Corona: Lübecks Clubbesitzer wollen Verein gründen

Sie haben sich jetzt schon drei Mal im „Strandsalon“ getroffen. Etwa 15 Betreiber von Clubs, Bars und anderer Abend-Gastronomie wollen demnächst einen Verein gründen, um in den schweren Zeiten der Corona-Pandemie mehr Unterstützung von Stadt, Land und Bund zu bekommen. „Viele fühlen sich nicht ausreichend vertreten, deshalb wollen wir uns vernetzen, eine Gastro-App ins Leben rufen und als Verein vielleicht eher an Zuschüsse von Stiftungen herankommen“, sagt Peter Düwel von der „Unklar Bar“ in der Clemensstraße. Verein nach Hamburger Vorbild? Auch Kai-Uwe Meyer, Lübecker Urgestein mit seinem 35 Jahre alten Club „Rider’s Café“ in der Leinweberstraße, macht sich für die Vereinsgründung stark. „Ich bin zwar grundsätzlich gegen Vereinsmeierei, aber in dieser Situation wäre es gut“, sagt Meyer. Der umtriebige Clubbetreiber hat Kontakt zum 2004 gegründeten Clubkombinat Hamburg aufgenommen, im Oktober sollen die Kollegen den Lübeckern erzählen, wie sie sich gegenseitig helfen und eine vielfältige Clubszene am Leben erhalten. Unter anderem mit einem eigenen, gemeinsamen Ticket-Kontingent, mit Club-T-Shirts und ähnlichen Aktionen. Motto: „Save our Sounds“. Club „Sounds“: Seit März ohne Einnahmen: Seit 17 Jahren betreibt Christian Kahl den Club „Sounds“ an der Untertrave. Musik für die Generation Ü 25, eine Mischung, die „alles außer Schlager und schlechter Musik“ bietet. Kahl, bekannt auch als DJ Hopsing, steht hinterm Tresen, macht den Laden selbst sauber, gibt den DJ. Zu guten Zeiten tanzten bis zu 300 Leute in seinem Laden. Doch seit März ist der Club dicht. Der Selbstständige, der vergangenes Jahr als Altersvorsorge ein Haus gebaut hat, ist seit März ohne Einnahmen. „Den Club für maximal 50 Leute zu öffnen, lohnt sich nicht“, sagt Kahl. Noch dazu, wenn nicht getanzt werden darf. Seit März hat er keine Einnahmen mehr. Sein Vermieter habe zwar die Miete reduziert, aber das reicht nicht. Seine Hoffnung: „Dass es mehr staatliche Unterstützung gibt.“ Alles, was Lübeck voranbringt: Jeden Montag gegen 18 Uhr in Ihrem E-Mail-Postfach. Hier kostenlos den Newsletter „Lübeck next“ bestellen! Außenplätze waren im Sommer die Rettung: Viele Clubs oder Bars haben sich einigermaßen durch den Lockdown und die Zeit seit der Wiedereröffnung retten können. Kai-Uwe Meyer hat Clubkarten verkauft, Boote vermietet und Merchandising-Produkte verkauft, Jasmin Weichel und Oliver Böhme vom „Kandinsky“ und der gerade vor dem Lockdown renovierten „Sternschnuppe“ sind dank der vielen Außenplätze gut durch den Sommer gekommen, die „Unklar Bar“ mit Außer-Haus-Verkauf und Crowdfunding. Rene Kragl und Carolin Peter von der Kulturkneipe „Tonfink“ haben zweimal Soforthilfe bekommen und bieten, seit es geht, kleine Konzerte von Einzelkünstlern an, die hinter Spuckschutz auftreten müssen. „Einzelne Musiker haben deswegen schon abgesagt“, sagt Carolin Peter. Und: Den Verlust durch die Schließungszeit „können wir nicht kompensieren, denn es gibt ja immer noch Einschränkungen“. Angst vor dem Winter: Andreas Donskoj, der im „Strandsalon“ Konzerte mit bis zu 500 Besuchern sowie Aufführungen des Theaters am Tremser Teich gemacht hat, kann sich über den Sommer nicht beklagen: „Ich hatte sechs tolle Wochen“, sagt er. Allerdings müsse er damit den Winter finanzieren. Oliver Böhme und Jasmin Weichel sehen noch ein anderes Problem mit der kalten Jahreszeit: „Wenn wir Gäste wegschicken müssen, wird es schwierig“, sagt Böhme. Deshalb habe der bislang lose Zusammenschluss von Club- und Barbetreibern bei seinem jüngsten Treffen auch gemeinsam überlegt, „wie wir im Winter Außenplätze anbieten können“. Gemeinsam stark, mehr gute Ideen: Eine Vereinsgründung fände Böhme unter anderem gut, „weil ich mir vorstellen kann, dass es besser ist, mit mehreren aufzutreten, wenn man etwas erreichen möchte“. Wenn mehr Leute zusammen kämen, gebe es auch mehr gute Ideen. Und Peter Düwel von der „Unklar Bar“ ergänzt: „Netzwerken ist immer gut!“ Etliche Lübecker Clubbetreiber und andere Gastronomen haben sich einer Petition an den Deutschen Bundestag vom 13. Mai angeschlossen. In der Petition 111001 fordern mehr als 58 000 Unterzeichner, Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmer einen Neustart in Form einer „Soforthilfe Plus“, die neben den Betriebskosten auch einen Unternehmerlohn berücksichtigt, der Lebenshaltung, Krankenversicherung und Miete mit abdeckt. Viele seien bislang darauf angewiesen, Grundsicherung („Hartz IV“) zu beantragen, da die Soforthilfe bei Solo-Selbstständigen nur die Betriebskosten abdecke.Die Petition befindet sich, so ist unter www.epetitionen.bundestag.de zu lesen, seit dem 26. Juni „in Prüfung“. Videokonferenz mit Bürgermeister und Staatssekretär: Am Donnerstag nahmen etliche Gastronomen und Veranstalter an einer Videokonferenz mit Bürgermeister Jan Lindenau und Dr. Thilo Rohlfs, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, teil. Während einige hinterher frustriert waren, sagt Kai-Uwe Meyer: „Gesprächsbereitschaft seitens der Politik ist da – sie wollen aus erster Quelle dazulernen.“ Er nehme mit, „dass man sich kennenlernt und daraus mehr werden kann“. Kai-Uwe Meyer: „Verein muss nachhaltig sein“: Was die Vereinsgründung und deren Vorteile für die Lübecker Gastronomie betrifft, sagt der „Rider’s“-Chef: „Wir können das nicht nur aus der Not heraus machen – es muss auch nachhaltig sein.“ Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Das sind die Corona-Regeln in Schleswig-Holstein Diese Großveranstaltungen in Schleswig-Holstein fallen aus Abstand, Hygiene, Gästezahl: Das sind die Vorschriften für private Feiern Abstands- und Hygieneregeln in Schleswig-Holstein: So teuer sind Verstöße Das sind jetzt die Regeln für Restaurants und Gaststätten in Schleswig-Holstein Zum Nachfahren: Schöne Fahrradtouren rund um Lübeck Schutzmasken richtig tragen: So geht’s! Diese Maskentypen gibt es – und so werden sie richtig genutzt Von Sabine Risch