Unrechtmäßig? Zweifel an Beitragserhebung für LED-Umrüstung in Mölln

Ein Ratzeburger, der Grundbesitz in Mölln hat, hat Einspruch gegen die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen der Stadt Mölln für die Umrüstung auf LED-Beleuchtung eingelegt. Er ist nicht allein. Laut Verwaltung gibt es allein in Mölln insgesamt etwa 20 laufende Widerspruchsverfahren. Die Städte Mölln und Ratzeburg sind Anteilseigner der Vereinigte Stadtwerke GmbH (VS), die die Beleuchtung im Auftrag der Stadt umbaut und die nach dem Umbau Besitzer der neuen Lampen auf Möllner Gebiet ist. Weil die Verwaltung es personell nicht schafft, alle Beiträge vor der Verjährungsfrist einzuziehen, soll eine Firma für 200 000 Euro zum Eintreiben beauftragt werden. Die Rechnung wäre höher als die bislang eingezogenen Beiträge. Diese Posse um die Straßenbeleuchtung (LN berichteten), hat nun vor allem den LN-Leser Karl-Heinz Duncker aus Ratzeburg aufmerken lassen. Der 78-Jährige hat Grundbesitz in Mölln und müsste ebenfalls Straßenausbaubeiträge für die neue LED-Beleuchtung zahlen. Weil er aufgrund seiner Verwaltungserfahrung glaubt, einen Fehler im Vorgehen der Verwaltung gefunden zu haben, hat er sich den „Beleuchtungsvertrag“ zwischen der Stadt Mölln und der Vereinigte Stadtwerke Mölln GmbH zusenden lassen. Dabei hat er sich auf das Informationszugangsgesetz des Landes Schleswig-Holstein berufen. Bislang wurden rund 173 000 Euro an Beiträgen für die Umrüstung auf LED erhoben (Stand Dezember 2020). Davon seien etwa 20 Verfahren wegen Widerspruchserhebung noch offen, berichtet Bürgermeister Jan Wiegels. Das Beitragsvolumen dieser Widersprüche belaufe sich auf knapp 6000 Euro. Bürger: „Der Stadt entstehen keine tatsächlichen Kosten“: Duncker weist darauf hin, dass die Stadt Mölln mit der VS einen langfristigen Vertrag zur Straßenbeleuchtung abgeschlossen hat. In dem Vertrag sei geregelt, dass die VS die neue Straßenbeleuchtung auf eigene Kosten umbaue und dass diese Beleuchtung in das Eigentum der VS übergehe. „Der Stadt Mölln entstehen dadurch keine eigenen tatsächlichen Kosten. Die Stadt kann aber nur eigene tatsächliche Kosten gemäß ihrer Straßenbaubeitragssatzung – je nach Straßenart etwa 55 bis 75 Prozent – als Beitrag auf die Bewohner umlegen“, sagt Duncker. Grundsätzlich ändere daran auch nichts, dass die VS der Stadt laut Vertrag eine Kostenaufstellung für die Beitragserhebung übersenden müsse. Lesen Sie auch Mölln: Externe sollen Ausbaubeiträge für LED-Leuchten teuer eintreiben Corona-Inzidenzwert im Kreis Herzogtum Lauenburg auf 105,5 leicht gesunken Panne bei Vergabe der Impftermine im Kreis Herzogtum Lauenburg Corona in Möllner Pflegeheim: Inzidenz im Herzogtum steigt auf 94,9 Auch diese Aufstellung mit den der VS entstandenen Kosten, löse keine beitragsfähigen tatsächlichen Kosten bei der Stadt aus. Dieses gelte laut Duncker auch für die im Vertrag genannten maßnahmenbezogenen Einzelabrechnungen, die die Stadt der VS laut Vertragswerk sogar bezahlen wolle, um eine Beitragserhebung möglich zu machen. „Ein Beitrag lässt sich auf diesen Grundlagen nicht ordnungsgemäß festsetzen. Die Kosten für eine externe Beitragsberechnung können damit gespart werden“, ist Duncker der Meinung und nimmt damit Bezug auf den ersten Artikel der LN zum Thema. Berliner Kanzlei erstellte Rechtsgutachten: Die LN haben Möllns Bürgermeister Jan Wiegels gefragt, wie er die Einschätzung Dunckers bewertet. „Eine renommierte Berliner Kanzlei hat damals ein Rechtsgutachten erstellt“, sagt Wiegels. Bereits vor Abschluss des Beleuchtungsvertrags mit den Stadtwerken im Jahr 2016 sei die Frage der Erhebung der Anliegerbeiträge umfassend sowohl von einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht als auch intern in der Stadtverwaltung geprüft worden, berichtet der Bürgermeister. „Das Ergebnis war, dass die Maßnahmen grundsätzlich beitragsfähig sind“, sagt Wiegels. Die Stadt Mölln sei aufgrund der bestehenden Straßenbaubeitragssatzung rechtlich verpflichtet, die Straßenbaubeiträge zu erheben, erklärt Wiegels weiter. Die Herstellung, Erweiterung, Erneuerung oder Verbesserung der Straßenbeleuchtung als Teileinrichtung der Straße sei eine beitragsfähige Maßnahme im Sinne des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein und der Straßenbaubeitragssatzung, sagt er. „Würde die Verwaltung die Beitragserhebung pflichtwidrig unterlassen, würde dies unmittelbar zur Frage der Erfüllung des Straftatbestandes der Amtsuntreue führen“, so Wiegels weiter. Keine Ersatzteile für die alten Möllner Leuchten: Mölln habe also gar keine andere Wahl, als dieses Vorgehen zu wählen. Es spiele überhaupt keine Rolle, wie hoch der Aufwand für die Erstellung der Bescheide sei. Damit nimmt Wiegels Bezug auf die von der Politik diskutierte hohe Summe von 200 000 Euro für eine externe Firma, die Straßenausbaubeiträge für die neuen LEDs eintreiben könnte. „Im Übrigen steht nicht die Umrüstung auf LED im Vordergrund der Maßnahme, sondern die Erneuerung der überwiegend sehr alten Beleuchtungsanlagen, für die es teilweise schon gar keine Ersatzteile mehr gibt“, so der Bürgermeister. Daher würden auch nicht nur neue Leuchtkörper installiert, sondern die Lampen komplett ersetzt, in Teilbereichen auch die Zuleitung. Wiegels: Rückabwicklung nicht möglich: Hält Möllns Bürgermeister es für möglich, dass bereits geleistet Beträge für die neuen LEDs von Bürgern zurückgefordert werden könnten? „Unangefochtene Beitragsbescheide sind bestandskräftig. Die Stadt darf sie aufgrund der bestehenden Straßenbaubeitragssatzung gar nicht zurückzahlen“, erklärt Wiegels. Eine wie auch immer geartete „Rückabwicklung“ der vereinnahmten Beiträge wäre nach aktuellem Stand rechtswidrig und würde zudem gravierende juristische und haushalterische Fragestellungen aufwerfen. „Dies verbietet sich insbesondere vor dem Hintergrund des erheblichen Haushaltsdefizites der Stadt Mölln“, sagt der Bürgermeister. Selbst ein Professor der Rechtswissenschaften, den die LN in dieser Sache konsultierten, ist sich nicht sicher, ob das Vorgehen zur Erneuerung der Straßenbeleuchtung und der erhobenen Beiträge zwischen Kommune und kommunalem Energieversorger zu beanstanden ist. Weitere Aussagen dazu könne er nur treffen, wenn er das Vertragswerk studiere, hieß es. Von Florian Grombein