Müllchaos: Das wollen die Kreise änndern

Die Vorbereitungen für die Neustrukturierung der Abfallentsorgung der Privathaushalte ab 2021 haben begonnen. Und damit ist auch die Diskussion um eine Rekommunalisierung der Müllabfuhr neu entfacht (die LN berichteten). Die LN stellen die möglichen Szenarien vor. Derzeit ist die AWSH als gemeinsame Gesellschaft der beiden Kreise Herzogtum Lauenburg und Stormarn – und von diesen unter anderem mit der Pflichtaufgabe der Entsorgung des Hausmülls der Privathaushalte beider Kreise beauftragt. Daran soll sich – so sieht es zumindest aus – grundsätzlich nichts ändern. Spannend wird es mit der weiteren Konstruktion, der Durchführung der eigentlichen Entleerung der Mülleimer und Komposttonnen. Mit dieser hatte der Kreis Herzogtum Lauenburg die Firma Grabau Entsorgung Geesthacht (GEG) beauftragt. Ein Auftrag, der später auch auf Stormarn ausgeweitet wurde. Diese Verträge gelten noch bis Ende 2020. Und nachdem im vergangenen Frühjahr und Sommer bei der Leerung gewaltig Sand im Getriebe war, wird derzeit politisch so ziemlich alles hinterfragt. Dabei gibt es für das künftige Prozedere verschiedene Varianten. Die Bausteine der Entsorgung: Um der kommunalen Pflichtaufgabe der Müllentsorgung nachzukommen, werden etwa 30 Müllwagen benötigt. Um zu fahren, brauchen die Fahrzeuge Diesel und eine gute Organisationsstruktur, die die verschiedenen Einsätze disponiert. Ein entscheidender Faktor sind die Mitarbeiter, Fahrer und Lader, die es auf einem praktisch leer gefegten Arbeitsmarkt, auf dem inzwischen die teilweise die Arbeitnehmer die Bedingungen diktieren können, kaum noch gibt. Und nicht zuletzt geht es darum, wie flexibel und fachlich kompetent in dem Unternehmen Entscheidungen getroffen werden können und auf veränderte Bedingungen reagiert werden kann. Für diese Faktoren gilt es die optimale Organisationsform zu finden. Verlängerungsoption ziehen: Einfachste Lösung wäre, zunächst für die Leerung eine in den Verträgen vorgesehene Verlängerungsoption zu ziehen. Damit würde zunächst alles so bleiben, wie es ist. So einfach dies zu sein scheint, so groß sind dagegen aufgrund der Probleme im vergangenen Jahr bis auf wenige Ausnahmen offenbar die fraktions- und kreisübergreifenden politischen Widerstände. Denn letztlich konnte die Situation im vergangenen Jahr unter anderem nur gerettet und ein totales Chaos verhindert werden, weil die AWSH dem in Bedrängnis geratenen Unternehmen GEG finanziell unter die Arme griffen. Dem Bürger wäre bei einem nicht ausgeschlossenen erneuten Auftreten vom Problemen nur schwer zu vermitteln, warum man angesichts bekannter Risiken nichts geändert hätte – auch wenn am Ende andere Gründe für erneute Probleme verantwortlich wären. Neue Ausschreibung: Allerdings gibt es aus der Politik eine ganze Reihe von Wünschen bis hin zu einer sozialen Verantwortung gegenüber den Angestellten, die in eine Ausschreibung und Leistungsbeschreibung eingearbeitet werden müssten. Dies aufzuschreiben allein ist dabei weniger das Problem. Das nach europäischem Vergaberecht auch rechtssicher zu tun – soweit derartig Beschränkungen überhaupt zulässig sind – hingegen schon. Rekommunalisierung der Behälterleerung: Das andere extrem zu einer erneuten Vergabe an ein privatwirtschaftliches Unternehmen wäre, die Leerung komplett in eigene Hände zu nehmen. Eine Ausschreibung mit allem Aufwand und allen Risiken würde dann komplett entfallen. Allerdings gibt es auch immer wieder politische Bedenken gegen eine Durchführung von Aufgaben durch die öffentliche Hand. Dabei handelt es sich um eine grundsätzliche Auffassung, die selten auf den konkreten Fall bezogen ist. Erst im vergangenen Jahr hatte der Kreis Herzogtum Lauenburg beschlossen, den Eigenbetrieb Kreisforsten aufzulösen und als Fachbereich wieder in die Kreisverwaltung einzugliedern. Zusammenarbeit mit einem starken Partner: Eine Art Mittelweg wäre, dass sich die kreiseigene AWSH einen Partner aus der Privatwirtschaft sucht. Gemeinsam mit ihm und seiner Erfahrung und Wirtschaftskraft könnte die Aufgabe dann angegangen werden. An einer entsprechenden Firma würde der Kreis dann die Mehrheit von 51 Prozent halten. Bei möglichen Ausschreibungen und Vergaben wäre diese Öffentlich-Private-Gesellschaft allerdings wiederum an das europäische Vergaberecht gebunden. Starkes Votum aus Stormarn: Der Kreis Stormarn hat sich bereits klar positioniert. Auf der Sitzung des Umweltausschusses am Mittwoch sprach sich eine deutliche Mehrheit für die Kündigung des bisherigen Vertrages und für das ÖPP-Modell (Öffentlich-private Partnerschaft) aus. Elf Politiker stimmten dafür, lediglich die FDP enthielt sich. Sogar die Linken stimmten dafür, nachdem ihr eigener Antrag zur Rekommunalisierung mit zehn Nein-Stimmen abgelehnt worden. Die FDP ist – wie offenbar auch die CDU im Lauenburgischen – für eine europaweite Ausschreibung, an der sich nach Meinung der Liberalen sicher sechs, sieben Unternehmen beteiligen würden. Heinz Hartmann (SPD) glaubt dagegen, dass sich nur die „beiden Großen“ Veolia und Remondis melden würden. „Und die wollen wir hier nicht haben“, machte Hartmann klar. Auch die Grünen können sich wie die Linke für eine Rekommunalisierung erwärmen, sehen aber in der ÖPP-Variante eine gute Alternative. „So haben wir das Steuerrad selbst in der Hand und können Krisen vermeiden“, sagte Ausschuss-Vorsitzender Gerold Rahmann. Stormarns Landrat Henning Görtz (CDU) und Kreispräsident Hans-Werner Harmuth lobten die Entscheidung: „So hätten wir das logistische Know-how eines privaten Unternehmens und mit einer 51-Prozent-Beteiligung durch die AWSH eine öffentliche Steuerung.“ Jetzt liegt es an den lauenburgischen Kreispolitikern, dem Votum zu folgen oder eine andere Entscheidung zu treffen. Was dann jedoch wäre, ist völlig offen. Holger Marohn und Markus Carstens

Müllabfuhr - Neue Strukturen gegen mögliches Müllchaos