Tische auf dem Markt: Ratzeburgs Gastronomen nutzen Angebot der Stadt bislang nicht

Die Stadt Ratzeburg solle den Betrieben, die es auf Antrag wünschen, zusätzliche öffentliche Flächen zur Verfügung stellen, beispielsweise im Kurpark und auf dem Marktplatz, hatte die SPD gefordert. Und dieser Beschluss war in den Gremien durchgewunken worden – allerdings ohne bislang Folgen zu haben. Einige Betriebe wissen davon kaum etwas, andere haben kein Interesse. Aber es gibt auch Ausnahmen. Aydin Güzel, Inhaber vom „L´île“ am Theaterplatz, war der erste Antragsteller. Er plante, einen Food Truck an seiner Bar aufzustellen und von dort aus Flammkuchen anzubieten. „Die Stadt hat sich sehr kooperativ gezeigt. Es hat keine 24 Stunden bis zur Genehmigung gedauert“, berichtete der Gastronom. Mittlerweile hat Güzel seinen Betrieb jedoch geschlossen (LN berichteten). Vom Restaurant „Istanbul“ am Marktplatz hieß es, dass keine zusätzlichen Tische zur Verfügung stünden, um Gäste auf dem Marktplatz zu bewirten. Zudem hätte man keine Lagermöglichkeiten für weitere Tische. Allerdings sei zu beklagen, dass die Anzahl der Tische im Außenbereich im Vergleich zum Vorjahr durch die Vorgabe der Stadt geringer sei. „Wir haben von der Idee noch nichts gehört“: Für das Restaurant „La Dolce Vita“ in der Domstraße gibt es seit einigen Jahren die Genehmigung, öffentlichen Raum am Straßenrand für die Bewirtung zu nutzen. Von einer möglichen Ausweitung aufgrund der SPD-Initiative hatte man hier noch nicht gehört. „Wir werden noch einen Antrag stellen, um unsere Terrasse verlängern zu können“, sagte Chefin Fattaneh Ghaffarzadeh gegenüber den LN. „Es wäre ja wichtig, dass die Wirte das auch mitbekommen, denn bei gutem Wetter kann man mit den zusätzlichen Außenplätzen die durch die Pandemie bedingten Ausfälle etwas kompensieren“, sagte Uwe Martens, Fraktionsvorsitzender der SPD in Ratzeburg. Daher hätte sich die SPD so frühzeitig an die weiteren Fraktionen in der Stadtvertretung und an die Verwaltung gewandt. In Hamburg gab es bereits Mitte Mai Appelle von Gastronomen an den Senat und die Bezirke, zusätzliche Flächen zu genehmigen. Mittlerweile ist auch die Stadt Geesthacht aktiv geworden und hat einen entsprechenden Satzungsbeschluss erlassen (siehe Info). Ratzeburgs Bürgermeister Gunnar Koech (parteilos) erklärte gegenüber den LN auf Nachfrage, dass es sich um ein „bedauerliches Missverständnis“ gehandelt hätte. Zuständig für die Bewirtschaftung des Marktplatzes seien die Eigenbetriebe der Stadt. Die Mitarbeiterin, mit der das „Rührwerk“ Kontakt hatte, sei neu und in der Einarbeitungszeit. Daher hätte sie die Stadt Ratzeburg bestmöglich absichern wollen und dem Betreiber die mit der Corona-Krise verbundenen Probleme aufgezählt. Aufgrund der Nachfrage durch die LN hat der Bürgermeister direkt den Kontakt zum „Rührwerk“ aufgenommen und dort kurzfristig um eine Antragsmail gebeten, damit schnellstens eine Genehmigung durch die Stadt erfolgen kann. „Es ist nicht kompliziert, sondern es gibt eine klare politische Aussage: ich soll den Betrieben das ermöglichen“, so Gunnar Koech gegenüber den LN. „Eine Mail reicht, es wird genehmigt und umgesetzt, das ist gar kein Problem. Natürlich müssen dabei aber auch die Abstandsregelungen eingehalten werden können“, so der Bürgermeister. IHK fordert Erweiterung ohne Gebühr für Wirte: Von der Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein (IHK) folgte Anfang des Monats ein Appell an die Städte und Kommunen im Land, in dem dafür plädiert wird, den „Unternehmen des Gastgewerbes zeitlich befristet eine Erweiterung der Außengastronomie zu ermöglichen – ohne bürokratisches Antragsverfahren oder zusätzliche Gebühr“. IHK-Hauptgeschäftsführer Björn Ipsen sagte dazu: „Wir brauchen in Schleswig-Holstein kreative und unbürokratische Lösungen, um die Umsatzeinbußen der Branche möglichst weitgehend zu kompensieren. Die Gastronomie wurde durch den Lockdown hart getroffen.“ Zur Entlastung der Gastronomiebetriebe in der Stadt Geesthacht im Zusammenhang mit dem Angebot einer Außengastronomie während der Corona-Krise wurde eine bis zum 31.12.2020 befristete Aussetzung der Gebührenerhebung für bestimmte Sondernutzungen an öffentlichen Straßen in der Stadt Geesthacht beschlossen. Diese Regelung gilt ausschließlich für die Gastronomiebetriebe, welche bis zum Stichtag 12.06.2020 bereits einen Antrag auf Sondernutzung im Rahmen Außengastronomie für Kunden gestellt und genehmigt bekommen hatten. Brunchrestaurant fühlte sich von der Stadt abgeschreckt: „Die Stadt Ratzeburg unterstützt diese Idee, wir gehen aber nicht proaktiv auf die Gastronomiebetriebe zu, sagte Stadtsprecher Mark Sauer. Aktiv wurde das Frühstücks- und Brunchrestaurant „Rührwerk“ in unmittelbarer Nähe des Marktplatzes. Bei Facebook und im Aushang war zu lesen, dass man in dieser Woche „voraussichtlich auf dem Marktplatz mit einigen Tischen“ zwischen 11 und 14 Uhr Speisen anbieten würde. Daraus wurde erst einmal nichts. Vom Rührwerk hieß es, dass die Auflagen der Stadt hoch seien, man hätte sich dort als eigenes Restaurant anmelden müssen. Der Eindruck sei, es „wird nicht erwünscht“, so Michael Werner vom „Rührwerk“. Mittlerweile hat sich Ratzeburgs Bürgermeister Gunnar Koech eingeschaltet (siehe Info) und zugesichert, dass er sich persönlich in die Genehmigung einschaltet und in den nächsten Tagen auch aktiv auf weitere Gastronomiebetriebe zugehen wird. „Der Kontakt war nett und hilfreich, warten wir mal ab, wie es sich entwickelt“, bestätigt Michael Werner das Gespräch mit dem Bürgermeister. Der Gastronom, der bislang nur den Außer-Haus-Verkauf anbieten kann, würde es sehr begrüßen, wenn weitere Betriebe auf dem Marktplatz Gäste bewirten würden. „Wir planen vier Tische und unseren Food-Trailer und könnten am Montag loslegen“, sagte Werner zu den LN. Die Mailadresse der Stadtverwaltung lautet: stadt@ratzeburg.de Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Von Thomas Biller