Mutter aus Gülzow soll zur Prostitution gezwungen worden sein

Vor der 22. Strafkammer des Hamburger Landgerichts hat gestern ein Prozess begonnen, bei dem eine Mutter aus dem Amt Schwarzenbek-Land das Opfer sein soll. Die Staatsanwaltschaft wirft ihrem damaligen Lebensgefährten Kadir A. (Name geändert) vor, die Frau, die auch als Nebenklägerin vor Gericht auftritt, zwei Jahre lang mit Gewalt und Bedrohungen zur Prostitution gezwungen zu haben. Die Straftatbestände dafür lauten schwere Zwangsprostitution, Menschenhandel und Zuhälterei, wofür dem Angeklagten eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren droht. Darüber hinaus wird dem gebürtigen Syrer vorgeworfen, mehrere Einbrüche und Diebstähle begangen zu haben. So soll er sich unter anderem im April 2017 mit Hilfe eines Gullydeckels, den er in eine Fensterscheibe warf, mitten in der Nacht Zugang zu einem Einfamilienhaus in Büchen verschafft und dort 600 Euro gestohlen haben. Wenn ihr Sohn in der Schule war,soll sie Freier empfangen haben: Der Prozess begann etwas verspätet. Der Vorsitzende Richter Sönke Pesch musste noch die beiden Schöffen einweisen, erklärte er, bevor er Staatsanwältin Bohn die Anklageschrift verlesen ließ. Und die hat es in sich. Weniger wegen der fünf Einbrüche in Büchen und in einem Hotel in Harburg, die der Angeklagte zwischen April und Juli 2017 begangen haben soll und die ihm als gewerbsmäßiger Diebstahl zu Last gelegt werden. Vor allem der Vorwurf der schweren Zwangsprostitution ist es, der den 43-Jährigen in Untersuchungshaft gebracht hat, als sein Opfer aus dem Ort im Amt Schwarzenbek-Land sich endlich der Polizei anvertraute. Zuvor war die Frau allerdings laut Anklageschrift fast zwei Jahre lang, vom Oktober 2015 bis Juli 2017, vom Angeklagten dazu genötigt worden, in ihrer Wohnung mehrmals täglich Freier zu empfangen – während ihr Sohn in der Schule war. Angeklagter soll 30 000 Euro an der Prostitution verdient haben: Dabei sei D. mit äußerster Brutalität vorgegangen, führte die Staatsanwältin aus. Er habe sein Opfer mit einem Klappmesser bedroht und ihm damit ein paar Haare abgeschnitten mit den Worten „Das ist eine Warnung!“, sollte die Frau sich nicht gefügig zeigen. Alles Geld, das sie von den Freiern kassierte, die über eine Internetseite geworben wurden, soll A. ihr abgenommen haben. Dies waren nach Auskunft der Staatsanwaltschaft etwa 4000 Euro im Monat, insgesamt rund 30 000 Euro. Auch ihre sämtlichen sonstigen Einnahmen wie Kindergeld und Unterhalt habe der Beschuldigte einkassiert. Erst als der Angeklagte wegen eines vorherigen Vergehens im Juli 2017 eine halbjährige Haftstrafe absitzen musste, habe sie ihr Martyrium beenden können und sei zu einem Freund in eine WG gezogen, wo sie der Angeklagte nicht erreichen konnte. Briefe des Angeklagtenaus dem Gefängnis: Während die Anklage verlesen wurde, saß der große und kräftige Angeklagte ruhig neben seinem Anwalt. Zur Sache wolle sich sein Mandant nicht äußern, sagte der Verteidiger Philipp Gerigk. Dessen Strategie scheint zu sein, die Glaubwürdigkeit des Opfers zu erschüttern. So sollen abgehörte Telefongespräche belegen, dass die Frau sich keineswegs vom Angeklagten bedroht gefühlt habe. Die Tochter des Angeklagten und ein Bruder sollen dazu als Zeugen gehört werden. Auch Eifersucht gegen die jetzige Freundin des Angeklagten und die Aussicht, von Amts wegen die Obhut über ihre Kinder zu verlieren, könnten Motive für die Beschuldigungen sein, sagte der Verteidiger. Vor Gericht wurden gestern Briefe verlesen, die A. aus dem Gefängnis an das Opfer schrieb, in denen er Geld forderte, aber auch seine Liebe beteuerte. Vorwurf: Menschenhandeleines Kindes: Schließlich äußerte sich der Angeklagte dann doch. Dass ihm auf seinen Formularen in der Untersuchungshaft, mit denen er Besuche und Telefongespräche beantragen wollte, „Menschenhandel eines Kindes“ vorgeworfen werde, gehe zu weit. Diese völlig falsche Behauptung sei der Grund dafür, dass er keine Besuche empfangen dürfe. „Da muss ich weinen.“ Der Prozess wird am 30. September fortgesetzt. Dann soll auch die Nebenklägerin aussagen. Lesen Sie auch Klaus Störtebeker und Till Eulenspiegel: Legenden aus Schleswig-Holstein Geesthachter Stauwehr: Erneut Suchaktion nach vermisstem Bootfahrer Von Burkhard Fuchs