Ratzeburg: Kreis und Nordkirche einigen sich über Kreismuseum

Das Herrenhaus auf der Dominsel in Ratzeburg gilt als die gute Stube des Kreises. Doch eigentlich gehört das einst als Domprobstei genutzte repräsentative Haus dem Land mit einem verbrieften Nutzungsrecht für die Kirche. Die inzwischen in der Nordkirche aufgegangene Landeskirche Mecklenburg hatte dieses Recht nach der deutschen Teilung gezwungenermaßen an das Land zurückgegeben. Auf eine Rückforderung will die Kirche nun verzichten. Als Folge soll der Kreis die Gebäude nun von Land geschenkt bekommen – allerdings nur unter Bedingungen. Nordkirche zögerte: Für den Kreis ist damit auch das Zittern um die Heimat des Kreismuseums vorbei. Jahrzehntelang war über die Zukunft des Herrenhauses mehr oder weniger intensiv verhandelt worden. Eigentlich hätte die Angelegenheit bereits drei Jahre nach der Deutschen Einheit geregelt werden sollen. Doch dies verzögerte sich immer wieder. Das Herrenhaus war ursprünglich als Residenz der Mecklenburg-Strelitzer Herzöge für ihre Aufenthalte im Fürstentum Ratzeburg. Das Fürstentum war eine Exklave des Besitzes der Mecklenburg-Strelitzer im Westen. Von der Definition her ist das Herrenhaus eigentlich ein Schloss. Bis ins 20. Jahrhundert hinein nutzten die Dompröpste das barocke Palais als Wohnhaus. Das Herrenhaus war nie im Eigentum der Kirche. Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz1937 wurde der Dombezirk Teil der Stadtgemeinde Ratzeburg und damit Teil Schleswig-Holsteins. Das Nutzungsrecht durch die Kirche Mecklenburg war so jedoch nicht verwirkt. Aufgrund der Teilung mietete der Kreis 1973 das Palais als Kreismuseum. Landrat Christoph Mager zeigt sich erfreut über den Durchbruch: „Was lange währt, wird endlich gut. Mit der Eigentumsübertragung kann endlich der barrierefreie Ausbau und eine Überarbeitung des Konzepts stattfinden, um das Kreismuseum auch inhaltlich zukunftsfest zu machen.“ Entsprechende Investitionen waren in den vergangenen Jahren aufgrund der ungeklärten Eigentumsfrage immer wieder zurückgestellt worden. Die Nordkirche begrüßt die voraussichtliche Einigung, über die noch politisch entschieden werden muss. „Wir sind mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein und dem Kreis Herzogtum Lauenburg in guten Gesprächen über eine mögliche Neuordnung der Rechtsverhältnisse an der Alten Domprobstei in Ratzeburg gewesen“, heißt es. Man freue sich über den Entwurf einer Vereinbarung, der dabei gemeinsam erarbeitet worden sei. Nun würden der lauenburgische Kreistag sowie der Landtag Schleswig-Holstein darüber beraten. „Aus Sicht der Nordkirche wäre es zu begrüßen, wenn dieser besondere Ort auch künftig in gutem Miteinander gemeinsam genutzt werden könnte. Dies wäre ein gutes Zeichen und ganz im Sinne der bisher gemeinsam geführten Gespräche“, sagt Stefan Döbler, Sprecher der Nordkirche. Schloss diente bis 1815 als Herrenhaus: Der vorliegenden Vereinbarung mit Land und Kirche müssen nun noch Hauptausschuss und Kreistag zustimmen. Und auch die offiziellen Unterschriften des Landes und der Kirche unter dem Verhandlungsergebnis stehen noch aus. Die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse waren lange kompliziert. Das ursprüngliche Schloss diente bis 1815 als Herrenhaus und Amtssitz der herzoglichen Verwalter. 1840 zog dort dann erstmals ein Domprobst ein. Lange wurde es als Wohnhaus für die Geistlichen des Landeskirche Mecklenburg, zu der die Domhalbinsel gehörte, genutzt. Doch mit der Teilung Deutschlands war dies nicht mehr so möglich. Die mecklenburgische Kirche gab das Recht an das Land zurück, mit der Option, es im Falle eine Wiedervereinigung gegen Erstattung der zwischenzeitlich durch das Land getätigten Investitionen wieder reaktivieren zu können. Das Land seinerseits fand 1973 mit dem Kreis einen Nutzer für das historisch wertvolle Gebäude. Barrierefreiheit gefordert: Doch statt nach der überraschenden Wiedervereinigung das Thema anzugehen und wie vereinbart bis 1993 zu regeln, blieb zunächst alles beim Alten. Vor fünf Jahren machte sich beim Kreis dann jedoch ein gewisser Unmut breit. Das Gebäude sollte eigentlich dringend barrierefrei umgebaut werden, um es auch weiterhin für Kreisveranstaltungen nutzen zu können. Und auch das Kreismuseum sollte neu konzipiert werden. Gleichzeitig sorgte auf Kirchenseite die Fusion von nordelbischer und mecklenburgischer Landeskirche zur Nordkirche und die damit verbundene Neustrukturierung für Bewegung in der Sache. So hatte die Nordkirche Ende 2015 zunächst erklärt, dass „nach 30 Jahren der Nutzung und mit der Aufgabenerweiterung im Zuge der Nordkirchengründung für einen Teil des Campus Ratzeburg Überlegungen für eine Modernisierung und Erweiterung“ anstünden. Geistliches Zentrum der Nordkirche: Die Nordkirche wolle insbesondere die Aus-, Fort- und Weiterbildung ihres theologischen Personals an diesem zentralen geistlichen Standort auf lange Sicht auf hohem Niveau und unter guten Bedingungen sichern. Die Domkirchengemeinde Ratzeburg und sieben auf der Domhalbinsel ansässige kirchliche, diakonische und kirchennahe Einrichtungen unter dem Dach des Campus Ratzeburg ordnet die Nordkirche als „ein geistliches Zentrum mit zum Teil jahrzehntelanger Tradition und Wurzeln bis in die Missionsgeschichte Norddeutschlands im Mittelalter“ ein. Diese Aussagen hatten im Kreis damals Befürchtungen aufkommen lassen, dass die Nordkirche durch die Einforderung des Nutzungsrechtes den Kreis aus seiner „guten Stube“ drängen könnte. Die Vereinbarung zwischen Land, Nordkirche und Kreis sieht nun vor, dass das Land vorbehaltlich der Zustimmung von Kabinett und Landtag dem Kreis das Herrenhaus überträgt und die Kirche wie bisher ein Nutzungsrecht für den Rokokosaal – soweit er frei ist – behält. Vorkaufsrecht vereinbart: Sollte der Kreis das Herrenhaus nicht mehr kulturell nutzen, kann die Kirche das Ensemble zu einer ortsüblichen Miete mieten. Im Falle eines Verkaufs hätte die Kirche ein Ankaufsrecht zum Verkehrswert. Am Montag berät zunächst der Hauptausschuss zu dem Thema (17.30 Uhr, Kreishaus), am 19. März soll im Rahmen der Kreistagssitzung der Landrat ermächtigt werden, entsprechende Vereinbarungen mit Land und Kirche abzuschließen. Hier lesen Sie mehr: Kreis droht Rauswurf aus der guten Stube des Lauenburgischen Von Holger Marohn

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