Zahnarztpraxis und Möllner BBZ müssen trotz Coronafall nicht schließen

Alarmbereitschaft im Berufsbildungszentrum Mölln (BBZ): Weil eine Auszubildende einer Zahnarztpraxis im Süden des Kreises Herzogtum Lauenburg sich mit dem Coronavirus infiziert hat, haben das Gesundheitsamt und die Berufsschule alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Ausbreitung des Virus im Betrieb und in der Schule möglichst zu verhindern. Schüler und Eltern reagieren in sozialen Medien in großer Zahl auf die Nachricht. Es ist der wohl erste Fall im Norden, bei dem eine Berufsschule betroffen ist. Besonders heikel ist dabei die Größe des Schulstandorts: Etwa 3500 Schüler, 235 Lehrer und außerdem noch Personal sind in der Einrichtung an der Kerschensteiner Straße in Mölln tätig. Warum die Schule und die Praxis nicht komplett schließen müssen, erklären wir in diesem Artikel. Eine erhebliche Menge an Begegnungen am BBZ: „Das Aufkommen der Menschen, die sich an unserer Schule begegnen, ist erheblich“, sagte Ulrich Keller, Schulleiter am BBZ am Donnerstag auf Anfrage. Deshalb habe man seit Anfang des Schuljahres bereits mit einem ähnlichen Fall gerechnet und gehofft, dass dieser möglichst spät eintrete. Er habe jetzt „sehr gemischte Gefühle“, aber der Schulstart sei bisher „sehr gut“ verlaufen. Und da der Austausch mit dem Kreisgesundheitsamt aktuell fast reibungslos verlaufe, hätten alle Betroffenen sehr schnell informiert werden können. „Das hatten wir uns zum Anfang des Schuljahres sehr viel dramatischer vorgestellt“, sagt Keller. Die Kohortenbildung komme der Schule nun zu Gute. „Unsere Schule und unsere Lehrkräfte haben das gut gemacht“, lobt Keller. Die Schule hatte laut Kreisverwaltung umgehend nach der Benachrichtigung durch das Gesundheitsamt die Listen möglicher von der Quarantäne Betroffener zur Verfügung gestellt. In Form einer „Blitzmeldung“ im sehr frequentierten Lernnetzwerk der Schule seien alle Betroffenen informiert worden. Zahnärzte arbeiten seit jeher mit hohen Hygienestandards, erklärte die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein in ihrer aktuellsten Pressemitteilung. „Infektionsschutz ist bei uns täglich gelebte Vorsorge. Daher brauchen Patienten keine Bedenken zu haben, wenn eine Zahnbehandlung ansteht“, erklärt Dr. Michael Brandt, Präsident der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein. Vor der Behandlung werde darauf geachtet, dass Wartezeiten so kurz wie möglich sind und im Wartezimmer ausreichender Sicherheitsabstand besteht. Nach jeder Behandlung würden alle Oberflächen sorgfältig desinfiziert, alle Instrumente hygienisch aufbereitet und sterilisiert und für jeden Patienten frisch aufgelegt. Darüber hinaus haben die Zahnärzte demnach ihre Behandlungstechnik angepasst, um die Entstehung von Aerosolen weitgehend zu vermeiden. Eine leistungsstarke Absaugtechnik schützt die Patienten ebenso. Patienten sollen Termine daher nicht generell einfach absagen, sondern sich mit der Zahnarztpraxis abstimmen. Während professionelle Zahnreinigung (PZR) in einzelnen Fällen sicher verschoben werden könnten, sei das bei so genannten Erhaltungstherapien meist anders. Bei Parodontitis (Zahnbetterkrankung) breche die Erkrankung sofort wieder auf, wenn nicht regelmäßig der Biofilm entfernt werde. Für Infizierte oder unter Quarantäne befindliche