Landwirte im Herzogtum Lauenburg setzen auf Hafer

Weizen, Gerste und Raps sind die bestimmenden Früchte auf den Äckern im Lauenburgischen. Hinzu kommt ein über Jahre zunehmender Anteil von Mais vor allem durch Biogasanlagen. Doch nun feiert mit Hafer eine fast vergessene Getreidesorte, die einst auf jedem vierten Feld zu finden war, eine kleine Renaissance. Grund dafür ist der Trend zum Superfood. „So viel Hafermilch, wie die Amerikaner trinken wollen, können wir hier gar nicht anbauen“, erzählt ein Landwirt, der in diesen Wochen auf einigen seiner Äcker erstmals seit vielen Jahren wieder Hafer gedrillt, also gesäht, hat. Und er ist damit nicht alleine. Verarbeiter suchen Vetragsflächen: „Der Haferbrei war früher ein Arme-Leute-Essen. Heute heißt es Porridge und ist hip“, sagt Peter Koll, Geschäftsführer der Kreisbauernverbände Herzogtum Lauenburg und Stormarn. Porridge klinge eben auch viel besser. „Wenn ich Hafer so interpretiere, brauche ich dieses ganze importierte Superfood eigentlich gar nicht.“ Der Erfolg des Hafers sei also auch eine Frage der Vermarktung. Auch der Trend zu Hafermilch oder Müsli trage dazu bei. „Hafermilch ist sehr gefragt, überhaupt laufen Milchersatzgetränke sehr gut“, sagt Lydia Kegel vom Reformhaus Wulkow in der Fußgängerzone von Geesthacht. Und die gestiegene Nachfrage spüren die Landwirte. „Auch die Müsli- und Haferflocken-Hersteller wie Brüggen suchen große Anbauflächen für den Vertragsanbau“, sagt Koll. Allerdings seien da Mindestgrößen von 100 Hektar gefordert. Und das könnten nur die wenigsten Betriebe als Vertragsanbaufläche anbieten. Hafer kann extensiv angebaut werden: Ansonsten sei der Hafer aber eine durchaus interessante Frucht, da sie für die typischen Getreidekrankheiten nicht so anfällig sei. Allerdings hätten die schwierigen Anbaubedingungen den Bauern die Renaissance des Hafers etwas vermiest. So sei 2018 mit dem Dürresommer kein so glückliches Jahr gewesen und einige Anbauflächen seien gar nicht beerntungsfähig gewesen. Andererseits haben diese Schwierigkeiten, die es auch in den Hauptanbaugebieten Skandinaviens gegeben habe, die Vermarktungspreise nach oben getrieben. Hafer sei zwar relativ extensiv zu führen, habe aber aufgrund der geringeren Erlöse trotz des geringeren Produktionsaufwandes immer noch einen Nachteil gegenüber dem Weizen, so Koll. Während bei Erträgen von sechs bis sieben Tonnen je Hektar der Hafer für bis zu 200 Euro vermarktet werden könne, liege bei Weizen mit gut 200 Euro je Tonne nicht nur der Erlös etwas höher, sondern vor allem der Ertrag mit neun bis zehn Tonnen. Hafer ist eine Sommerfrucht: Doch auch wenn der Hafer dadurch eigentlich nicht konkurrenzfähig sei, gewinne er als Ausweichfrucht an vierter oder fünfter Stelle in der Fruchtfolge an Bedeutung, gerade wo Raps derzeit etwas schwächelt. Außerdem habe Hafer den Vorteil, dass er als Sommerfrucht erst im März gedrillt werde und daher bei schwierigen Bestellbedingungen der Felder im Herbst später einspringen könne. Und so kommt Hafer auf den guten Böden im Lauenburgischen laut Koll derzeit auf etwa 600 Hektar Anbaufläche – gegenüber 16 000 Hektar Winterweizen. Insgesamt gibt es im Kreis Herzogtum Lauenburg etwa 55 000 Hektar Ackerfläche. Hafer ist kein Exportprodukt: Doch trotz des ganzen Hypes um Hafermilch, Porridge und Müsliriegel ist Deutschland laut Ludwig Striewe vom Landhändler ATR in Ratzeburg von einem Hafer-Exportland weit entfernt. So ersetze der in Schleswig-Holstein angebaute Hafer vor allem Importe aus Finnland und Schweden. Lesen Sie auch Tchibo schließt in Mölln: Corona schadet Innenstadt gewaltig Meister Adebar auf neuem Horst in Büchen-Dorf Lauenburg: Schlechte Noten beim ADFC-Fahrradklimatest Allerdings sieht es auch nicht danach aus, dass der Hafer auch nur annähernd wieder eine Bedeutung wie bis in die Nachkriegszeit erlangen wird. „Damals mussten 20 bis 25 Prozent der Anbaufläche für die Treibstoffproduktion genutzt werden“, sagt Koll. Denn in der vorindustriellen Zeit der Landwirtschaft brauchten Höfe viel tierische Zugkraft für die Arbeit auf dem Feld. Und da war der Hafer eine der Hauptnahrungsquellen der Pferde. Von Holger Marohn