70 Millionen Euro Plus in 2019: Warum Lübeck plötzlich Geld hat

Super Jahr für Lübeck: 2019 hat die Stadt 70 Millionen Euro eingefahren. Das ist wesentlich mehr als geplant. Denn gerechnet hatte sie mit acht Millionen Euro Defizit. Der Grund für die vielen extra Millionen Euro: Die Steuern der Unternehmen sprudeln, die Personalkosten in der Verwaltung sinken. Top-Nachrichten für Bürgermeister Jan Lindenau (SPD). „Wir haben gut gewirtschaftet“, so der Rathauschef. Es ist der erste Finanzplan, für den Lindenau verantwortlich ist. Er ist seit Mai 2018 Lübecks Bürgermeister und hat seinen ersten Haushalt für 2019 aufgestellt. Millionen-Plus durch mehr Einnahmen: Lübeck hat plötzlich Geld – 78 Millionen Euro mehr als geplant. Das liegt vor allem an den Einnahmen. Die sind massiv gestiegen – um 64 Millionen Euro. So hat die Stadt 2019 satte 907 Millionen Euro eingenommen. Geplant hatte sie lediglich mit 843 Millionen Euro. Zugleich hat die Stadt auch die Ausgaben gesenkt – um 14 Millionen Euro auf 837 Millionen. Geplant hatte sie 851 Millionen Euro. Mehr Millionen: boomende Wirtschaft, teures Tafelsilber: Woher kommen die Mehreinnahmen? Die größten Posten sind: Gewerbesteuer, Grundstücksverkäufe und Bußgelder. Im Detail: Die Lübecker Wirtschaft brummt, und die Unternehmen haben mehr Gewerbesteuern gezahlt. So hat die Stadt 123 Millionen eingenommen. Das sind 16 Millionen Euro mehr als geplant. Hinzu kommt, dass die Stadt wesentlich mehr Geld eingenommen hat beim Verkaufen von Tafelsilber. Denn von den gestiegenen Grundstückspreisen profitiert auch die Stadt. So hat sie Flächen veräußert im Wert von 23,6 Millionen Euro. Gerechnet hatte sie mit 14,3 Millionen Euro. Extra Einnahmen: Hohe Bußgelder: Das größte Plus verzeichnet die Stadt bei den Bußgeldern. Die Stadt hat massiv kassiert: 28,3 Millionen Euro. Das sind 24 Millionen Euro mehr als geplant. Allerdings: Diese große Abweichung ergibt sich aus einem formalen Grundsatz. Die Stadt rechnet nur wenige Bußgelder in ihre Prognose ein, denn sie geht nicht vom Fehlverhalten der Bürger aus. Obwohl die Bußgelder 2019 mit 28 Millionen Euro hoch sind, waren sie im Jahr davor noch viel höher. Die Bußgelder 2018 beliefen sich auf fast 53 Millionen Euro. Die Hansestadt hat 2019 massiv investiert – 119 Millionen Euro. „Es tut sich was in Lübeck. Darauf sind wir stolz“, sagt Lübecks Kämmerer Manfred Uhlig. „Wir haben viel investiert.“ Das sind vier Millionen Euro mehr als geplant. Aber: Es gab noch Investitionen aus 2018, die die Stadt nicht getätigt hat – 80 Millionen Euro. Somit hatte sie 2019 fast 200 Millionen Euro an geplanten Investitionen; davon etwa 85 Millionen Euro Kredite (davon wiederum 60 Millionen Euro Kredite aus 2019), Millionen von Bund und Land sowie Millionen durch den Verkauf von städtischen Grundstücken. Die fünf größten Projekte aus 2019: Die meisten Millionen Euro sind in zwei Projekte im Hafen geflossen. In den Skandinavienkai wurden insgesamt 28,4 Millionen Euro gesteckt. In den Ausbau flossen 15,8 Millionen Euro sowie in den Bau von zwei riesigen Papierhallen 12,6 Millionen Euro. Das Gesamtprojekt kostet 74 Millionen Euro – und wird 2021 fertig. Außerdem wurde die Dauerbaustelle Possehlbrücke beendet (5,7 Millionen Euro). Insgesamt kostet der Neubau der Querung 21 Millionen Euro. Das größte Schulprojekt 2019 ist der Umbau der Gemeinschaftsschule St. Jürgen mit 4,7 Millionen Euro. Das Gesamtprojekt kostet 13,7 Millionen Euro und soll 2021 fertig sein. Und der Neubau der Josephinenbrücke hat mit 4,1 Millionen Euro zu Buche geschlagen. Das Projekt dauerte das gesamte Jahr 2019 und ist abgeschlossen. Weniger Ausgaben: Personal und Sozialleistungen: Die Stadt hat weniger Ausgaben. Dabei sind die größten Einsparposten: Personal, Sozialleistungen und Zinsen. Konkret: Die Stadt hat 2019 weniger Geld für die Mitarbeiter der Verwaltung ausgegeben. So sind 185 Millionen Euro an Gehältern ausgegeben worden. Unterm Strich sind das elf Millionen Euro weniger als geplant. Die Gründe für die geringeren Kosten: Nicht alle freien Stellen wurden besetzt. Und: Die Löhne von Langzeit-Erkrankten übernehmen Krankenkassen. Die sogenannten Transfer-Leistungen wie Sozialhilfe oder Jugendhilfe sind ein durchlaufender Posten. Heißt: Die Stadt zahlt das Geld aus, holt es sich aber wieder von Land und Bund. Dennoch hat die Stadt auch dafür weniger Geld ausgegeben 353 Millionen Euro. Gerechnet hatte die Stadt mit 361 Millionen Euro. Weniger Zinsen, weniger Schulden: Aus Finanzsicht besonders erfreulich: Die Stadt hat weniger Zinsen gezahlt. 13 Millionen Euro hat sie an Banken für Kredite überwiesen. Gerechnet hatte die Stadt mit 16 Millionen Euro. Drei Millionen Euro sind bei dem 900-Millionen-Euro Budget der Stadt nicht viel. Aber sie zeigen den Trend an: raus aus den Schulden. Zwar steigen die langfristigen Kredite bei den Banken: 2019 betrugen sie 492 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2018 betrugen sie 17 Millionen Euro weniger. Aber: Der Dispositionskredit der Stadt schrumpft. Das ist wichtig. Denn: Die Zinsen für die kurzfristigen Kredite können plötzlich steigen. Im Gegensatz zu den langfristigen Krediten, deren Zinsen auf Jahre festgeschrieben sind. So verzeichnete das Girokonto der Stadt Ende 2019 ein Minus von 52 Millionen Euro. Gerechnet hatte man mit 130 Millionen Euro. Der Vergleich: 2018 betrug das Minus noch 140 Millionen Euro auf dem Girokonto der Stadt. Von Josephine von Zastrow

Finanzen 2019 - 70 Millionen Euro Plus: Warum Lübeck plötzlich Geld hat