Möllner gründen erstes Netzwerk für besseren Schwimmunterricht

Umgeben von Seen ist Mölln ein schöner Ort zum Leben und Urlaub machen. Doch diese Lage bringt für Nichtschwimmer eine große Gefahr mit sich. Deshalb schlagen Lehrer, Möllner Sportvereinigung, DLRG, Verwaltung und Politiker jetzt Alarm: Konnte früher in der Grundschule nur eine Handvoll Schüler nicht schwimmen, ist es aktuell genau umgekehrt. Die Wartelisten in den Schwimmkursen sind sehr lang und zusätzlich sinkt die Motivation der Eltern, ihren Kindern das Schwimmen näher zu bringen. Deshalb hat sich jetzt in Mölln ein wohl landesweit einzigartiger runder Tisch für besseren Schwimmunterricht gebildet: der Arbeitskreis „Schwimmen in Mölln“. Laut DLRG-Landesverband betrug 2018 die Zahl der Fälle von Tod durch Ertrinken 13. Dabei starben 2 Kinder unter zehn Jahren. 8 Menschen (7 Ostsee,1 Nordsee) ertranken im Meer und 4 in einem See oder Teich. Eine Person kam in einem Graben ums Leben. Laut Zwischenbilanz für das Jahr 2019 (Stand: Ende August 2019) lag die Zahl der Fälle von Tod durch Ertrinken bei 14. Dabei starben wiederum 2 Kinder unter zehn Jahren. 7 Menschen ertranken im Meer und 4 in einem See oder Teich. 3 Person kam in einem Fluss ums Leben. „Unsere Wartezeiten für Schwimmkurse sind lang. Eineinhalb Jahre warten Eltern zum Teil auf Schwimmkurse für ihre Kinder“, sagt Claas Hendrik Schlie, Mitglied im Fachbeirat des DLRG-Landesverbandes und CDU-Stadtvertreter in Mölln. Etwa auf der Warteliste der MSV-Schwimmkurse stehen derzeit 165 Kinder vom Nichtschwimmer bis zum Bronzeanwärter. „Das ist eigentlich ein untragbarer Zustand“, so Schlie. Der Schwimmunterricht in der Schule führt häufig nicht zum heiß ersehnten Bronzeabzeichen. „In den Grundschulen ist kein effektiver Schwimmunterricht möglich. Die Zeiten sind zu kurz, wenn man den Weg zur Schwimmhalle und das Umziehen einberechnet“, ergänzt Rutchen Eberhard von der Stiftung „Chancengleichheit für alle“ aus Mölln. So blieben am Ende zum Teil nur noch 20 Minuten im Wasser. „Wir möchten, dass jedes Kind in Mölln schwimmen lernt. Früher konnten in einer Klasse nur eine Handvoll Kinder nicht schwimmen, aktuell ist es genau umgekehrt“, erklärt auch Dany Rühe, Schulleiterin der Till-Eulenspiegel-Schule. Sie war bis vor Kurzem auch Schulsportbeauftragte des Kreises und kennt die Materie seit Langem. Es gebe zu viele Nichtschwimmer oder nur sehr schwache Schwimmer. Das Seepferdchen reiche nicht aus. Voraussetzung für sicheres Schwimmen sei das Schwimmabzeichen Bronze, der frühere Freischwimmer. Weniger Freizeit, weniger Schwimmunterricht: Was den Zustand noch weiter verschärfe, sei dass Eltern nicht mehr so vehement für den Schwimmunterricht ihrer Kinder sorgten. Das hänge unter anderem mit erhöhtem schulischen und privatem Zeitaufwand zusammen. In mehr Haushalten seien beide Elternteile berufstätig und die Schule gehe bis in die Nachmittagsstunden. Außerdem müssten mehrere Hobbys in den Zeitplan passen. Zeit und Muße für die eh schon knappen Schwimmkurse fehle dann oft. Deshalb soll ein Stück der Arbeit sich auch der Aufklärung widmen. „Wir wollen eine Kampagne für das Schwimmen starten“, so Rutchen Eberhard. Etwa auf der