Mölln: Externe sollen Ausbaubeiträge für LED-Leuchten teuer eintreiben

Es könnte ein Thema für die Satiresendung „Extra 3“ oder Mario Barth sein, wenn die Lage für die Stadt Mölln nicht so vertrackt wäre. Weil die Möllner Verwaltung es personell nicht schaffe, Straßenausbaubeiträge der Bürger für die neuen LED-Leuchten vor dem Verfall der Gebühren einzutreiben, soll eine Firma für 200 000 Euro mit dem Eintreiben beauftragt werden. Es geht um insgesamt 1220 neue LED-Straßenleuchten in über 50 Straßen. Sie sind klimafreundlicher und verbessern die Sicherheit im Straßenverkehr durch höhere Leuchtkraft. Die Rechnung für externe Verwaltungsarbeit könnte einen erheblichen Teil der dringend im Haushalt benötigten Straßenausbaubeiträge jedoch gleich wieder schlucken. Die Politik hat angesichts der gerade laufenden Haushaltsverhandlungen im Finanzausschuss von einer „Eulenspiegelei“ gesprochen. Bürgermeister Jan Wiegels verweist auf geltendes Recht und nennt den Vorwurf, es handele sich um eine Eulenspiegelei, „populistisch“. Doch eins nach dem anderen. Politik spricht von einer „absurden Situation“: „200 000 Euro. Das ist ja eine Wahnsinns-Summe. Und dann noch fremdvergeben. Das erscheint mir zu hoch“, erklärte Sven Michelsen, erster Senator der Stadt und außerhalb der Politik ein Unternehmer, der sich mit Zahlen auskennt. Ihm war der Posten „54102 Beleuchtung Straßen Beleuchtungsentgelt (...) externe Beitragserhebung 200 000 Euro“ beim genauen Lesen des Haushaltentwurfs 2021 vom 8. Oktober 2020 aufgefallen (S. 268). „Das ist eine absurde Situation“, erklärte auch Thomas Metz (Die Grünen). Da solle extra Geld ausgegeben werden, um Beiträge der Möllner Bürger zu erheben, so Metz weiter. Geld werde ja quasi eingetrieben, um es gleich wieder auszugeben. Das sei in dieser Form eine „Eulenspiegelei“, so Metz. Persönliche Angriffe im Finanzausschuss: Diese Anschuldigungen wollte Bürgermeister Jan Wiegels (SPD) schon im Ausschuss nicht auf sich sitzen lassen und bezeichnete diese Einlassung als „populistisch“ und warf Metz mangelnde Sachkenntnis vor. „Wir müssen das so machen, wenn wir nicht rechtswidrig handeln wollen“, sagte er. Das Problem sei, dass die Stadtwerke viel schneller mit der neuen Beleuchtung fertig seien, als erwartet. Es seien für die Gesamtmaßnahme ja schon von einigen Bürgern Straßenausbaubeiträge eingezogen worden. Diesen Prozess rückgängig zu machen, sei nicht möglich. Metz zeigte sich verärgert. „Vielen Dank für die Aussage, ich hätte keine Ahnung.“ Er müsse er sich als ehrenamtlicher Politiker so etwas nicht bieten lassen. „Ich kann nur zustimmen. Das ist eine absolute Eulenspiegelei“, erklärte auch Gisela Hillmann (SPD). Sie fragte, wie Ratzeburg das denn gemacht habe. Die Nachbarstadt habe schließlich auf Beiträge für die Beleuchtung verzichtet. Am Mittwoch gab sich Wiegels Mühe, die Sicht der Verwaltung sachlich darzustellen. „Die Beiträge erheben wir aufgrund einer bestehenden Satzung. Wir können im laufenden Verfahren kaum zurück“, so der Bürgermeister. Die Umstellung auf LED ist laut des stadteigenen Betriebs Vereinigte Stadtwerke (VS), die den Umbau aus ihren Mitteln finanziert, bereits weitgehend abgeschlossen. Also läuft die Zeit. Anteile der Vereinigten Stadtwerke (VS) gehören den Städten Ratzeburg und Mölln. Bei der Umstellung auf LED sind diese Städte anderen im Land durch die VS mittlerweile weit voraus. Durch die Umstellung werden nicht nur Kosten gespart, sondern es wird auch ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Durch die Umrüstung auf die LED-Technologie in Mölln und Ratzeburg werden Energieeinsparungen im Bereich der Straßenbeleuchtung von etwa 40 Prozent erzielt. In Mölln wurden durch die Stadtwerke über die Straßenbeleuchtung hinaus auch Trassen der im Bau befindlichen Veloroute modern beleuchtet. „In den nächsten Jahren werden altersbedingt sukzessiv weitere Leuchten durch LED-Leuchten ersetzt, erklärte die VS auf Anfrage. Außerdem werde die Straßenbeleuchtung in der Innenstadt im Rahmen der Sanierung der Hauptstraße in Abstimmung mit der Stadt Mölln hinsichtlich des Leuchtentyps erneuert. In Ratzeburg ist die LED-Umrüstung derzeit in vollem Gange und reicht noch bis in das Jahr 2021. Weitere Infos unter www.vereinigte-stadtwerke.de. Das LED-Dilemma in der Verwaltung: Laut Wiegels verjährt Ende 2022 die Frist zum Einzug der Straßenausbaubeiträge aus 2018. Für die 2017 geleisteten Bauarbeiten an den LEDs habe man schon Gebühren von Anwohnern eingezogen. Doch bereits die Gebühren für Arbeiten im Jahr 2018 drohten zu verjähren. Und es wurde ja auch noch bis vor Kurzem an den LEDs gearbeitet. Nach jetzigem Stand sei es mit den personellen Ressourcen in der Verwaltung nicht möglich, das rechtzeitig mit Bordmitteln zu schaffen, sagt Wiegels. „Wir planen ja weit im Voraus.“ Überdies erklärte er, dass die weitere Erhebung von Straßenausbaubeiträgen (Das Land stellt dies seit einiger Zeit frei) eine Mehrheitsentscheidung der Politik gewesen sei und die Verwaltung diese Aufgabe nun im Einklang mit geltendem Recht wahrnehme. Auch eigenes Personal koste bekanntlich Geld. Es sei durchaus üblich, solche Aufgaben zumindest zum Teil auch extern zu vergeben. Lesen Sie auch: Stadt bittet Möllner für umweltfreundliche LED-Leuchten zur Kasse Straßenbeleuchtung: Umweltfreundliche LED-Lampen für Ratzeburg Wie der neue Bahnhof in Mölln bei Pendlern und Einheimischen ankommt Politik stimmt für Sperrvermerk: VS-Prokurist Marc Thönes erklärte auf Anfrage am Mittwoch zum Stand der Bauarbeiten an der Beleuchtung: „Es wurden rund 1,7 Millionen Euro in die Straßenbeleuchtungsanlagen in der Stadt Mölln investiert.“ Dies betreffe die Umrüstung von etwa 1220 Leuchten auf LED-Technologie sowie den Ersatz von abgängigen Masten und Beleuchtungskabel. Der größte Teil der Umrüstung sei abgeschlossen. Die Politik hat derweil im Finanzausschuss beschlossen, einen Sperrvermerk für die 200 000 Euro einzurichten. Erst wenn die zuständigen Fachausschüsse – wie etwa der Bauausschuss – im kommenden Jahr grünes Licht geben, soll das Geld wirklich fließen. Dann hätte die Finanzverwaltung Zeit zum Nachbessern. Doch ist das überhaupt möglich? Laut Wiegels sei eine Umkehr kaum möglich, weil das Verfahren juristisch hoch komplex sei. Aber auch das werde zur Zeit von der Verwaltung geprüft. Das letzte Wort hat wie immer die Stadtvertretung. Sie tagt nach jetzigem Stand am Montag, 21. Dezember, um 19 Uhr in der Sporthalle des Marion-Dönhoff-Gymnasiums. Von Florian Grombein