Ratzeburg: Bauern protestieren gegen Kunstaktion

Schon seit Anfang September läuft die Kunstausstellung „On Fire. Kultur – Natur – Landschaft“ im Garten des Kreismuseums in Ratzeburg. Hier haben Künstler des Lauenburgischen Kunstvereins (LKV) Objekte und Installationen ausgestellt, die sich mit dem Thema Klima und Natur beschäftigen. Dies stößt nun auf Protest der Landwirte. Speziell geht es um ein Werk der Mustiner Künstlerin Sabine Egelhaaf mit dem Titel „Mannigfaltigkeit“. Von Gemüsepflanzen in Töpfen umstellt sind auf dem Boden auf Textil gedruckte Sprüche wie „Gibt’s nur Mais auf weiter Flur, fehlt vom Hamster jede Spur“ oder „Ohne Blumen auf der Wiese geht’s der Biene richtig miese“ zu lesen. Das sei „landwirtschaftsfeindlich“. „Der Titel der Ausstellung ,On Fire’ ist bewusst doppeldeutig gewählt“, erläuterte Christian Egelhaaf, „zum einen brennen wir Künstler für etwas, zum anderen herrscht ein Notstand.“ Die Natur sei es, die sich in Gefahr befinde, und ihr werde mit den Kunstwerken Sprache verliehen. Provokante Sprüche seien „Bauern-Bashing“: Das sehen die hiesigen Landwirte anders: Die Künstler hätten eine geplante Kampagne der ehemaligen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks aus dem Jahr 2017 aufgegriffen, die mit provokanten Sprüchen in Anlehnung an Bauernregeln auf Missstände in der konventionellen Landwirtschaft hinweisen wollte (Beispiele: „Haut das Ackergift die Pflanzen um, bleiben auch die Vögel stumm“ oder: „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein“). „Diese Sprüche vermitteln dem Leser das Bild einer umweltzerstörenden und tierquälerischen Landwirtschaft. Das ist Bauern-Bashing und gehört nicht in eine lösungsorientierte Diskussion“, sagen Hans-Peter Grell, lauenburgischer Kreisbauernvorsitzender aus Duvensee, und sein Stellvertreter Stephan Struve aus Seedorf. Unterstützung bekommen sie dabei von der Bauern-Initiative „Land schafft Verbindung“ (LsV). Die Hendricks-Kampagne war damals nach heftigen Protesten vor Veröffentlichung eingestellt worden, die Bundesumweltministerin entschuldigte sich bei den Bauern dafür öffentlich. Mit einer spontanen, kurzfristigen Plakataktion vor dem Kreismuseum in Ratzeburg demonstrierten nun die hiesigen Landwirte am Donnerstag gegen die Ausstellung des Lauenburgischen Kunstvereins. Angriff auf die Bauernschaft: Der hatte sich vorab über seinen Vorsitzenden Dr. William Boehart so geäußert: „Seit einer Woche versuchen Vertreter der Bauern im Kreis, die Installation ,Mannigfaltigkeit’ von Sabine Egelhaaf aus der Ausstellung zu entfernen. Es sei keine Kunst, sondern ein Angriff auf die Bauernschaft.“ Die Bauern hätten mittlerweile erreicht, „dass die Kreissparkasse uns zu erpressen versuchte, indem sie die Entfernung des Kunstwerks verlangte, sonst gebe es kein Zuschuss mehr“, so Boehart, und: „Wir haben auf das Geld verzichtet.“ Grell und Struve bestätigen am Donnerstag ihre Einflussnahme: „Ja, wir haben uns an die Sparkasse gewandt, weil wir selbst auch Kunden sind. Die Kreissparkasse ist schließlich eng mit den Landwirten verbunden. Und wir haben sie gefragt: Wem gebt Ihr Geld?“ Widerspricht der Neutralität: Struve konkretisierte das: „Wir haben absolut nichts gegen Kunst. Aber wenn die Kreissparkasse etwas unterstützt, erwarten wir auch ein gewisses Niveau“. Dies sei bei dieser Kunstaktion nicht gegeben. Die Kreissparkasse äußerte sich dazu folgendermaßen: „Als Sparkasse fühlen wir uns zur Neutralität verpflichtet. Wenn wir eine Werbeleistung einkaufen, dann sind wir dafür verantwortlich, dass diese Werbeleistung im Einklang mit unseren Leitlinien steht. Herrn Dr. Boehart haben wir dargelegt, weshalb die ,Neue Bauernregeln’ unserem Grundsatz, der Neutralität verpflichtet zu sein, widersprechen.“ Auch beim Kreis hatten sich die Landwirte beschwert. Hier erklärte Landrat Dr. Christoph Mager: „Ich bin auch nicht mit allen Elementen der Ausstellung glücklich, aber Kunst muss einem ja nicht immer gefallen und kritische Verse muss man auch nicht überbewerten. Der Kreis hat dem Lauenburgischen Kunstverein das Gelände zur Verfügung gestellt und dabei bleibt es auch. Wenn Landwirte im Kreis im Rahmen einer Ausstellung ihre Arbeitsweise darstellen möchten, dann stellen wir ihnen dazu ebenfalls gerne Flächen und Räume der Kreismuseen zur Verfügung.“ Es geht um mannigfaltige Meinungen: Letztlich äußerte sich auch die Künstlerin Sabine Egelhaaf: „Meine Arbeit ,Mannigfaltigkeit’ oder: ,bedachte Gärten’ ist ein Plädoyer für eine zukunftsfähige Agrarpolitik, die aus drei Zitaten von Papst Franziskus, von dem Physiker und Naturphilosophen Meyer-Abich und den ,neuen Bauernregeln’ mit goldenen Streitregeln sowie diversen Gemüsepflanzen besteht.“ Es gehe dabei „nicht nur um die Mannigfaltigkeit von Lebensmitteln und ihrer Produktion, sondern auch um mannigfaltige Meinungen darüber“. Das sollte man respektieren. Mithilfe der goldenen Streitregeln, die auf einem Stein an der Ausstellungsfläche dokumentiert seien, wäre dies auch kein Problem! Angesprochen sind: Ehrlichkeit, Respekt, Empathie, Perspektivwechsel, Kreativität und Kompromissbereitschaft. 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