"luca"-App: Ist digitale Datenerfassung die Lösung in der Coronakrise

„Die ,luca’-App ist hervorragend gemacht. Sie kann dabei helfen, das bisherige System der Zettelwirtschaft zu beenden, die Gesundheitsämter spürbar zu entlasten und Cluster zukünftig schneller zu identifizieren.“ Der Grünen-Bundestagsabgeordnete und Datenschutzexperte Konstantin von Notz ist voll des Lobes für die App, die den Gastronomen und Touristikern im Herzogtum Lauenburg jetzt aus der Krise helfen soll. Was steckt dahinter? Keine Zettelwirtschaft mehr beim Restaurantbesuch, nur noch ein QR-Code, den die Gäste abscannen: So soll im Lauenburgischen bald die Kontakterfassung in der Gastronomie, im Tourismus und bei Veranstaltungen erfolgen. Die App „luca“ will der Kreis als Modellregion einführen. Darauf hat sich die Herzogtum Lauenburg Marketing und Service GmbH (HLMS) mit dem Kreis Herzogtum Lauenburg verständigt. Entwickelt wurde sie von der Firma „neXenio“, eine Ausgründung des Hasso-Plattner-Instituts. HLMS und Kreis versprechen sich von dieser App nicht weniger als eine Chance auf Rettung für die Gastronomie und die Tourismusbranche. „Als eine der ersten Regionen in Deutschland gehen wir einen neuen, digitalen Weg der Gästeregistrierung. Das lästige und oft fehlerhafte Ausfüllen der Anmeldezettel entfällt in den teilnehmenden Betrieben“, sagt Günter Schmidt, Geschäftsführer der HLMS. Digitale Anmeldung mit Fantasie-Namen möglich: Damit das funktioniert, müssen möglichst viele Betriebe und ihre Gäste die App nutzen. Eine erste Voraussetzung dafür ist gegeben: Es gibt sie kostenlos im App Store sowie im Google Playstore und ist damit für eine Vielzahl von Smartphones verfügbar. Auch für die Betriebe kostet die App in der Modellphase nichts. Ein kleines Minus, das beim ersten Selbstversuch direkt auffällt: Bei der Anmeldung erkennt das Programm nicht, wenn falsche Daten eingetragen werden. Damit sind Gastronomen wieder nicht vor uneinsichtigen Gästen gefeit, die sich im Kontaktformular als „Mickey Maus“ oder „Benjamin Blümchen“ ausgeben. Eine Bonusfunktion wiederum: Über „luca“ können auch Privatpersonen die Kontaktdaten für ein Treffen mit Verwandten oder Freunden erfassen. Ein weiterer wichtiger Aspekt: der Schutz personenbezogener Informationen. Nach Angaben der Entwickler „erfüllt die App alle datenschutzrelevanten Standards.“ Das bestätigen auch Experten: Der Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz hat keine Bedenken, was den Datenschutz der App angeht. Zugleich stünde die „luca“-App für die massiven Versäumnisse der Bundesregierung, trotz vielfacher Aufforderungen die Corona-Warn-App entsprechend weiterzuentwickeln und um eine solche Funktion zu ergänzen. Die nutzen inzwischen 25 Millionen Deutsche. Sie können bisher aber lediglich erkennen, wer sich in der unmittelbaren Nähe aufhält, nicht aber, mit wem man sich im selben Raum befindet - ob bei Besprechungen, einem Konzert oder im Restaurant. „Um von den eigenen Versäumnissen abzulenken, schiebt man nun die Schuld auf den Datenschutz. Das ist ein durchsichtiges Spiel. Die ,luca’-App zeigt, wie eine Clustererkennung mit gutem, innovativem Datenschutz durchaus vereinbar ist.“ Sie könne auch eine echte Erleichterung für die gebeutelte Veranstaltung- und Gastrobranche sein und einen wichtigen Beitrag dabei leisten, Einrichtungen schneller wieder zu öffnen. „Ich freue mich sehr, dass sich der Kreis an dem Modellversuch beteiligt“, sagt von Notz. Bei der ersten Anmeldung fragt die App alle Kontaktdaten ab, die sonst beim Restaurantbesuch auf einem Zettel notiert wurden: Name, Adresse, Telefonnummer und E-Mail. Daraus generiert die App dann einen anonymen QR-Code. Der wird dann bei den Betrieben, die die App nutzen, hinterlegt, indem die Gäste beim Eintritt ihrerseits einen QR-Code scannen. Wer positiv auf das Coronavirus getestet wird, kann die Besuche, die in der App registriert sind, mit dem Gesundheitsamt teilen. Das Gesundheitsamt meldet sich dann wiederum bei den Cafés, Restaurants und Hotels, die die erkrankte Person besucht hat, damit sie die Daten möglicher Kontaktpersonen freigeben. Entschlüssen kann die dann wieder nur das Gesundheitsamt und Gäste über einen möglichen Risikokontakt informieren. Alle anderen Beteiligten haben zu keiner Zeit Zugriff auf die Daten, die auf zertifizierten deutschen Servern liegen. Nach spätestens 30 Tagen werden die Check-Ins gelöscht. Daten gegen unberechtigte Zugriffe geschützt: Marit Hansen, Landesbeauftragte für Datenschutz, lobt die App ebenfalls: Sie zeichne sich dadurch aus, dass einerseits die Kontaktdaten durch die gewählten Verschlüsselungslösungen gegen Missbrauch und unberechtigte Zugriffe geschützt werden und andererseits die Gesundheitsämter im Infektionsfall auf die nötigen Daten digital zugreifen können. „Im vergangenen Jahr gingen bei uns zahlreiche Beschwerden über schludrige Aufbewahrung der Kontaktdaten-Zettel oder sogar missbräuchliche Nutzung der Daten ein“, berichtet Hansen. Beides sei mit der „luca“-App ausgeschlossen, denn die Daten sind von Anfang an verschlüsselt gespeichert, sodass noch nicht einmal der Restaurantbesitzer oder die Beschäftigten die Informationen im Klartext sehen können. Der Chaos Computer Club habe gezeigt, dass vor allem dann ein Risiko bestehe, wenn alle Daten für verschiedene Restaurants in einer zentralen Datenbank landen und bei einer Datenpanne für ganz Deutschland analysiert werden könnte, wer mit wem wo essen gegangen ist. Aber auch dieses Risiko sei mit der „luca“-App ausgeschlossen, denn der Kontaktdaten-Code ändere sich immer wieder, wodurch solche Analysen verhindert werden könnten. Lesen Sie auch Das sind die Corona-Zahlen im Kreis Herzogtum Lauenburg am 10.02..2021 Lockdown in den Wildparks: Auch die Tiere vermissen die Besucher Herzogtum Lauenburg: Handwerk kommt gut durch Corona-Krise Ziel: Flächendeckende Nutzung: Einen Einwand hat die Landesdatenschutzbeauftragte Marit Hansen dann aber doch: Was ist mit denen, die kein Smartphone haben? Hier verspricht Günter Schmidt, Geschäftsführer der HLMS: Es soll auch in diesem Fall eine Alternative zur Zettelwirtschaft geben, auch wenn die genaue Umsetzung noch nicht spruchreif ist. Aber er verspricht: „Wir wollen niemanden von der digitalen Lösung ausschließen.“ Das Ziel sei letztendlich, dass diese Lösung mittelfristig flächendeckend genutzt wird und Menschen aus dem Herzogtum auch in Lübeck oder Hamburg einfach nur ihr Smartphone zu zücken brauchen, um in ein Café zu gehen oder in einem Hotel einzuchecken. Von Sophie Schade