Marie Diot: Liedermacherin aus Büchen bringt neues Album raus

Wie bewerben Musiker ein neues Album, wenn sie nicht auf Tour gehen oder auf Festivals spielen können? Sie machen Livestreams, produzieren im Rahmen des Möglichen Musikvideos, geben viele Interviews und können hoffentlich – so wie die Liedermacherin Marie Dior und der Musiker Fabian Großberg aus Büchen – auf eine treue Fangemeinde bauen, die der neuen Platte ohnehin entgegengefiebert hat und eine echte, physische CD noch zu schätzen weiß. Das Duo hat an der Musikhochschule in Hannover angefangen, gemeinsam Lieder zu schreiben und zu komponieren. Das erste Album ist 2017 erschienen. Jetzt, drei Jahre später, ist das zweite fertig. „Apfel im Strudel der ewigen Liebe“ – ein Albumtitel, auf den selbst Thees Uhlmann mit seinen Lachsen, die zum Laichen und Sterben den Fluss hinaufziehen, neidisch wäre. Kryptische, tiefgründige Texte wechseln sich auf der neuen Platte ab mit sehr leichten, albernen Liedern. Wer auf Indie-Pop und Chanson steht, kommt hier auf seine Kosten. „Wir wollen ja zum Glück keine Stadien füllen“: Während des ersten Lockdowns im Frühjahr steckten Marie Diot und Fabian Großberg mitten in der Produktion des aktuellen Albums – eine willkommene Ablenkung von den täglichen Nachrichten rund um die kritische Situation der Kulturszene. Da das Duo im gleichen Haushalt lebt, ging das relativ einfach. Musikvideos zu den Songs haben sie mehr oder weniger in Eigenregie abgedreht. Bis Ende Oktober konnten sie sogar einige Konzerte spielen, im Robert-Koch-Theatersaal in Mölln zum Beispiel. Immerhin 70 Leute hatten dort Platz. Die meisten Gäste hätten vorbildlich bereits am Einlass eine Liste mit ihren Kontaktdaten abgegeben. Jetzt hätten sie eigentlich noch einen Auftritt auf Gut Basthorst. Aber der fällt aus bekannten Gründen aus. Die beiden Musiker sind optimistisch, dass es auch solche kleinen Konzerte sein werden, die wieder stattfinden können – einfach, weil sie organisatorisch leichter zu bewerkstelligen sind als solche mit größerem Publikum. „Wir wollen ja zum Glück keine Stadien füllen“, bringt es Marie Diot auf den Punkt. Sorge um Situation kleiner Clubs und Kneipen: Jetzt, wo Deutschland ein zweites Mal runtergefahren hat und an Konzerte nicht zu denken ist, fehlt eben jener Ausgleich. „Wir sind ja durchaus auch ganz gut im Nichtstun, aber irgendwann reicht es mal“, beschreibt Marie Diot die aktuelle Situation. Dabei seien die Künstler gar nicht einmal am schlimmsten von der aktuellen Situation betroffen. Ebenso prekär sei die Situation der kleinen Bühnen, der Kneipen und Clubs, die es vielleicht nicht alle schafften im Gegensatz zu den großen Stadien. Noch schlechter ergehe es allen Veranstaltungstechnikern, Toningenieuren und Beleuchtern, die durch ausbleibende Veranstaltungen praktisch ohne Arbeit dastünden. Die Künstler hätten aktuell noch die größere Plattform, doch die Menschen hinter der Bühne steckten sowohl finanziell als auch emotional zum Teil noch tiefer in der Krise. Lesen Sie auch Möllner Pastoren im Rampenlicht: Kirchen drehen Weihnachtsfilm Ratzeburg: Brautpaar zu Gast bei Thomas Gottschalk Falco Punch – ein TikTok-Star aus dem Norden begeistert Fans weltweit „Wir können ja nichts anderes“: Trotz aller Widrigkeiten und der Ungewissheit: Marie Diot und Fabian Großberg haben sich mit Haut und Haaren der Musik verschrieben. Einerseits „weil wir nichts anderes können“, andererseits möchten sie die Vielfalt und die kreativen Möglichkeiten nicht missen, die ihnen ihr Beruf bietet. Deshalb wollen sie weiterhin versuchen, von der Musik zu leben – auch, weil sie fest davon überzeugt sind, dass für Künstler wieder bessere Zeiten kommen. Von Sophie Schade