So gefährlich ist Wassersport auf dem Ratzeburger See

In den vergangenen Wochen waren wieder mehrere Seenot-Einsätze auf dem Ratzeburger See in den Schlagzeilen. In einem besonders traurigen Fall kam am Sonntag vor drei Wochen ein Segler aus Hamburg ums Leben. Drei Segler waren in Pogeez gestartet und 800 Meter vor dem Ufer gekentert. Zwei konnte die DLRG retten, der 59-jährige Hamburger fiel dem Wetter zum Opfer. Böen bis Windstärke 8 und starker Wellengang erschwerten den DLRG-Rettern die Arbeit. Es ist nicht der einzige Einsatz für die DLRG Ratzeburg im August. 14 Boote mussten allein in dem Sommermonat aus dem Wasser geborgen werden. Segler wie Lebensretter sind sich einig: Der Ratzeburger See hat seine Tücken. Gefahr besteht vor allem für Wassersportler, die nicht ortskundig sind und den Wetterbericht nicht beachten. In diesem Artikel erklären Sie, worauf man auf dem schönen aber teils sehr anspruchsvollen See zwischen Lübeck und Ratzeburg achten muss. Ein anspruchsvolles Gewässer mit wechselnden Winden: „Der Ratzeburger See ist ein anspruchsvolles Gewässer. Die unterschiedlichen Windverhältnisse haben darauf Einfluss“, erklärt Malte Allrich, stellvertretender Vorsitzender der DLRG-Ortsgruppe Ratzeburg. Wenn der Wind aus Süden komme, dann sei es am Ufer in der Inselstadt windstill. Denn Bäume und auch die Gebäude sorgten für glattes Wasser. Davon dürften sich Wassersportler nicht täuschen lassen. Denn wer weiter raus fahre und den Windschatten verlasse, müsste an bestimmten Tagen schlagartig mit starken Winden und hoher Welle rechnen. „Das unterschätzen gerade Menschen, die das Revier nicht kennen“, berichtet Allrich. Außerdem drehe die Windrichtung auf dem See häufig. Insbesondere für Segleltouren und Kanutouren gelten laut DLRG folgende Regeln: Auf Wind, Wetter, Wellen und Wassertemperatur achten. Sich ausführlich über die Örtlichkeiten informieren. Mindestens zu zweit unterwegs sein. Nur für geübte Schwimmer. Immer mit Schwimmweste. Eine Schwimmweste ist das Minimum, bei stärkerem Wind oder schlechtem Wetter gehört aber die Rettungsweste auf jeden Fall zur Ausrüstung. Im Notfall nicht zögern und die Rettungskräfte über den Notruf verständigen, denn im Notfall zählt jede Sekunde. Darüber hinaus sollte die eigene Ausrüstung der Sportart angemessen, das Boot oder Sportgerät in einem gewarteten Zustand und geprüft sein und auf keinen Fall Alkohol oder etwas anderes konsumiert worden sein. Laut Malte Allrich sei leider immer wieder Alkohol im Spiel. Weitere Informationen oder Fragen beantwortet auch gerne die DLRG in Ratzeburg unter 0 45 41/73 80. Weitere Infos unter www.ratzeburg.dlrg.de. Für Touristen können heikle Situationen entstehen: Das kann auch Eduard Peters, Vorsitzender des Kreisseglerverbandes, weitgehend bestätigen. Auch an dem Tag, als der Hamburger Segler tödlich verunglückte, war er auf dem Wasser. „An dem besagten Sonntag gab es starke Winde“, erinnert er sich. Sein Boot liegt am Westufer des Ratzeburger Sees bei Buchholz. Dort am Ufer war es eher ruhig, weil die Stelle im Windschatten liege. Das ändere sich aber, wenn man das Boot weiter auf den See heraussteuere und plötzlich von starkem Wind erfasst wird. „Für Touristen können dadurch heikle Situationen entstehen. Wenn man hoch am Wind segelt, erfordert das Segelkunst“, berichtet Peters. Er selbst sei an dem Sonntag zurück in den Hafen gefahren. Es sei keine Schande, im Zweifel das Risiko zu meiden. Es zeuge viel mehr von Stärke. Gefährliche Hotspots am Ratzeburger See: Laut Allrich gibt es auf dem See Hotspots, an denen durch Wind immer wieder Wassersportler in Gefahr geraten. Das sei etwa so, wenn man vom Domsee Richtung Römnitz in Höhe des Campingplatzes steuere. „In diese enge Durchfahrt fegt der Wind extrem rein“, so Allrich. Gleiches gelte, wenn man bei Buchholz starte und um die Ecke steuere Richtung Pogeez. Ebenfalls kritisch in dieser Hinsicht sei die schmale Durchfahrt vom Küchensee in Richtung Ratzeburger See. Deshalb sei es zunächst nötig, sich über das Wetter und die örtlichen Gegebenheiten zu informieren. Das gelte für alle Wassersportler wie Segler, Kanufahrer oder seit neuestem vermehrt für Stand-up-Paddler. Weit über hundert DLRG-Einsätze im August: Im August habe die Ratzeburger DLRG reichlich zu tun. Allein 88 wurde Erste Hilfe geleistet. Viermal wurden andere Einsatzkräfte wie etwa die Polizei unterstützt, die nicht mehr mit eigenen Booten durch die Wasserschutzpolizei vor Ort aktiv ist. 14 Mal musste Boote aus dem Wasser geborgen und in den Heimathafen gebracht werden. Außerdem leisteten die Retter 26 Mal technische Hilfe bei Wassersportlern mit Stand-up-Boards, verhedderten Booten und anderen Wassersportlern. Auch an den Badestellen hatte die DLRG gut zu tun in den heißen Tagen. 23 Personen wurden aus dem Wasser gerettet, wobei drei an Badestellen und vier weitere mit dem Rettungsdienst unter Lebensgefahr ins Krankenhaus gekommen sind. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Durch Corona mehr Segler auf dem See: Ist das Segelrevier per se gefährlich und nehmen Zwischenfälle mit Seglern zu? „Den Ratzeburger See halte ich nicht für gefährlich, sondern eher für anspruchsvoll. Grundsätzlich ist der Segelsport anspruchsvoll“, erklärt Eduard Peters, Vorsitzender des Kreisseglerverbandes, der acht Vereine und etwa 1000 Mitglieder unter seinem Dach vereint. Als verantwortlicher Bootsführer sei man stets gehalten das Umfeld, Wetterentwicklung, andere Boote sowie die Berufsschifffahrt ständig zu scannen und entsprechend das eigene Verhalten anzupassen. „Coronabedingt haben wir derzeit eine größere Anzahl von Seglern, die eher selten segeln und eine erheblich größere Anzahl von Tagesgästen die dass Geschehen von Land aus beobachten“, berichtet Peters. Da könne es auch schon mal vorkommen, dass Situationen nicht richtig eingeschätzt werden und DLRG benachrichtigt wird. Möllner Kita wegen Coronafall geschlossen Trotz Corona: Lübecks Zahnärzte behandeln weiter Zahnärzte wollen in Corona-Krise dichtmachen – Verbände drohen mit Sanktionen Seenotretter finden vermissten 79 Jahre alten Segler in Ostsee Von Florian Grombein