Sicherheit beim Fällen: Ferngesteuerter Keil in Fredeburg getestet

36 Tote bei Waldarbeiten im Jahre 2019 – dieser traurigen Bilanz will die Sozialversicherung für Landschaftsbau, Forsten und Gartenbau (kurz SVLFG ) mit einer Reihe von Informationsveranstaltungen präventiv entgegenwirken. Im Mittelpunkt steht eine technische Neuerung: der ferngesteuerte Fällkeil. Wir waren bei der ersten Demonstration dieser Art in Schleswig-Holstein im Fredeburger Wald dabei. „Der feuchte Sommer 2016 und die heißen und trockenen Sommer der letzten drei Jahre führen zu immer mehr geschädigten Bäumen in unseren Wäldern“, sagt Christian Lüschow von der Abteilung Prävention der SVLFG bei einem kurzen Vortrag im Fredeburger Wald. Rund 20 anwesende Vertreter von Forstbetrieben, Waldbesitzern und die Kreisforsten sind zu der Veranstaltung rund um die Sicherheit bei Waldarbeiten gekommen. Im Mittelpunkt steht die Vermeidung von Unfällen durch herunterfallende Äste, bei geschädigten Bäumen auch Totholz genannt. „Bisher wurden beim Fällen Keile mit einem Hammer in den Baum geschlagen. Das sorgt für Erschütterungen, wodurch sich Äste lösen und herunterfallen können“, erklärt Forstwirtschaftsmeister Ingo Fiefeick. Das Problem: Auch äußerlich gesunde Bäume können schon instabil geworden sein. Herunterfallendes Totholz große Gefahr: Abhilfe schaffen soll eine technische Neuerung, der ferngesteuerte Fällkeil. Dirk Grotelüschen, ebenfalls Forstwirtschaftsmeister, erklärt das System: „Der Fällkeil wird am Baum erschütterungsarm angesetzt und dann aus sicherer Entfernung per Fernsteuerung aktiviert.“ Später demonstriert er die Funktionsweise beim Fällen einer Buche: Kerbe und Schnitt für den Keil in den Baum sägen, Keil ansetzen, in sichere Entfernung begeben (auch Rückweiche genannt). Per Knopfdruck fährt der Keil elektromechanisch mit einem Surren in den Baum, dieser kracht eindrucksvoll zu Boden. Die Anwesenden sind nicht nur von der Einfachheit des Systems beeindruckt: Das Holz des gefällten Baumes weist bereits gravierende Schäden auf. Das hätte beim Blick von außen fast niemand vermutet. Totholz stehenlassen – ein Irrtum? Neu ist der ferngesteuerte Keil eigentlich nicht. Aber die Entwicklung der Wälder in den vergangenen Jahren habe die Verwendung in vielen Fällen erforderlich gemacht, sagt Grotelüschen. Ein weiterer Unfallschwerpunkt sei auch das Anbringen von sogenannten Fällhilfeseilen für das Fällen mit Seilwindenunterstützung. Das Seil müsse in einer gewissen Höhe am Baum angebracht werden. „Statt eine Leiter sollte man lieber eine Teleskopstange verwenden“, erklärt Grotelüschen den Anwesenden. Außerdem solle man statt eines Stahlseils ein leichtes Seil aus dem Material „Dyneema“ benutzen. Laut des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sind in Deutschland rund 285.000 Hektar Wald von Schadholzbefall betroffen bzw. müssen neu bewaldet werden. 2019 wurden vom Bundeskabinett 547 Millionen Euro über vier Jahre als Hilfen für den Deutschen Wald bereitgestellt. Hauptursachen für Schadholz sind nicht nur Hitze und Trockenheit sondern auch Insekten-, Krankheits- und Pilzbefall. Ein Merkmal für einen geschwächten Baum durch Trockenheit ist die sogenannte Kronenverlichtung. 2019 wiesen laut BMEL 36% aller Bäume in Deutschland eine deutliche Kronenverlichtung auf, sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Auch Schleswig-Holstein immer stärker betroffen: Laut Lüschow höre man häufig die Meinung, man solle Totholz einfach stehenlassen. „Bei einzelnen Bäumen könnte das vielleicht noch klappen. Aber eine Bewirtschaftung und ein sicheres Arbeiten ist rund um den Baum dann längere Zeit nicht mehr möglich. Außerdem sind es bereits zu viele betroffene Bäume“, so Christian Lüschow weiter. Er und seine zwei Kollegen sind in insgesamt zehn Bundesländern präventiv im Einsatz, um Unfälle bei Forstarbeiten zu vermeiden. „Schleswig-Holstein war bis jetzt noch nicht so stark von Schadholz betroffen wie zum Beispiel der Harz oder die Wälder in Thüringen“, sagt Lüschow. Doch jetzt würden auch hier die Gefahren durch immer mehr geschädigte Bäume wachsen. Einen Appell hat er auch für Hobby-Baumfäller: „Denken Sie bitte an ihre eigene Sicherheit und wenden Sie sich an Fachfirmen.“ Von Lennard Schröder