Ausgangssperre in Lübeck im Corona-Lockdown: Was erlaubt wäre und was nicht

Eine Ausgangssperre gilt als hartes Mittel im Kampf gegen das Coronavirus. In Frankreich, Spanien, Italien und Österreich war das Ausgehverbot schon im ersten Lockdown ein zentrales Element der Einschränkungen, um die Ausbreitung des Sars-Cov2-Virus zu stoppen. In Deutschland haben einige Bundesländer und Städte jetzt ebenfalls diesen Schritt vollzogen. In Schleswig-Holstein gab es dies bisher nicht. Wann würde Lübeck eine Ausgangssperre verhängen? Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau prüft angesichts der hohen Infektionszahlen eine nächtliche Ausgangssperre. Am Montag hat er angekündigt, dies in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium in Kiel für den Fall einzuführen, wenn der Inzidenzwert in Lübeck (Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen) über 200 klettert. „Wir müssen uns vorbereiten und prüfen, welche Maßnahmen wir umsetzen, sollte der Wert von 200 überschritten werden“, sagte Lindenau den LN. Zu welcher Uhrzeit würde die Ausgangssperre gelten? Laut Bürgermeister Lindenau denkt er an eine nächtliche Ausgangssperre von 21 Uhr abends bis früh morgens um 5 Uhr. Wer würde die Ausgangssperre in Lübeck kontrollieren? Ordnungsamt und Polizei würden eine mögliche Ausgangssperre in Lübeck kontrollieren, sagte Bürgermeister Lindenau – so wie alle übrigen Maßnahmen (Maskenpflicht, Zugangsbeschränkungen) auch. Wer wäre genau betroffen? Für wen würden Ausnahmen gelten? Lindenau hat für den Fall einer Ausgangssperre folgende Ausnahmen angekündigt: „zum Arbeiten, bei gesundheitlichen Notlagen und über Weihnachten“. Genauere Angaben macht Lindenau derzeit nicht und verweist darauf, dass „noch nicht einmal klar ist, ob wir eine Ausgangssperre überhaupt erlassen“. Im Folgenden beziehen wir uns auf Verordnungen in anderen deutschen Städten und Bundesländern, die weitgehend übereinstimmen. Welche rechtliche Grundlage hat eine Ausgangssperre? Eine Ausgangssperre schränkt das Grundrecht der Freizügigkeit ein, das im Grundgesetz in Artikel 11 formuliert ist: „Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im gesamten Bundesgebiet.“ Die rechtliche Basis, um die grundgesetzlich garantierte Bewegungsfreiheit im Notfall einzuschränken, liefert das im November erneut reformierte Infektionsschutzgesetz. Zu den hier erstmals formulierten Schutzmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie zählen neben der Maskenpflicht und einem Abstandsgebot auch „Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen“. „Immer dann, wenn Menschen aufeinandertreffen und sich austauschen, ist das Risiko einer Ansteckung besonders groß“, heißt es in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf. „Als notwendige Schutzmaßnahmen können Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen im privaten sowie im öffentlichen Raum erforderlich sein.“ Lesen Sie auch Lockdown in Schleswig-Holstein: Diese Corona-Regeln gelten bis zum 10. Januar Ausgangssperre Lübeck: Ist die Corona-Maßnahme das richtige Signal? Ausgangssperre ab 21 Uhr in Lübeck erst ab Inzidenz von 200 Aus welchen Gründen darf jemand trotz Ausgangssperre draußen sein? Das Wort „Ausgangssperre“ kommt im Infektionsschutzgesetz nicht wörtlich vor, ist juristisch nicht klar definiert und lässt Spielraum für Interpretationen. Bayerns Landesregierung zum Beispiel versteht darunter noch strengere Kontaktbeschränkungen in sogenannten Hotspots – also Landkreisen, die von der Pandemie besonders stark betroffen sind. Das Verlassen der eigenen Wohnung ist dann nur noch aus wenigen Gründen zulässig, vor allem bei beruflichen und medizinischen Gründen. Sport und Freizeit gehören nicht dazu. Wie teuer wären Verstöße gegen die Ausgangssperre? Für eine mögliche Ausgangssperre in Lübeck will sich Bürgermeister Lindenau noch nicht festlegen, wie Verstöße sanktioniert werden. In Bayern werden 500 Euro fällig: Die von Mittwochabend an im Freistaat geltende Ausgangssperre soll streng überwacht werden. Wer nach 21 Uhr ohne triftigen Grund auf der Straße unterwegs sei, müsse mindestens ein Bußgeld von 500 Euro zahlen, kündigte die Landesregierung von Ministerpräsident Markus Söder an. Nachdem die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner landesweit über 200 liege, sei Bayern flächendeckend ein Hotspot, sagte Söder. Dies zeige, wie wichtig die Ausweitung der Kontakt- und Ausgangsbeschränkung sei. In Thüringen gilt ab Mittwoch eine Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr, mit Ausnahmen an den Weihnachtstagen. Hat es schon einmal eine Ausgangssperre in Schleswig-Holstein gegeben? Nein. Nach Angaben des Kieler Gesundheitsministeriums hat noch kein Kreis und keine kreisfreie Stadt in Schleswig-Holstein auf dieses Corona-Instrument zurückgegriffen. Aber Lübeck ist im Augenblick trauriger Spitzenreiter im Land bei der Sieben-Tages-Inzidenz. Im Kieler Gesundheitsministerium stehe man Ausgangssperren skeptisch bis ablehnend gegenüber, sagte Sprecher Marius Livschütz am Montag den LN. Ausgehverbote würden zunächst als „unverhältnismäßig und nicht zielführend“ angesehen. „Eine Ausgangssperre kann nur die Ultima Ratio sein.“ Plane eine Kommune so etwas, müsse das Vorgehen mit dem Land abgestimmt werden. Dieser Prozess sei im Fall Lübeck noch nicht abgeschlossen. Von Kai Dordowsky und Lars Fetköter