und unter Corona-Verdacht stehende Patienten sei im UKSH eine spezielle Corona-Notfallversorgung eingerichtet. Die Anmeldungen dafür laufen über die jeweilige Zahnarztpraxis. „Mit all diesen Maßnahmen gewährleisten wir eine sichere zahnärztliche Versorgung in Schleswig-Holstein“, so Brandt. Weitere Infos: www.zahnaerzte-sh.de Kontakt in Zahnarztpraxis im Südkreis: „Das Besondere an diesem Fall im BBZ ist, dass Verbindungen in die Ausbildungsbetriebe bestehen“, sagte Kreissprecher Tobias Frohnert. Im Gegensatz zu einer Regelschule haben Azubis am BBZ neben der Schule auch Kontakte in ihre Betriebe – wie jetzt im Falle der Zahnarztpraxis. Das Gesundheitsamt schickte sieben Mitarbeiter der Praxis im Südkreis in Quarantäne. Weil das Mädchen insgesamt zwei Tage im Betrieb arbeitete, seien zusätzlich etwa 20 Patienten informiert worden. Im Gegensatz zu den Auswirkungen einer Coronavirusinfektion an drei Schulen im Lauenburgischen in den vergangenen Wochen fährt dieses Mal jedoch kein Corona-Testmobil an die Schule. Laut Frohnert werde jeder Betroffene individuell zum Testen eingeladen. „Die Kohorte kommt nicht vorzeitig aus der Quarantäne, egal wie die Tests ausfallen. Für den gesamten Schulbetrieb wird sich jedoch nichts ändern“, erklärte Frohnert. Es sei denn, es würden außerhalb der Kohorte positive Testergebnisse festgestellt. Die Praxis muss nicht komplett schließen: Die Praxis im Südkreis müsse nach seinen Informationen nicht komplett schließen. Denn es handele sich um eine Gemeinschaftspraxis mit zwei Ärzten und einem jeweiligen Team, das unabhängig voneinander arbeite. Des Weiteren seien die Hygienestandards in Zahnarztpraxen generell hoch. Bereits am Dienstagabend hatte das Kreisgesundheitsamt eine Quarantäne für zwölf Schüler und zwei Lehrer des BBZ verhängt. Die Auszubildende war zuvor positiv auf das Virus getestet worden. Die Schülerin hatte sich vermutlich bei einem Familienbesuch infiziert und ließ sich aufgrund von Symptomen untersuchen. Da sie am Montag der vergangenen Woche noch in ihrer Klasse unterrichtet wurde, wurden die Klasse samt Lehrer bis zum 7. September in die Quarantäne geschickt. Betretungsverbot: Postalischer Bescheid sorgte für Verwirrung: Probleme hatten sich zuletzt bei der Kreisverwaltung ergeben, weil die mündlichen Informationen über Betretungsverbote an lauenburgischen Schulen im Zusammenhang mit Coronaverdachtsfällen sich mit den schriftlichen Bescheiden überschnitten hatten. So hätten Betroffene bereits erfahren, dass aufgrund negativer Testergebnisse ein Schulbesuch wieder möglich sei. Doch der offizielle Bescheid sei verzögert durch die Post erst am selben Tag im Briefkasten gelegen. Das habe bei Betroffenen laut Frohnert zu Verwirrung und auch Panik geführt. Um das zu verhindern, will die Kreisverwaltung künftig über die eigene Onlinepräsenz rechtssicher informieren. Derweil steigt die Fallzahl im Kreis Herzogtum Lauenburg leicht an. Am Donnerstag stieg die Zahl der Coronainfizierten im Vergleich zum Vortag um drei auf 319. Die Zahl der Genesenen (279) und der am Virus Verstorbenen (18) blieb gleich. Lesen Sie auch: Trotz Corona: Lübecks Zahnärzte behandeln weiter Zahnärzte wollen in Corona-Krise dichtmachen – Verbände drohen mit Sanktionen Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Von Von Florian Grombein