Homepage der Stadt müsse geworben werden. Zum Beispiel wüssten einige Eltern zugezogener Kinder gar nicht, dass es das Schwimmbad im Augustinum gebe. Familien können sich Unterricht und Anfahrt nicht leisten: Über den Kinderschutzbund könnte Schwimmunterricht möglicherweise auch für finanziell schwache Familien ermöglicht werden. Ein Problem seien zum Teil auch die Beförderungskosten. Laut Rühe habe in der Möllner Gemeinschaftsschule lange kein regelmäßiger Schwimmunterricht stattgefunden, weil die Beförderungskosten zu hoch waren. Eine Schwimmwoche mit 70 –90 Kindern im Wasser sei kein effektiver Ersatz gewesen. An den Gymnasien hätten die Proteste der Eltern zugenommen, weil der Schwimmunterricht dort ebenfalls nicht adäquat angeboten werde. Schlie sitzt mit allen Vereinen zusammen und sichtet die Kapazitäten. Eine Schwimmbahn im Augustinum koste den Verein pro Jahr etwa 700 Euro pro, rechnet er vor. Kosten, die unabhängig von der ehrenamtlichen Bereitschaft von Schwimmlehrern aufgebracht werden müssen. Dany Rühe hatte den Stein bereits vor etwa einem Jahr ins Rollen gebracht. Vorbild war ein Arbeitskreis in Kiel, der eine Kampagne zu diesem Thema aufgebaut hatte. Diese sei allerdings nach nicht einmal einem Jahr beendet gewesen. „Wir wollen das Projekt langfristiger anlegen. Denn es wird ein Problem bleiben“, sagt Schlie. „Ein vergleichbares Netzwerk wie hier in Mölln gibt es noch nicht“, sagt Dennis Bluhm, Geschäftsführer der MSV. Er ist mittlerweile Experte für die Idee eines regionalen Sportentwicklungsplanes. Der neue Arbeitskreis zum Thema Schwimmen sei ein Schritt auf dem Weg dorthin. Fester Koordinator für Schwimmunterricht nötig: Vorrangiges Ziel sei es jetzt, das Schulschwimmen zu verbessern und Zusatzangebote zu schaffen – zum Beispiel über die Kooperation mit Vereinen. Deshalb sei neben der Verwaltung, dem Kinderschutzbund, der Stiftung „Chancengleichheit für alle“ sowie den Sportlehrern auch die MSV und die DLRG im Boot. Nach einer Bestandsaufnahme über Hallen- und Ausbilder-Kapazitäten sowie Förder- und Kooperationsmöglichkeiten wollen sie nun möglichst eine feste Stelle für einen Koordinator schaffen, der sich um das Thema Schwimmen in Mölln kümmert. Doch dafür brauchen sie mehr finanziellen Spielraum. Die Stadt Mölln bietet, zumindest was die Schwimmstätten betrifft, gute Möglichkeiten. Neben den zwei Hallenbädern stehen für den Unterricht das Luisenbad und die Badestelle am Rolandseck zur Verfügung. Stadt steckt über 260 000 Euro in das Schwimmen: Finanziell wendet Mölln stolze 240 000 Euro für die Betriebskosten des Augustinum-Bades auf. Außerdem wird die Jahrespauschale für die Schulnutzung des Bades von 6135 Euro aufgebracht. Die Finanzierung der Beförderung aller Grundschüler schlägt mit 15 000 Euro pro Jahr zu Buche. „Ganz wichtig ist, dass die Stadt diese Mittel auch zukünftig aufbringt“, sagt Claas Hendrik Schlie. Wer die Initiative unterstützen möchte, kann auf folgendes Konto spenden: Stiftung „Chancengleichheit für Alle“, Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg,IBAN DE 29 2305 2750 0081 1425 07, Verwendungszweck: Arbeitskreis Schwimmen. 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