So will die SPD den Verkehr auf der Ratzeburger Insel neu sortieren

Eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs, eine Temporeduzierung innerorts, eine Verbesserung und Ausweitung der Radwege, mehr öffentliche E-Ladestellen und ein Durchfahrtverbot für Lkw im Stadtgebiet, vor allem nachts, sind die wesentlichen Forderungen, die die Ratzeburger SPD nun in einem Zehn-Punkte-Papier zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur aufstellt. Darüber hinaus sprechen sich die Sozialdemokraten für den Erhalt beziehungsweise die Rückkehr zu den Kurzzeit-Parkmöglichkeiten auf der Nord- und Südseite des Marktplatzes aus, und zwar möglichst diagonal (wie bisher). Die Parkplätze auf der Ostseite des Platzes dagegen sollen wegfallen. Dieses Thema hatte Bürgermeister Gunnar Koech im vergangenen Sommer noch einmal aufgegriffen. Als langjähriger Vorsitzender des Wirtschaftsfördervereins Inselstadt Ratzeburg hatte er zwar noch eine andere Meinung zur Wichtigkeit der Parkmöglichkeiten am Markt, doch als Verwaltungschef musste er feststellen, dass er zwar Herr über den ruhenden Verkehr in der Stadt ist, andererseits aber auch persönlich haftbar für dort sich ereignende Unfälle. Ziel: Autofreier Marktplatz: Insofern plädierte er im Grunde für die Abschaffung der Parkplätze. „Ich will keine verbieten“, erklärte er, aber Ziel sei nach wie vor, den Marktplatz weitgehend autofrei zu gestalten, zugänglich nur für Fahrräder oder Busse im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). In der Politik ist man sich einig, dass es nicht genügt, nur die Parkplatzfrage am Markt zu lösen, sondern vielmehr ein Gesamtkonzept zur Ratzeburger Verkehrsinfrastruktur zu erarbeiten. Mit ihrem Maßnahmenkatalog machte die SPD nun den Anfang. Folgende Maßnahmen wären laut SPD Ratzeburg notwendig, um die Verkehrsinfrastruktur in der Kreisstadt zu verbessern: 1. Park-and-Ride-Parkplätze auf der West- und Ostseite der Stadt für auf der Insel arbeitende Menschen und Besucher der Stadt. Denkbar wären Standorte am Bahnhofsschlag (früherer Güterbahnhof) im Westen und auf dem in Kürze zu überplanenden Gebiet, auf dem sich im Augenblick noch RMVB und Stadtwerke/VSG befinden (Schweriner Straße), im Osten. 2. Buspendelverkehr zwischen den unter 1. genannten Zielpunkten in engen zeitlichen Abständen, vor allem in den hierfür relevantesten Zeiträumen. 3. Angebot eines kostengünstigen „Kombi-Park- und ÖPNV-Tickets“, um das Angebot zu 1. und 2. möglichst attraktiv zu gestalten. 4. Tempo 30 und „rechts vor links“ in allen Bereichen der Stadt, außer auf den Haupttangenten (Bundes- und Landesstraßen). 5. Ausweitung der Tempo-50-Zone in der Schmilauer Straße vom jetzigen Beginn auf Höhe des SWR bis zum Ortsschild. 6. Weiterentwicklung der Fahrrad-Infrastruktur, zunächst durch eine deutliche bauliche Aufwertung der bereits vorhandenen Wege. 7. Wesentliche Vermehrung der öffentlichen E-Lade-Kapazitäten im Stadtgebiet. 8. Erhalt beziehungsweise Rückkehr zu den Kurzzeit-Parkmöglichkeiten auf der Nord- und Südseite des Marktplatzes möglichst diagonal (wie bisher). Die Parkplätze auf der Ostseite sollten zurückgebaut werden. 9. Durchfahrtverbot für Lkw im Stadtgebiet, vor allem nachts. 10. Perspektivisch: kostenlose Nutzbarkeit des ÖPNV für Schüler und Rentner. In dem Zusammenhang sprachen sich Fraktionschef Uwe Martens, der stellvertretende Bauausschussvorsitzende Carsten Ramm und das Fraktionsmitglied Klaus-Peter Roggon (Stadtplaner und Architekt) auch dafür aus, sich von den Planungen einer großräumigen Ortsumgehung (von Ziethen über Schmilau nach Mölln zur B 207) zu verabschieden. SPD: Von Ortsumgehung verabschieden: Die Forderung nach ihr sei nicht mehr zeitgemäß, so Martens, das Verkehrsaufkommen lasse keine Notwendigkeit mehr erkennen und sie wäre ökologisch schädlich. Darüber hinaus würde sie ohnehin nicht zeitnah gebaut oder perspektivisch gar aus dem Verkehrswegeplan des Bundes gestrichen werden, zumindest aus dem vordringlichen Bedarf. Im Übrigen blockiere der Gedanke, dass sie vielleicht doch noch kommen könnte, viele Verantwortliche in der Stadt, sich Gedanken zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur zu machen, vermuten die SPD-Genossen. Lesen Sie auch Ratzeburg: Bürgermeister fordert ein neues Verkehrskonzept Umstrittene Ortsmitte: Ratzeburger Marktplatz im Wandel der Zeiten Ratzeburgs Bürgermeister will Parken am Marktplatz verbieten Angesprochen auf die Vorschläge der SPD gaben sich die Freien Wähler zurückhaltend. Ihr Fraktionsvorsitzender Jürgen Hentschel erklärte: „Bei einigen Themen der SPD gibt es gültige Beschlüsse der Stadtvertretung, darüber braucht nicht gesprochen zu werden. Mit den anderen, inhaltlich sehr komplexen Themen werden wir uns beschäftigen, wenn die SPD entsprechende Anträge mit Finanzierungsvorschlägen in den dafür vorgesehenen Ausschüsse stellt.“ Nach Meinung von Dr. Ralf Röger, Fraktionschef der CDU, leidet das SPD-Konzept strukturell daran, „dass nicht ausreichend zwischen dem Durchgangsverkehr einerseits und dem Ziel-, Quell- und Binnenverkehr andererseits unterschieden wird. Für den Durchgangsverkehr muss die Verkehrsgestaltung grundsätzlich unattraktiv sein, sodass dieser möglichst reduziert und zum Außenverkehr entwickelt wird“. CDU: Mobilität älterer Menschen beachten: Für den Binnen- und Quellverkehr, aber vor allem für den Zielverkehr müsse die Ratzeburger Innenstadt dagegen „attraktiv und einladend gestaltet“ werden. „Und bei allem Respekt vor der ökologisch sinnvollen Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs und des Radverkehrs dürfen gerade in Zeiten des demografischen Wandels auch die Mobilität älterer Menschen und die Notwendigkeit der Erschließung der Insel für den individuellen Pkw-Verkehr inklusive der Parkraumgestaltung nicht zur Nebensache degradiert werden.“ Und was die Ortsumgehung betreffe, so Röger, bleibe deren Realisierung für die CDU „eines der wichtigsten verkehrsplanerischen Ziele der Zukunft“. „Erst wenn die B 208 nicht mehr durch Ratzeburg führt, besteht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit, als Stadt im Zusammenspiel mit dem Kreis umfassende Maßnahmen zur verkehrlichen Beschränkung – beispielsweise durch Verhängung eines Durchfahrtverbots für Lkw – umzusetzen.“ Von Joachim Strunk