querelen um den geschlossenen Schießstand dauere der KJS die Erstellung eines Bodengutachtens „etwas lange“, erklärte er am Montagabend gegenüber den LN. Solch ein Gutachten wäre eine Voraussetzung für einen neuen Pachtvertrag. Ausschreibung des Bodengutachtens ist komplex: „Die Erstellung der Ausschreibung für das Bodengutachten musste mit dem zuständigen Landesministerium und der Bodenschutzbehörde des Kreises abgestimmt werden, zumal die Kosten hierfür in wesentlichen Teilen vom Landesministerium übernommen werden sollen. Dies erfordert einen gewissen zeitlichen Vorlauf“, sagte Wiegels auf Anfrage. „Ein vernetztes gemeinsames Vorgehen war uns wichtig, um tragfähige Lösungen zu erreichen. Die Annahme, hier werde etwas verzögert, ist falsch“, ergänzte Patzke. Es zeichne sich ab, dass für eine zukünftige Lösung für den Schießstand nicht nur die Stadt Mölln zuständig sein könne. Auch der Kreis müsse stärker zur Verantwortung gezogen werden. Die Landesebene sei ebenfalls gefragt, was etwa Vorschriften für die Jungjägerausbildung angehe. „Wenn der Schrotschuss in die Luft Vorschrift ist, es aber gar keine Schießstände gibt, die dies umweltverträglich ermöglichen können, dann besteht hier Regelungsbedarf“, sagte Kirsten Patzke. Lesen Sie auch Beginn der Jagdsaison: Wie viele Tiere leben in unseren Wäldern? Schießstand Waldhof: Mölln wird Pachtvertrag mit der Kreisjägerschaft nicht verlängern Bleifrei: Neue Munition soll Streit um Möllner Schießplatz entschärfen Politik knüpft Bedingungen an neuen Schießstand in Mölln Von Florian Grombein