Raub und Körperverletzung in Breitenfelde: Lange Haftstrafe für einen der Täter

Eine Mischung aus Resignation und leiser Verzweiflung war in Boris J.s Gesicht zu sehen, als er das Urteil gegen ihn hörte. Er war wegen versuchten besonders schweren Raubes, gefährlicher Körperverletzung und gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung angeklagt. Am Montag sprach die Siebte Große Strafkammer am Landgericht Lübeck das Urteil: fünf Jahre und sechs Monate Haft für den Angeklagten. Boris J. soll am 5. August 2020 mit einem Komplizen über ein angekipptes Fenster in das Erdgeschoss eines Wohnhauses in Breitenfelde eingestiegen sein. Das Fenster gehörte zum Schlafzimmer von Fiete B., den sie daraufhin mit einem Baseballschläger zusammenschlugen und mit Kabelbindern fesselten. Mitbewohner Niklas T. rief die Polizei, während die Einbrecher das Haus durchsuchten und eine Geldkassette mit 30 bis 40 Euro einsteckten. Der Mitbewohner war es auch, dem der Angriff eigentlich galt: Er soll eine Frau unter Drogen gesetzt und missbraucht haben. Weil die beiden Eindringlinge aber nach Angaben von Fiete B. kein Deutsch sprachen, konnte er ihnen nicht deutlich machen, dass er nicht der Mann war, den sie suchten. Haus nach Drogen durchsucht? Als die Beamten eintrafen, ließen die Täter ihre Beute stehen und flüchteten über ein Feld. Die Polizei suchte mit Hubschrauber und Wärmebildkameras nach den beiden. Stellen konnten sie am Ende nur Boris J. Der hat inzwischen 2000 Euro Schmerzensgeld an Fiete B. gezahlt als Zeichen seiner Reue. Der Prozess vor dem Landgericht wurde deshalb aber nicht eingestellt, sodass am Montag die Plädoyers verlesen wurden und das Urteil erging. Staatsanwältin Putzki sah in ihrem Plädoyer den Anklagevorwurf „vollumfänglich bestätigt“: Die massiven körperlichen und seelischen Schäden, die Fiete B. durch den Angriff davongetragen hat, wurden während der Beweisaufnahme ausführlich besprochen, wodurch für sie auch keine Strafmilderung in Frage kam. Auch hatte die Staatsanwältin mit Blick auf den Vorwurf des versuchten schweren Raubes keine Zweifel daran, dass das Haus und vor allem der Keller tatsächlich durchsucht wurden. Ihre Vermutung: Die Täter wollten Drogen mitgehen lassen. Hinzu kommen die Vorstrafen, zu denen der Angeklagte in seiner Heimat Lettland verurteilt wurde. Sechs Jahre und drei Monate Haft waren das Strafmaß, für das sie plädierte. „Möchte mich beim deutschen Staat entschuldigen“: Seine Verteidigerin Kerstin Raber hielt dagegen: Ihr Mandant habe im Rahmen seiner Möglichkeiten versucht, Angaben zu seinem Mittäter zu machen. Boris J. habe bislang keinen Kontakt zu Betäubungsmitteln gehabt, außerdem seien bei der Tat keine wertvollen Gegenstände abhanden gekommen. Den Vorwurf des versuchten Raubes sah Raber deshalb als genauso wenig erwiesen an wie den der Freiheitsberaubung, denn Fiete B. hätte sich theoretisch vom Tatort wegbewegen können. Einen Freispruch für ihren Mandanten forderte sie nicht, allerdings eine deutlich mildere Strafe – auch wenn sie kein genaues Strafmaß nannte. Das letzte Wort gehörte dem Angeklagten Boris J., und er nutzte die Gelegenheit: „Ich möchte mich beim deutschen Staat entschuldigen“, so leitete der Angeklagte seine abschließende Rede ein. Er sei alkoholisiert gewesen, habe unbedacht gehandelt. „Ich bin mir dessen bewusst, dass das inadäquat war“, sagte J. weiter. Er entschuldigte sich zudem nochmals bei dem Geschädigten Fiete B. und beteuerte im selben Atemzug noch einmal, dass er ihn nie geschlagen oder berührt habe. Vielmehr sei er am Tatort gewesen, „um dies zu verhindern“. Seine Bitte: eine Bewährungsstrafe und Nachsicht seitens des Gerichts. Lesen Sie auch Malente: Bewährung für den Lkw-Fahrer nach Tod einer Radfahrerin Lübeck: Prozess um Totschlag auf dem Parkplatz Sereetz: Vater versucht Sohn zu töten, Verteidiger fordert Bewährung Geständnis „im Grund wertlos“: Richter und Schöffen kamen dieser Bitte nicht nach. Der Angeklagte habe sich zwar zu den Vorwürfen eingelassen und sei geständig gewesen – allerdings nur in Teilen. Die Anwesenheit am Tatort habe er zugegeben. Damit sei das Geständnis „im Grunde wertlos“, befand die Vorsitzende Richterin Helga von Lukowicz. Sie schloss sich mit dem Urteil außerdem der These der Staatsanwältin an, dass die beiden Männer auf der Suche nach Drogen gewesen sein könnten, denn Niklas T. sei in Mölln und darüber hinaus dafür bekannt, mit Drogen zu handeln. Von Sophie Schade