Kaum Sitzungen im Herzogtum: Bremst Corona das politische Leben aus?

„Die für den 26. Januar 2021 vorgesehene Sitzung der Stadtvertretung wird Corona-bedingt abgesagt. Zur nächsten Sitzung wird fristgerecht eingeladen“, heißt es in der jüngsten Mitteilung der Stadt Lauenburg/Elbe. Ähnliche Absagen aus dem Kreis gibt es derzeit häufig. Grund: der Lockdown wegen der Corona-Pandemie. Dass das öffentliche Leben heruntergefahren werden muss, damit die Ansteckungsgefahr mit dem Virus verringert wird, ist nachvollziehbar. Aber diese Maßnahme hemmt nicht nur das Privatleben, sondern auch Wirtschaft und Politik. Über die Auswirkungen auf Wirtschaft, Handel und Gastronomie haben wir schon häufiger berichtet. Wie aber sieht es mit der Arbeit der politischen Gremien und der öffentlichen Verwaltungen auf kommunaler oder Kreisebene aus? Verharren wir in einer verhängnisvollen Winterstarre? „Wegen des Lockdowns muss bei uns im Kreis keine wichtige Sitzung abgesagt werden“, beteuert Tobias Frohnert, Sprecher der Kreisverwaltung in Ratzeburg. Alle Gremien dürfen tagen – wenn auch unter den vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen wie Abstand und Hygiene. Beispielsweise könne bei wichtigen Sitzungen das ,Pairing’-Verfahren angewandt werden. Das heißt, es müssen nicht sämtliche Mitglieder eines Gremiums erscheinen, sondern in Relation der politischen Verhältnisse auch weniger (also statt 8-4-2 Mitglieder von drei Fraktionen nur 4-2-1). Beim Kreis selbst wäre die nächste reguläre Sitzung die des Haupt- und Innenausschusses am 1. Februar gewesen. „Je nach Dringlichkeit entscheidet der Vorsitzende, hier Norbert Brackmann (CDU), ob die Sitzung stattfinden soll oder nicht“, sagte Frohnert vergangene Woche. Jetzt hat sich Brackmann gemeldet: Die Sitzung wird verschoben. Ein neuer Termin steht noch nicht fest. Im Ältestenrat des Kreistages hatte man sich ohnehin darauf geeinigt, Anträge nicht mehr in den Sitzungen zu beraten, sondern die meisten ohne Aussprache zu beschließen. Ähnliches berichten die drei Leitenden Verwaltungsbeamten der Ämter Sandesneben-Nusse, Thomas Jessen, Berkenthin, Frank Hase, und Lauenburgische Seen, Werner Rütz. „Bei uns gibt es keine internen Anweisungen oder Vorgaben, ob Sitzungen stattfinden oder ausfallen müssen“, sagt Frank Hase stellvertretend für seine Amtskollegen. „Die sind alle alt genug und erfahren und wissen, wie sie sich Corona-bedingt verhalten müssen“, ergänzt Thomas Jessen. Gerade eben habe man sich geeinigt, die Amtsausschusssitzung in der Sandesnebener Amtsarena vom 25. Januar auf den 22. Februar zu verschieben. Werner Rütz verweist auf die – theoretische – Möglichkeit einer digitalen Entscheidungsfindung per Videokonferenz. „Das Land hat im vergangenen September dazu die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen mit dem Paragrafen 35a der Gemeindeordnung, die ,Sitzungen in Fällen höherer Gewalt’, wie also jetzt unter Corona, stattfinden zu lassen. Das müssen allerdings die Kommunen einzeln in ihren Hauptsatzungen auch noch bestätigen und beschließen.“ In Ratzeburg hat das die Stadtvertretung im vergangenen Dezember getan. Die Kommunalaufsicht des Kreises hat diese Änderung auch bereits durchgewunken – wie voraussichtlich auch bei allen übrigen Kommunen. Insofern stünde einer digitalen Entscheidungsfindung kaum noch etwas entgegen. Bis auf die Herstellung der Öffentlichkeit. Die muss gewährleistet sein, damit Besucher, Gäste sowie Interessierte an den politischen Sitzungen teilnehmen und sich gegebenenfalls – im Rahmen von Einwohnerfragestunden – beteiligen können. Hier gibt es offenbar noch keine endgültige Lösung. Kreissprecher Tobias Frohnert: „Wir sind in engem Kontakt mit dem Verwaltungsdienstleister Data Port. Videokonferenzen an sich funktionieren.“ Mit der unfallfreien Herstellung der Öffentlichkeit sei man noch nicht ganz so weit. Aus der Arbeit der politischen Parteien und Fraktionen im Kreis berichtet Uwe Martens, Fraktionsvorsitzender der SPD Ratzeburg, stellvertretend: „Seit Dezember haben wir keine Präsenzsitzungen mehr gehabt. Wir kommunizieren nur noch übers Telefon oder per E-Mail.“ Lutz Jakubczak, Leiter des Fachbereichs Zentrale Steuerung der Stadt Ratzeburg, ergänzt: „Im Frühjahr 2020 hatten sich die Fraktionen der Stadtvertretung dahingehend geeinigt, dass unaufschiebbare Entscheidungen durch Absprache der Fraktionsvorsitzenden getroffen werden können, die dann später durch einen formalen Beschluss der Stadtvertretung bestätigt werden konnten. Diese Möglichkeit kann erneut in Betracht gezogen werden, ein verbindliches Votum steht jedoch noch aus.“ Und zur Arbeit der Verwaltung ergänzt er, die Verwaltung mache „natürlich ihren Job wie gewohnt“. Es mehrten sich zwar Ausfälle durch verordnete Quarantäne, „glücklicherweise sind die Befunde bislang negativ“ gewesen. „Die Möglichkeit Homeoffice wird derzeit bei uns von zwölf Mitarbeiter*Innen genutzt, der Trend ist allerdings steigend“, bedingt meist durch fehlende Kinderbetreuung. Der Besucherverkehr im Rathaus seit weiterhin so geregelt, „dass Termine vergeben werden und dabei streng auf die Hygieneregeln geachtet wird“. Und was politische oder Verwaltungs-Entscheidungen bezüglich Haushaltsverabschiedungen, Bauanträge und -voranfragen, wichtige Ortsprojekte betreffe, so Berkenthins Amtsdirektor Frank Hase: „Kein einziges Vorhaben bei uns im Amt hat im vergangenen Jahr gelitten, wir haben keinerlei Rückstände.“ Auch für dieses Jahr sehe er trotz Corona keine Probleme. 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