Corona: Lübecks Heringsangler trotz Kontaktsperre auf großem Fischzug

Etwas früher als gewöhnlich bevölkern die Petri-Jünger wieder die Ufer der Untertrave. Nach dem milden Winter hat die Heringssaison zeitig begonnen, so dass die Angler aus Lübeck und Umgebung vor allem die Kaikanten zwischen Hub- und Drehbrücke bevölkern. Unter der wärmenden Mittagssonne herrscht auf der nördlichen Wallhalbinsel bereits Hochbetrieb – zumeist mit anständigem Abstand. Schließlich weiß man auch als Hobbyfischer um die im Zuge der Corona-Pandemie verhängte Kontaktsperre. Ordnungsgemäßes Verhalten, aber schlechter Fang: So stellt Alexander Schell (66) mit einem Lächeln und einem Blick auf seinen gut sieben Meter entfernten Nebenmann klar: „Wir sind doch alle selbst daran interessiert, gesund zu bleiben – allein schon deshalb kommen wir uns nicht zu nahe.“ Allerdings trägt sein ordnungsgemäßes Verhalten nicht zu einem guten Fang bei. Der 66-Jährige berichtet mit einem Achselzucken: „Heute hab’ ich erst einen Hering in einer knappen Stunde gefangen – vorgestern hatte ich morgens nach zwei Stunden 24 Stück im Eimer . . .“ Sein Nachbar Leonid Burowski (51) hat deutlich mehr Glück: 30 Heringe nach drei Stunden. Der aus Kasachstan stammende Moislinger verrät sein Lieblingsrezept: „Zwei Stunden lang in Essig eingelegt, mit Salz, Knoblauch und Zwiebeln – so schmecken sie am besten.“ Angelrute dient als Maßstab für richtigen Abstand: Branko Despotoski (49) und Sohn Nick (6) hoffen einige Meter weiter auch auf einen guten Fang, der abends allerdings auf der gebutterten Elektrogrill-Platte landet. Der 49-Jährige sagt: „Das geht einfach und schnell. Der ausgenommene Fisch wird gesalzen, gepfeffert und mehliert – das war’s.“ Das Abstandhalten zu den Mitanglern ist für den Lübecker kein Problem. Er sagt mit einem Augenzwinkern: „Meine Angelrute ist 2,10 Meter lang und ein guter Maßstab. Wir brauchen keinen Zollstock.“ „Lisa von Lübeck“ als willkommene Kulisse: Auch die Spotakovskis aus dem Lauenburgischen kommen gut zurecht: „Für uns ist die Kontaktsperre als Familie ja kein Problem“, sagt Opa Eduard (60), der mit Oma Valentina (59) und dem achtjährigen Enkel David-Alexander erstmals nahe der „Lisa von Lübeck“ sein Glück versucht. „Gut 20 Heringe in eineinhalb Stunden, das kann sich sehen lassen“, findet der 60-Jährige, der als großer Fischesser ansonsten an der Elbe auf Aale, am Elbe-Lübeck-Kanal auf Brassen und Karpfen oder als Dänemark-Urlauber auch gern auf Lachsforellen geht. In Schleswig-Holstein müssen Angler einen gültigen Fischereischein („Angelschein“) besitzen und mitführen. Ausnahmen bilden gewerbliche Angelteiche und gewerbliche Angelkutter, wenn der aufsichtsführende Anbieter die Einhaltung von tierschutz- und fischereirechtlichen Bestimmungen gewährleistet. Kinder unter 13 Jahren dürfen unter Aufsicht eines Fischereischeininhabers mitangeln. Der Schein wird in Lübeck unter anderem bei den Fachbereichsdiensten der Bauverwaltung, Mühlendamm 10-12 (Info-Service Tel. 122-6062) auf Lebenszeit erteilt. Voraussetzungen für die Ausstellung sind eine etwa beim Kreisverband der Sportfischer abgelegte Prüfung (Lehrgangsgebühren 85 Euro für Erwachsene, 60 Euro für Jugendliche). Eine Jahresmarke, die für 10 Euro erhältlich ist, dokumentiert auf dem Fischereischein die zudem obligatorische Entrichtung der Fischereiabgabe. An der Trave und der Kanal-Trave ist zudem ein separater Erlaubnisschein erforderlich, der pro Kalenderjahr 21 Euro (Urlauberschein 11 Euro) kostet und in – aktuell infolge der Corona-Pandemie allerdings geschlossenen – Angelgeschäften erhältlich ist. Nähere Online-Infos gibt es bei der Lübeck Port Authority (Hafenamt) oder unter www.angeln-in-luebeck.de „Thema Kontaktsperre“ ist allgemein bekannt: Ein paar Rutenlängen weiter übt Ismail Ylmaz (64) als Stammgast an der Untertrave sein Hobby aus – in aller Ruhe und mit gewohntem Erfolg. „Heute habe ich schon 25 Heringe geangelt, und am letzten Sonntag waren es bis zum Nachmittag sogar 45“, berichtet der Sereetzer. Und was passiert mit den Fischen zu Hause? „Die kommen frisch in die Pfanne und kriegen noch einen Schuss Zitrone. Dazu gibt’s Selters und Schwarzbrot mit Butter. Was ich nicht schaffe, landet in der Gefriertruhe.“ Zum aktuellen „Thema Kontaktsperre“ merkt der 64-Jährige an: „Dass wir Abstand halten und nicht in Gruppen angeln sollen, ist uns bekannt. Am letzten Sonntag waren auch eine Frau und ein Mann vom Ordnungsamt zur Kontrolle hier und haben uns noch einmal darauf hingewiesen.“ Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Stadt setzt weiter auf Dialog und Kontrolle: Trotz des generell angesagten Mottos „Wir bleiben zu Hause“ stellt Lübecks Pressesprecherin Nicole Dorel klar: „Angeln bleibt trotz aller aktuellen Beschränkungen grundsätzlich erlaubt. Bei allem Verständnis für dieses gemeinsame Hobby vieler Mitbürger, appellieren wir aber noch einmal daran, unbedingt den gebotenen Abstand von mindestens 1,50 Metern einzuhalten – zum eigenen Wohl und zum Wohle aller.“ Die Stadt Lübeck setze auf Dialog und Akzeptanz, werde aber auch weiterhin durch das Ordnungsamt regelmäßig kontrollieren, ob die im Zuge der Corona-Pandemie erlassenen Verfügungen auch an der Untertrave eingehalten werden. Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in und um Lübeck: Diese Texte sollten Sie gelesen haben Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Liveblog zur Corona-Krise: Das ist die Lage in Lübeck und Schleswig-Holstein Alle aktuellen Informationen aus Deutschland und der Welt im Live-Blog Land beendet Lübecker Sonderweg bei Corona-Risikogebieten Abitur: Nun doch Prüfungen in Schleswig-Holstein –Dann starten sie #supportyourlocal: Machen Sie Ihr Angebot bei uns bekannt #supportyourlocal: So können Sie Geschäften, Restaurants und Freiberuflern in Lübeck jetzt helfen LN-Live-Interview: Lübecks Bürgermeister antwortet auf die wichtigsten Fragen zu Corona in Lübeck Was hat noch geöffnet? 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